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Entstrickungsbesteuerung rechtmäßig

FG Düsseldorf 19.11.2015, 8 K 3664/11 F

Die sog. Ent­stri­ckungs­klau­sel in § 4 Abs. 1 S. 3 und 4 EStG ist eu­ro­pa­recht­lich und ver­fas­sungs­recht­lich un­be­denk­lich. Es han­delt sich zwar um eine grundsätz­lich un­zulässige kon­sti­tu­tive Ände­rung des Ge­set­zes, de­ren An­wen­dungs­re­ge­lung echte Rück­wir­kung ent­fal­tet; diese ist je­doch  - aus­nahms­weise - zulässig, da mit dem Ent­stri­ckungs­tat­be­stand nur eine frühere höchstrich­ter­li­che Recht­spre­chung nach Ände­rung der Rechts­an­wen­dungs­pra­xis fest­ge­schrie­ben wor­den ist.

Hin­ter­grund:
Hin­ter­grund des Rechts­streits ist die langjährige BFH-Recht­spre­chung, wo­nach die Überführung von Ein­zel­wirt­schaftsgütern aus einem inländi­schen Stamm­haus in eine ausländi­sche Frei­stel­lungs-Be­triebsstätte zu ei­ner ge­winn­ver­wirk­li­chen­den Ent­nahme führt. Diese sog. Theo­rie der fi­na­len Ent­nahme hat der Ge­setz­ge­ber durch Schaf­fung ei­nes Ent­stri­ckungs­tat­be­stands mit Wir­kung ab dem Ver­an­la­gungs­zeit­raum 2006 erst­mals ge­setz­lich ge­re­gelt. Im Jahr 2008 hat der BFH seine Recht­spre­chung auf­ge­ge­ben. Dar­auf­hin hat der Ge­setz­ge­ber die Ent­stri­ckungs­klau­sel im Jahr 2010 - mit Rück­wir­kung - nach­ge­bes­sert.

Der Sach­ver­halt:
Die Kläge­rin ist eine in Deutsch­land ansässige Per­so­nen­ge­sell­schaft mit nie­derländi­schen Ge­sell­schaf­tern. Im Jahr 2005 über­trug sie Pa­tent-, Mar­ken- und Ge­brauchs­mus­ter­rechte auf ihre nie­derländi­sche Be­triebsstätte. Nach ei­ner bei der Kläge­rin durch­geführ­ten Be­triebsprüfung ver­trat das Fi­nanz­amt die Auf­fas­sung, dass die Überführung der Rechte in An­wen­dung der sog. Be­triebsstätten-Ver­wal­tungs­grundsätze zum Fremd­ver­gleichs­wert und da­mit un­ter Auf­de­ckung der stil­len Re­ser­ven von rd. 4,7 Mio. € er­fol­gen müsse; al­ler­dings könne aus Bil­lig­keitsgründen ein kor­re­spon­die­ren­der Aus­gleichs­pos­ten ge­bil­det und über zehn Jahre ge­win­nerhöhend auf­gelöst wer­den. Hier­ge­gen wen­det sich das Un­ter­neh­men mit sei­ner Klage.

Das FG setzte das Ver­fah­ren aus und legte dem EuGH die Frage der Eu­ro­pa­rechts­kon­for­mität der Ent­stri­ckungs­klau­sel zur Vor­ab­ent­schei­dung vor. Die­ser bil­ligte die Re­ge­lung mit Ur­teil vom 21.5.2015 (C-257/13) im Er­geb­nis. Das FG wies die Klage dar­auf­hin nun ab. Die Ent­schei­dung ist nicht rechtskräftig. Die Re­vi­sion zum BFH wurde we­gen grundsätz­li­cher Be­deu­tung der Rechts­sa­che zu­ge­las­sen.

Die Gründe:
Die Überführung der Rechte in die nie­derländi­sche Be­triebsstätte der Kläge­rin stellt eine (der Höhe nach un­strei­tige) Ent­nahme i.S.d. auch im Streit­jahr 2005 gel­ten­den Ent­stri­ckungs­klau­sel dar. Dem Ent­nah­me­ge­winn steht ein neu­tra­li­sie­ren­der Merk­pos­ten ge­genüber, der li­near über zehn Jahre ge­win­nerhöhend auf­zulösen ist.

Die An­wen­dung der Ent­stri­ckungs­klau­sel im Streit­jahr 2005 verstößt nicht ge­gen das ver­fas­sungs­recht­li­che Rück­wir­kungs­ver­bot. Zwar han­delt es sich um eine kon­sti­tu­tive Ände­rung des Ge­set­zes, de­ren An­wen­dungs­re­ge­lung - grundsätz­lich un­zulässige - echte Rück­wir­kung ent­fal­tet. Diese ist in­des - aus­nahms­weise - zulässig, da mit dem Ent­stri­ckungs­tat­be­stand nur eine frühere höchstrich­ter­li­che Recht­spre­chung nach Ände­rung der Rechts­an­wen­dungs­pra­xis fest­ge­schrie­ben wor­den ist. Schließlich liegt auch kein Ver­stoß ge­gen die Nie­der­las­sungs­frei­heit vor.

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