Der Sachverhalt:
Zwei in Österreich ansässige Kapitalgesellschaften - später zur Klägerin verschmolzen - waren Kommanditisten einer deutschen KG und zugleich Gesellschafter der Komplementärin, einer deutschen GmbH. Sie brachten ihre Anteile an der KG im Wege der Sacheinlage gegen Gewährung von Gesellschaftsanteilen zum Buchwert in die GmbH ein. Das Finanzamt setzte demgegenüber den Teilwert an und deckte damit die stillen Reserven auf ("Entstrickung"). Dies alles geschah auf der Grundlage von § 20 Abs. 3 u. Abs. 4 UmwStG 1995, weil Deutschland das Besteuerungsrecht hinsichtlich des Gewinns aus einer Veräußerung der erlangten GmbH-Anteile verliere. Nach dem Doppelbesteuerungsabkommen stehe dieses Recht Österreich als dem Ansässigkeitsstaat der GmbH-Gesellschafter Österreich zu.
Um diesen Vorbehalt hatte sich in der Fachliteratur ein heftiger Streit entwickelt, sodass auch nach der EuGH-Entscheidung ungewiss erschien, ob die Regelung unionsrechtswidrig ist oder nicht. Das FG gab der vorliegenden Klage statt. Die Revision zum BFH wurde nicht zugelassen.
Die Gründe:
Der angegriffene Feststellungsbescheid war rechtswidrig, soweit darin ein Veräußerungsgewinn für den hier streitigen Einbringungsvorgang unter Berücksichtigung des Teilwertes nach Maßgabe von § 20 Abs. 3 i.V.m. Abs. 4 UmwStG 1995 anstelle des Buchwerts festgestellt worden war.
Die Sofortbesteuerung war unionsrechtswidrig, weil Deutschland tatsächlich nicht jedes Besteuerungsrecht an den stillen Reserven des eingebrachten Betriebsvermögens verloren hat. Aus der Einbringung zu Buchwerten resultiert grundsätzlich eine doppelte Steuerverstrickung und zwar des eingebrachten Betriebsvermögens bei der Kapitalgesellschaft sowie der einbringungsgeborenen Anteile des Anteilseigners. Während Deutschland kein Besteuerungsrecht an den einbringungsgeborenen Anteilen erlangt, unterliegen ihrem Besteuerungszugriff weiterhin die stillen Reserven im eingebrachten Betriebsvermögen, d.h. an dem durch den Einbringungsvorgang "angereicherten" Betriebsvermögen der Kapitalgesellschaft. Die dort vorhandenen stillen Reserven unterliegen unzweifelhaft weiterhin der deutschen Besteuerung.
Der Senat und mit ihm das weit überwiegende Schrifttum versteht den EuGH in der Weise, dass es für die Frage des Fortbestehens des Besteuerungsrechts auf die sachliche Steuerpflicht, d.h. die mögliche Fortführung der Buchwerte bei der aufnehmenden Gesellschaft ankommt. Dem EuGH reicht die Verhaftung der stillen Reserven durch den Ansatz des Buchwertes bei der übernehmenden Gesellschaft aus. Die einmalige Erfassung der stillen Reserven soll gewährleistet sein, ohne dass es darauf ankommt, dass es gerade derselbe Steuerpflichtige ist, bei dem diese besteuert werden.
Diese Betrachtung korrespondiert auch mit der Systematik der Richtlinie 90/433/EWG des Rates vom 23.7.1990 über das gemeinsame Steuersystem für Fusionen, Spaltungen, die Einbringung von Unternehmensteilen und den Austausch von Anteilen, die Gesellschaften verschiedener Mitgliedstaaten betreffen (Fusionsrichtlinie), die bei grenzüberschreitenden Umstrukturierungen grundsätzlich nicht die Verdoppelung der stillen Reserven auf der Ebene der Gesellschaft und der Ebene der Gesellschafter verlangt bzw. sie mit der Fusionsrichtlinie für unvereinbar hält.
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