deen

Steuerberatung

Entstehung der Erbschaftsteuer bei fondsgebundenen TermFix-Lebensversicherungen

FG Köln v. 30.1.2019 - 7 K 1364/17

Ist der Zeit­punkt des Ein­tritts des zur Fällig­keit führen­den Er­eig­nis­ses (wie etwa bei sog. Term­fix-Ge­schäften) be­stimmt, tritt eine Be­rei­che­rung schon mit dem Tod des Erb­las­sers ein. Wird ein An­spruch zu einem be­stimm­ten Stich­tag fällig, führt des­sen Er­werb be­reits zum Zeit­punkt des To­des der Erb­las­se­rin zu ei­ner wirt­schaft­li­chen Be­rei­che­rung des Er­wer­bers.

Der Sach­ver­halt:
Der Kläger ist Al­lein­erbe sei­ner im Sep­tem­ber 2013 ver­stor­be­nen Mut­ter. Diese hatte im April 2008 bei ei­ner Bank in Lu­xem­burg eine Le­bens­ver­si­che­rung ab­ge­schlos­sen. Der Ver­si­che­rungs­ver­trag sah vor, dass die Aus­zah­lung der Ver­si­che­rungsprämie nicht an den Tod der Ver­si­che­rungs­neh­me­rin geknüpft war, son­dern zu einem fes­ten Zeit­punkt im Juli 2023 er­fol­gen sollte (sog. Term­fix-Ge­schäft). Begüns­tig­ter die­ser Ver­si­che­rung zum Ab­lauf­ter­min war der Kläger. Bei Ab­schluss des Ver­tra­ges hatte die Mut­ter eine Ein­mal­zah­lung i.H.v. 600.000 € er­bracht. Der Be­trag wurde einem ihr zu­ge­wie­se­nen De­ckungs­stock­de­pot gut­ge­schrie­ben. Das ge­samte De­pot un­ter­lag bis zum Ab­lauf­ter­min ein­zig der Wert­ent­wick­lung der zu­grunde ge­leg­ten Ka­pi­tal­an­la­gen, so­dass je nach An­la­ge­stra­te­gie grundsätz­lich auch ein To­tal­ver­lust möglich war.

Die Bank teilte dem Kläger nach dem Tod der Mut­ter mit, dass ein un­wi­der­ruf­li­ches Be­zugs­recht des Begüns­tig­ten ent­stan­den sei und das Vermögen der Term­fix-Po­lice zum To­des­tag 548.596 € be­trage. Außer der Ände­rung der An­la­ge­stra­te­gie und der Möglich­keit ei­ner "außer­or­dent­li­chen Kündi­gung" soll­ten ihm als begüns­tigte Per­son keine wei­te­ren Ge­stal­tungs­rechte zu­ste­hen. Nach­dem das Fi­nanz­amt im April 2016 über die Term­fix-Ver­si­che­rung Kennt­nis er­langt hatte, erhöhte es mit Ände­rungs­be­scheid die Erb­schaft­steuer um 86.818 €. Da­bei berück­sich­tigte es den An­spruch aus der Term­fix-Ver­si­che­rung mit einem Wert i.H.v. 355.800 €. Die­sen Wert hatte es er­mit­telt, in­dem es den Ein­zah­lungs­be­trag i.H.v. 600.000 € mit einem Ver­vielfälti­ger von 0,618 € ab­zin­ste.

Der Kläger ver­trat die Auf­fas­sung, die Erb­schaft­steuer für die Ver­si­che­rung ent­stehe we­gen des be­ste­hen­den Ri­si­kos ei­nes mögli­chen To­tal­ver­lus­tes nach der Aus­nah­me­be­stim­mung des § 9 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a ErbStG als be­tag­ter An­spruch erst im Juli 2023. Das FG wies die hier­ge­gen ge­rich­tete Klage ab. Al­ler­dings wurde we­gen grundsätz­li­cher Be­deu­tung der Rechts­sa­che die Re­vi­sion zu­ge­las­sen.

Die Gründe:
Die Erb­schaft­steu­er­pflicht für die An­sprüche des Klägers aus der Term­fix-Ver­si­che­rung er­gibt sich aus § 3 Abs. 1 Nr. 4, § 1 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG. Sie ent­stand be­reits mit dem Tod der Mut­ter und nicht erst am ver­trag­lich be­stimm­ten Ab­lauf­ter­min im Juli 2023.

Auf­grund der Zu­ord­nung der Er­werbe i.S.d. § 3 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG zu den Er­wer­ben von To­des we­gen be­stimmt sich die Ent­ste­hung der Steuer nach § 9 Abs. 1 ErbStG. Nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG ent­steht die Steuer bei Er­wer­ben von To­des we­gen im Re­gel­fall mit dem Tode des Erb­las­sers. Ab­wei­chend hier­von ent­steht die Erb­schaft­steuer für den Er­werb des un­ter ei­ner auf­schie­ben­den Be­din­gung, un­ter ei­ner Be­ta­gung oder Be­fris­tung Be­dach­ten so­wie für zu einem Er­werb gehörende auf­schie­bend be­dingte, be­tagte oder be­fris­tete An­sprüche erst mit dem Zeit­punkt des Ein­tritts der Be­din­gung oder des Er­eig­nis­ses (§ 9 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a ErbStG). Der Steu­er­ent­ste­hungs­zeit­punkt wird in die­sen Fällen auf den Ein­tritt des Er­eig­nis­ses nach hin­ten ver­scho­ben. Diese Vor­aus­set­zun­gen la­gen im Streit­fall al­ler­dings nicht vor. Der Zah­lungs­an­spruch ge­genüber der Bank wurde zwar erst lange nach dem To­des­tag fällig. Da der Zeit­punkt der Fällig­keit mit dem Ab­lauf­ter­min im Juli 2023 al­ler­dings am To­des­tag be­reits fest stand, war der An­spruch nicht be­tagt i.S.v. § 9 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a ErbStG.

Zi­vil­recht­lich liegt eine Be­ta­gung vor, wenn eine For­de­rung be­reits ent­stan­den und le­dig­lich ihre Fällig­keit hin­aus­ge­scho­ben ist. Ein sol­cher (zi­vil­recht­lich) be­tag­ter An­spruch ist auch der vom Kläger mit dem Tod der Erb­las­se­rin er­wor­bene An­spruch als un­wi­der­ruf­li­cher Be­zugs­be­rech­tig­ter der Ver­si­che­rungs­leis­tung bzw. des Rück­kaufs­wer­tes. Die von der Erb­las­se­rin un­ter­zeich­nete Term­fix-Klau­sel zum Juli 2023 führte dazu, dass der Kläger vor die­sem Ab­lauf­ter­min die Leis­tung grundsätz­lich nicht ver­lan­gen kann. Die Re­ge­lung in § 9 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a ErbStG be­trifft je­doch nach ständi­ger BFH-Recht­spre­chung nicht alle zi­vil­recht­lich als be­tagt an­zu­se­hen­den An­sprüche, son­dern nur sol­che, bei de­nen der Ein­tritt oder der Zeit­punkt des Ein­tritts des zur Fällig­keit führen­den Er­eig­nis­ses un­ge­wiss oder un­be­stimmt ist (vgl. BFH-Urt. v. 27.8.2003, II R 58/01 so­wie v. 7.10.2009, II R 27/07).

Für An­sprüche, die zu einem be­stimm­ten (fest­ste­hen­den) Zeit­punkt fällig wer­den, ent­steht die Erb­schaft­steuer da­ge­gen dem Re­gel­fall des § 9 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG ent­spre­chend be­reits im Zeit­punkt des To­des des Erb­las­sers. In die­sen Fällen ist ein Be­rei­che­rungs­zu­stand be­reits im Zeit­punkt des Er­werbs ein­ge­tre­ten. Diese An­sprüche sind - ggf. mit ih­rem ab­ge­zins­ten - Wert auf den Stich­tag an­zu­set­zen. Die­ses vom Zi­vil­recht ab­wei­chende Verständ­nis der Be­ta­gung recht­fer­tigt sich aus der § 9 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a ErbStG zu­grunde lie­gen­den Erwägung, dass in den Fällen des § 9 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a ErbStG eine wirt­schaft­li­che Be­rei­che­rung um das von To­des we­gen Er­wor­bene noch nicht im Zeit­punkt des To­des des Erb­las­sers ein­tritt.

Ist hin­ge­gen der Zeit­punkt des Ein­tritts des zur Fällig­keit führen­den Er­eig­nis­ses be­stimmt, tritt eine Be­rei­che­rung schon mit dem Tod des Erb­las­sers ein. Wird ein An­spruch zu einem be­stimm­ten Stich­tag fällig, führt des­sen Er­werb be­reits zum Zeit­punkt des To­des der Erb­las­se­rin zu ei­ner wirt­schaft­li­chen Be­rei­che­rung des Er­wer­bers. Ab die­sem Zeit­punkt kann der An­spruch durch Ab­tre­tung o.Ä. ver­wer­tet wer­den. Die­ses Er­geb­nis wird im Übri­gen auch durch den Wort­laut des Ge­set­zes vor­ge­ge­ben. So spricht das Ge­setz selbst in § 9 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a ErbStG von einem "Er­eig­nis", das den Zeit­punkt der Steu­er­ent­ste­hung vor­gebe. Ist je­doch ein fi­xer Fällig­keits­ter­min be­reits vor dem Ent­ste­hen des An­spruchs ver­ein­bart, be­stimmt nicht das Er­eig­nis, son­dern die Ab­rede selbst die Steu­er­ent­ste­hung.

Link­hin­weis:

nach oben