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Erbschaftsteuer: Kürzung des Ehegattenfreibetrags für beschränkt Steuerpflichtige unionsrechtswidrig

FG Düsseldorf 18.12.2015, 4 K 3636/14 Erb

Die Kürzung des Ehe­gat­ten­frei­be­trags für be­schränkt Steu­er­pflich­tige ist uni­ons­rechts­wid­rig. Eine Be­schränkung der Grund­frei­hei­ten aus Gründen der Kohärenz ist nur zulässig, wenn ein un­mit­tel­ba­rer Zu­sam­men­hang zwi­schen dem be­tref­fen­den steu­er­li­chen Vor­teil und des­sen Aus­gleich durch eine be­stimmte steu­er­li­che Be­las­tung be­steht.

Der Sach­ver­halt:
Der Kläger ist schwei­ze­ri­scher Staats­an­gehöri­ger mit Wohn­sitz in der Schweiz. Seine Ehe­frau besaß so­wohl die deut­sche als auch die schwei­ze­ri­sche Staats­an­gehörig­keit und lebte bis zu ih­rem Tod im Juni 2012 mit ihm in der Schweiz. Zu ih­rem Nach­lass, den der Kläger al­lein erbte, gehörten hälf­tige Mit­ei­gen­tums­an­teile an vier Ei­gen­tums­woh­nun­gen in Deutsch­land.

Das Fi­nanz­amt setzte Erb­schaft­steuer ge­genüber dem Kläger fest und berück­sich­tigte einen Frei­be­trag von nur 2.000 €. Dies begründete die Behörde wie folgt: Zwar sei - an­ge­sichts der EuGH-Recht­spre­chung - auch einem be­schränkt Steu­er­pflich­ti­gen der für un­be­schränkt Steu­er­pflich­tige gel­tende Ehe­gat­ten­frei­be­trag von 500.000 € zu gewähren. Zur Ver­mei­dung ei­ner un­ge­recht­fer­tig­ten Bes­ser­stel­lung müsse der Frei­be­trag je­doch um den Teil gekürzt wer­den, der an­tei­lig auf das nicht von der be­schränk­ten Steu­er­pflicht er­fasste Aus­lands­vermögen ent­falle.

Das FG gab der hier­ge­gen ge­rich­te­ten Klage statt. Al­ler­dings wurde im Hin­blick auf das beim BFH anhängige Ver­fah­ren mit dem Az. II R 53/14 die Re­vi­sion zu­ge­las­sen.

Die Gründe:
Das Fi­nanz­amt hat die Erb­schaft­steuer zu Un­recht ge­gen den Kläger fest­ge­setzt.

Ent­ge­gen der Auf­fas­sung des Fi­nanz­am­tes darf der nach § 16 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG zu gewährende Frei­be­trag nicht um den An­teil des nicht von der be­schränk­ten Steu­er­pflicht er­fass­ten Aus­lands­vermögens am Ge­samt­nach­lass gekürzt wer­den. Der EuGH hat das Ar­gu­ment des Fi­nanz­am­tes be­reits in der Rechts­sa­che "Welte" auf­ge­grif­fen und zurück­ge­wie­sen. Im Ver­fah­ren "Welte" hatte die Re­gie­rung der Bun­des­re­pu­blik gel­tend ge­macht, der nied­ri­gere Frei­be­trag für be­schränkt Steu­er­pflich­tige diene dem Ge­bot der steu­er­li­chen Kohärenz.

Dem trat der EuGH al­ler­dings ent­ge­gen. Er wies viel­mehr dar­auf hin, dass eine Be­schränkung der Grund­frei­hei­ten aus Gründen der Kohärenz nur zulässig ist, wenn ein un­mit­tel­ba­rer Zu­sam­men­hang zwi­schen dem be­tref­fen­den steu­er­li­chen Vor­teil und des­sen Aus­gleich durch eine be­stimmte steu­er­li­che Be­las­tung be­steht. Einen sol­chen un­mit­tel­ba­ren Zu­sam­men­hang konnte der EuGH je­doch nicht se­hen.

In­fol­ge­des­sen folgte der EuGH den Schlus­santrägen des Ge­ne­ral­an­walts. Die­ser hatte sich auch mit der Frage aus­ein­an­der­ge­setzt, ob es die Gleich­be­hand­lung ge­biets­ansässi­ger und ge­biets­frem­der Steu­er­pflich­ti­ger ge­biete, den vollen Frei­be­trag von 500.000 € zu gewähren, ob­wohl der in Deutsch­land be­steu­erte Teil des Nach­las­ses - an­ders als bei rein in­ner­staat­li­chen Sach­ver­hal­ten un­be­schränkt Steu­er­pflich­ti­ger - nicht den Ge­samt­be­trag der Erb­schaft dar­stelle. Diese Frage be­jahte der Ge­ne­ral­an­walt. Der Se­nat hat sich die­ser Auf­fas­sung nun an­ge­schlos­sen.

Link­hin­weis:

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