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Erben können gegen den Fiskus als rechtmäßigen Erbschaftsbesitzer Zinsansprüche geltend machen

BGH 14.10.2015, IV ZR 438/14

Er­ben steht ge­gen den Fis­kus als Erb­schafts­be­sit­zer ne­ben dem An­spruch auf Her­aus­gabe des Nach­las­ses auch ein Zins­an­spruch gem. §§ 2018, 2021, 812 Abs. 1, 818 BGB zu. Die­ser An­spruch be­steht selbst dann, wenn der Fis­kus zunächst gem. § 1936 BGB als ge­setz­li­cher Erbe be­ru­fen war.

Der Sach­ver­halt:
Nach dem Tod der Erb­las­se­rin stellte das Nach­lass­ge­richt im März 1983 fest, dass der Fis­kus Erbe ist, weil ge­setz­li­che Er­ben nicht er­mit­telt wor­den wa­ren. Auf der Grund­lage der rechtskräfti­gen Fest­stel­lun­gen des LG steht nun­mehr fest, dass die Kläge­rin­nen je zur Hälfte die ei­gent­li­chen Er­ben sind. Sie nah­men dar­auf­hin den Be­klag­ten als Erb­schafts­be­sit­zer auf Zah­lung von 57.348 € nebst Zin­sen i.H.v. 4% jähr­lich seit April 1983 in An­spruch.

Das LG gab der Klage hin­sicht­lich der 57.348 € statt. Die wei­ter­ge­hende Klage wies es ab. Nach Erfüllung der Haupt­for­de­rung durch den Be­klag­ten wies das OLG die Be­ru­fung hin­sicht­lich der Zins­for­de­rung zurück. Auf die Re­vi­sion der Kläge­rin­nen hob der BGH das Be­ru­fungs­ur­teil auf und wies die Sa­che zur er­neu­ten Ver­hand­lung und Ent­schei­dung an das OLG zurück.

Gründe:
Zu Un­recht hatte das Be­ru­fungs­ge­richt an­ge­nom­men, er­brecht­li­che Her­aus­ga­be­an­sprüche aus §§ 2018, 2021, 812 Abs. 1, 818 Abs. 1 u. 2 BGB ge­gen den Fis­kus er­streck­ten sich nicht auf Zin­sen.

Gem. § 818 Abs. 1 BGB er­streckt sich die Ver­pflich­tung zur Her­aus­gabe auch auf die ge­zo­ge­nen Nut­zun­gen. Hier­un­ter fal­len zunächst An­la­ge­zinsen. Der BGH hat je­doch be­reits ent­schie­den, dass es keine Recht­fer­ti­gung dafür gibt, für den Um­fang der Be­rei­che­rungs­haf­tung je nach der Ver­wen­dung des rechts­grund­los er­lang­ten Gel­des zwi­schen er­ziel­ten oder er­spar­ten Zin­sen zu un­ter­schei­den. Hat der Be­rei­che­rungs­schuld­ner das er­langte Geld zur Til­gung von Schul­den ver­wen­det, hat er die da­durch er­spar­ten Zins­zah­lun­gen ent­spre­chend § 818 Abs. 1 u. 2 BGB als Vor­teile aus dem Ge­brauch des Gel­des an den Be­rei­che­rungs-gläubi­ger her­aus­zu­ge­ben. Auch für die Her­aus­ga­be­pflicht des Erb­schafts­be­sit­zers be­steht kein ent­schei­den­der Un­ter­schied, ob er das er­langte Geld zins­brin­gend an­legt und da­mit sein Vermögen ver­mehrt oder ob er eine Ver­min­de­rung sei­nes Vermögens ver­mei­det, in­dem er eine ei­gene ver­zins­li­che Schuld ablöst.

Für den Fis­kus gilt nichts Ab­wei­chen­des. Da­bei kommt es nicht auf die all­ge­meine Frage an, ob und ge­ge­be­nen­falls in wel­chem Um­fang ein zi­vil­recht­li­cher Be­rei­che­rungs­an­spruch ge­gen den Fis­kus zu ver­zin­sen ist. Der Zins­an­spruch be­steht nämlich je­den­falls in den Fällen, in de­nen der Fis­kus als Erb­schafts­be­sit­zer gem. §§ 2018, 2021, 812 Abs. 1, 818 Abs. 1 u. 2 BGB in An­spruch ge­nom­men wird. Es lässt sich we­der aus §§ 2018 ff. BGB noch aus § 1936 BGB ent­neh­men, dass der Fis­kus bezüglich sei­ner Haf­tung als Erb­schafts­be­sit­zer ge­genüber an­de­ren Er­ben pri­vi­le­giert sein soll.

Zwar ist es Sinn und Zweck des ge­setz­li­chen Er­brechts des Staa­tes, her­ren­lose Nachlässe zu ver­mei­den und eine ord­nungs­gemäße Nach­las­sab­wick­lung zu si­chern. Auch kann der Fis­kus eine ihm als ge­setz­li­chem Er­ben an­ge­fal­lene Erb­schaft nicht aus­schla­gen. Den­noch folgt aus der Po­si­tion des ge­setz­li­chen Zwangs­er­ben nicht, dass der Fis­kus, wenn er sich später tatsäch­lich nicht als der Erbe her­aus­stellt, ge­genüber an­de­ren Erb­schafts­be­sit­zern zu pri­vi­le­gie­ren wäre. Denn das Er­brecht des Staa­tes trägt ge­rade den Cha­rak­ter ei­nes wirk­li­chen pri­va­ten Er­brechts, nicht da­ge­gen ei­nes ho­heit­li­chen An­eig­nungs­rechts. Es be­steht auch kein Grund, den Fis­kus im Fall des ge­setz­li­chen Er­brechts gem. § 1936 BGB ge­genüber sei­ner Stel­lung als tes­ta­men­ta­ri­scher Erbe zu pri­vi­le­gie­ren, wenn sich nachträglich her­aus­stellt, dass das Er­brecht tatsäch­lich nicht be­stand.

Link­hin­weis:

  • Der Voll­text der Ent­schei­dung ist auf der Home­page des BGH veröff­ent­licht.
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