Hintergrund
Das FG hatte über die Frage zu entscheiden, ob für aus China eingeschmuggelte und anschließend vom Zoll in Hamburg beschlagnahmte Zigaretten die Einfuhrumsatzsteuer und die Tabaksteuer rechtmäßig nacherhoben wurden. Dabei sollte eine Zigarettenlieferung unmittelbar nach Tschechien transportiert; eine zweite sollte vor ihrem Weiterverkauf zunächst in Deutschland eingelagert werden.
Das Hauptzollamt setzte neben Zoll auch Einfuhrumsatzsteuer und Tabaksteuer fest.
Das FG kam zu dem Ergebnis, dass, für die Zigarettenlieferung nach Tschechien die Einfuhrumsatzsteuer nicht entstanden ist. Bezüglich der in Deutschland zunächst eingelagerten Lieferung sei hingegen die Entstehung und Nacherhebung der Einfuhrumsatzsteuer nicht zu beanstanden. Demgegenüber die Tabaksteuer in beiden Fällen rechtmäßig nacherhoben worden.
Hinweis
Die Entscheidung zeigt einmal mehr, dass sich die Rechtsprechung weiter vom Grundsatz der gleichzeitigen Entstehungen von Zoll, Einfuhrumsatzsteuer und Verbrauchssteuer abkehrt. Insbesondere die Rechtsprechung zur Einfuhrumsatzsteuer wird zunehmend von den Zollvorschriften entkoppelt.
Zwar ist die Entscheidung des FG, die für die Entstehung der Einfuhrumsatzsteuer den Eintritt in den Wirtschaftskreislauf der EU voraussetzt, im Ergebnis zu begrüßen. Sie führt allerdings - wie auch die EuGH-Rechtsprechung - zu einer Rechtsunsicherheit im Hinblick auf die Frage, wann ein Eingang in den Wirtschaftskreislauf anzunehmen ist. Denn diese vom EuGH entwickelte zusätzliche Voraussetzung für die Entstehung der Einfuhrumsatzsteuer ist gesetzlich nicht definiert; vielmehr sehen die maßgebenden Vorschriften vor, dass Zölle, Einfuhrumsatzsteuer und die Verbrauchsteuern gleichzeitig entstehen, sobald eine Ware - regelmäßig oder unregelmäßig - in den freien Verkehr der EU gelangt. Hier bleibt unklar, warum für eine vorschriftswidrig verbrachte Ware, die sich im freien Verkehr befindet und direkt nach dem Eintritt in die EU in einen anderen Mitgliedstaat transportiert wird, keine -Einfuhrumsatzsteuer festgesetzt wird. Wird die Ware hingegen zwischengelagert, entsteht die Einfuhrumsatzsteuer, weil die Einlagerung als Dienstleistung der Mehrwertsteuer unterliegt. Dies überzeugt nicht. Grundsätzlich ist im grenzüberschreitenden Warenverkehr die „Einfuhr“ maßgebend für die Entstehung von Zoll, Einfuhrumsatzsteuer und Verbrauchsteuern.
Die Entscheidung zeigt, dass der Begriff der Einfuhr für die verschiedene Steuerarten jedoch unterschiedlich ausgelegt wird. Hinsichtlich der Tabaksteuer hat das Gericht die jüngere Rechtsprechung des EuGH zur Entstehung der Einfuhrumsatzsteuer nicht angewendet. In der Praxis führt dies dazu, dass für die Entscheidung, ob Einfuhrabgaben tatsächlich entstanden sind, also es sich tatsächlich um eine Einfuhr im Sinne der veranschlagten Steuerart handelt, eine Detailbetrachtung erforderlich sein wird. Gegen die Nichtzulassung der Revision wurde Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt. Es bleibt daher abzuwarten, ob der BFH die Revision zulassen und näher erläutern wird, wann eine Ware in den Wirtschaftskreislauf der EU eingeht und ob dies bereits der Fall ist, wenn die Ware sich im freien Verkehr der EU befindet.