Damit soll entsprechend den EU-rechtlichen Vorgaben der sog. Equal Pay-Anspruch umgesetzt werden. Arbeitnehmer, die länger als zwölf bzw. in Ausnahmefällen 18 Monate an eine Tätigkeitsstätte im EU-Ausland entsendet werden, wird dabei der Anspruch auf gleichen Lohn für gleiche Arbeit eingeräumt.
Mit der Anwendung von im Tätigkeitsstaat geltenden Mindestlohnsätzen oder tariflich vereinbarten Löhnen ist es dabei bei weitem nicht getan. Vielmehr kommen künftig alle gesetzlichen Entlohnungsvorschriften zur Anwendung. Langzeitentsandten Arbeitnehmer sind spätestens ab August 2020 hinsichtlich z. B. Urlaubsansprüchen, Entgeltfortzahlungen im Krankheitsfall, Zulagen, Sonderzahlungen gleich wie die Stammbelegschaft zu behandeln.
Dabei werden die entsendenden Unternehmen vor der großen Herausforderung stehen, für den jeweiligen Einsatzort und die Einsatzart des entsandten Mitarbeiters die jeweils anwendbaren arbeitsrechtlichen Bestimmungen nach dem Kollektiv-, Tarif- oder vertraglich vereinbarten Recht im Entsendestaat zu ermitteln und diese stets aktuell zu halten, um dem Equal Pay-Anspruch gerecht zu werden.
Eine Vielzahl von Unternehmen wird darauf mit einer Vermeidung von Entsendungen über den maßgeblichen zwölf bzw. 18 Monatezeitraum hinaus reagieren. Soweit Langzeitentsendungen aber erforderlich sind, sollten zeitnah Prozesse entwickelt werden, um die erforderlichen Informationen der Entsendestaaten zu erhalten. Die EU-Staaten sind zwar verpflichtet, stets aktuell auf einer Website solche Informationen bereit zu stellen. In der Praxis dürfte es jedoch unvermeidbar sein, in Einzelfällen Berater in den jeweiligen Staaten hinzuziehen, um die konkreten Ansprüche zu ermitteln.
Als Unternehmen darauf zu vertrauen, dass Entsendungen, etwa wegen der nur geringen Zahl, nicht aufgegriffen werden, ist dabei kein guter Rat. Denn der EU-Gesetzgeber und die Mitgliedstaaten der EU und des EWR haben dazu bereits heute greifende Kontrollmechanismen eingeführt. Angesichts erkannter Mängel in der praktischen Umsetzung der ursprünglichen EU-Entsenderichtlinie sehen alle Mitgliedstaaten der EU und des EWR, mit Ausnahme von Deutschland und dem ehemaligen EU-Mitgliedstaat des Vereinigten Königreichs, Meldepflichten vor. Auch in der Schweiz bestehen solche Meldepflichten, wonach das entsendende Unternehmen dem Einsatzstaat des entsandten Arbeitnehmers umfassende Informationen zukommen lassen muss.
Deutschland sieht zwar keine solche Meldepflichten vor, vertraut aber offenbar auf das bereits bestehende Kontrollsystem. Denn sieht man die Meldepflichten im Ausland in der Gesamtschau mit der zudem erforderlichen sog. A1-Bescheinigung, mit der der entsandte Arbeitnehmer nachweisen kann, dass er bereits im Heimatstaat in einem Sozialversicherungssystem versichert ist, ergibt sich ein dichtes Kontrollnetz. Eine A1-Bescheinigung ist bei jeder Tätigkeit des Arbeitnehmers im Ausland zu beantragen und möglichst mitzuführen, und sei es auch nur für eine eintägige grenzüberschreitende Dienstreise oder Teilnahme an einem Kongress. Das Antragsverfahren und die Verbescheidung laufen zwischenzeitlich voll elektronisch, so dass Informationen daraus den zuständigen Behörden digital zur Verfügung stehen. Der Druck eine A1-Bescheinigung zu beantragen wird neben der möglichen sozialversicherungsrechtlichen Konsequenzen dadurch erhöht, dass einige Staaten die Vorlage der A1-Bescheinigung als Voraussetzung zur Erfüllung ihrer Meldepflichten bei grenzüberschreitender Arbeit definieren, oder auch Geschäftspartner im Ausland die Vorlage der A1-Bescheinigung fordern.
Im Ergebnis bleibt damit festzustellen: der Equal Pay-Anspruch kommt bald, seine Durchsetzbarkeit dürfte als sicher gelten. Unternehmen sollten die verbleibenden Monate zur Vorbereitung nutzen, damit das Entstehen von Ansprüchen entsandter Arbeitnehmer erkannt, erfüllt und insb. wirtschaftlich einkalkuliert werden können.