Der Sachverhalt:
Der Kläger ist Sekundärinsolvenzverwalter über das in Deutschland belegene Vermögen der M-GmbH (Schuldnerin). Das Sekundärinsolvenzverfahren über ihr Vermögen wurde am 7.11.2005 eröffnet. Alleingesellschafterin der Schuldnerin war die beklagte GmbH, eine Konzerngesellschaft der B-AG. Die Beklagte schloss im Mai 1996 einen Ergebnisabführungsvertrag mit der Schuldnerin, der bis zum Ablauf des Jahres 2000 laufen sollte.
Zum 31.12.2000 wies die Schuldnerin einen Jahresfehlbetrag von rd.87 Mio. € auf. Für den 27.4.2000 errechnete der Kläger einen Jahresfehlbetrag von rd. 128 Mio. €. Der Kläger erhob mit der Behauptung, der geschuldete Verlustausgleich sei nicht geleistet worden, Klage auf Zahlung von 128 Mio. € nebst Zinsen.
Das LG gab der Klage teilweise statt und verurteilte die Beklagte zur Zahlung von 87 Mio. € nebst Zinsen. Das OLG wies die Berufungen beider Parteien bis auf den Zinsausspruch zurück; es verurteilte die Beklagte insoweit, Zinsen i.H.v. 5 Prozent p.a. für die Zeit vom 1.1.2007 bis zum 28.5.2010 und i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz, mindestens jedoch i.H.v. 5 Prozent p.a., ab dem 29.5.2010 zu zahlen. Die Revisionen der Parteien hatten vor dem BGH keinen Erfolg.
Die Gründe:
Das OLG hat zutreffend die vereinbarte Aufhebung des Ergebnisabführungsvertrags mit sofortiger Wirkung am 25.4.2000 für unwirksam gehalten und für die Bestimmung des Verlustausgleichs (§ 302 Abs. 1 AktG) das Ende des Geschäftsjahres am 31.12.2000 herangezogen. Entsprechend § 296 Abs. 1 S. 1 AktG kann ein Unternehmensvertrag mit einer abhängigen GmbH nur zum Ende des Geschäftsjahrs oder des sonst vertraglich bestimmten Abrechnungszeitraums aufgehoben werden.
Der BGH wendet die Vorschriften des AktG über die Begründung und die Beendigung eines Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrags mit einer abhängigen Aktiengesellschaft auf solche Unternehmensverträge mit einer abhängigen GmbH entsprechend an, soweit der Schutzzweck der Vorschriften bei einer abhängigen GmbH gleichermaßen zutrifft und sie nicht auf Unterschieden der Binnenverfassung zwischen der Aktiengesellschaft und der GmbH beruhen. So wird auch § 296 Abs. 1 S. 2 AktG, wonach eine rückwirkende Aufhebung des Unternehmensvertrags unzulässig ist, entsprechend auf die GmbH angewendet. Der Zeitpunkt der Beendigung eines Beherrschungs- oder Gewinnabführungsvertrages im Fall seiner einvernehmlichen Aufhebung hat keinen Bezug zur Binnenverfassung der GmbH.
Der Schutzzweck von § 296 Abs. 1 S. 1 AktG trifft auf die GmbH in gleicher Weise wie auf eine Aktiengesellschaft zu. Die Beschränkung der Vertragsaufhebung auf das Ende des Geschäftsjahres oder des sonst vertraglich bestimmten Abrechnungszeitraums ist im Interesse der Rechtssicherheit und -klarheit bestimmt worden. Dass in anderen Fällen einer unterjährigen Vertragsbeendigung etwa durch Insolvenz oder Kündigung eine Stichtagsbilanz für die Berechnung der Ansprüche der Gesellschafter und zum Schutz der Gläubiger genügt, steht dem nicht entgegen. In diesen Fällen überwiegt das Interesse an einer unterjährigen Beendigung des Unternehmensvertrages, so dass die damit verbundenen Nachteile hinzunehmen sind.
Dagegen vereinfacht es die Abrechnung sowohl etwaiger Ansprüche der Minderheitsgesellschafter wie auch der Ergebnisabführung, wenn die ohnehin zum Ende des Geschäftsjahres oder eines vereinbarten Abrechnungszeitraums zu erstellende Bilanz zugrunde gelegt werden kann. Da die Bilanz zum Ende des Geschäftsjahres regelmäßig geprüft wird, ist die Gefahr einer Manipulation geringer als bei einer unterjährigen Zwischenrechnung, ebenso die Gefahr, dass eine Abrechnung unterlassen wird. Zwar muss aus solchen Gründen die Vertragsfreiheit hinsichtlich des Zeitpunkts bei einer Aufhebung nicht zwingend eingeschränkt werden. Die in § 296 Abs. 1 S. 1 AktG zum Ausdruck kommende Wertentscheidung des Gesetzgebers ist aber zu beachten, auch soweit es ihre Übertragung auf eine GmbH betrifft.
Die Beeinträchtigung der Vertragsfreiheit durch die entsprechende Anwendung des § 296 Abs. 1 S. 1 AktG wiegt auch nicht besonders schwer, weil die Obergesellschaft regelmäßig als Mehrheits- oder Alleingesellschafter der abhängigen GmbH ein Rumpfgeschäftsjahr beschließen kann. Die Gesellschafter können durch Satzungsänderung das Geschäftsjahr verändern. Der Bestimmung des Verlustausgleichs ist damit das Ende des Geschäftsjahres am 31.12.2000 zugrunde zu legen. Im Übrigen hat es das OLG zu Recht abgelehnt, die Erklärung der Beklagten in der Aufhebungsvereinbarung in eine Kündigungserklärung aus wichtigem Grund umzudeuten. Auch hinsichtlich der Verzinsung ist das Berufungsurteil nicht zu beanstanden.
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