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Steuerberatung

Erbschaftsteuerliche Begünstigung von Betriebsvermögen in der Praxis

Als Re­ak­tion auf die Recht­spre­chung des BVerfG zur Ver­fas­sungs­wid­rig­keit des bis­he­ri­gen Erb­schaft­steu­er­rechts wur­den im Zuge der Erb­schaft­steu­er­re­form die Re­ge­lun­gen zur erb­schaft­steu­er­li­chen Begüns­ti­gung von Be­triebs­vermögen mit Wir­kung für Er­werbe nach dem 30.6.2016 mo­di­fi­ziert.

Die Fi­nanz­ver­wal­tung legte nach lang­wie­ri­gen in­ter­nen Dis­kus­sio­nen kurz vor Ende des Jah­res 2018 den Ent­wurf der Erb­schaft­steu­er­richt­li­nien 2019 vor. Die fi­nale Fas­sung steht der­zeit noch aus. Ob durch die um­fas­sende Ver­laut­ba­rung der Fi­nanz­ver­wal­tung nun die prak­ti­sche An­wen­dung der mo­di­fi­zier­ten Re­ge­lun­gen geklärt ist oder ob hier noch wei­tere Klärung wünschens­wert wäre, dazu spre­chen wir mit un­se­rer Nach­fol­ge­ex­per­tin Heike Schwind, Rechts­anwältin, Steu­er­be­ra­te­rin und Part­ne­rin bei Eb­ner Stolz in Stutt­gart.

Erbschaftsteuerliche Begünstigung von Betriebsvermögen in der Praxis© Heike Schwind, Rechtsanwältin, Steuerberaterin und Partnerin bei Ebner Stolz in Stuttgart

Frau Schwind, eine kurze Vorab-Ein­schätzung zum vor­lie­gen­den Ent­wurf der Erb­schaft­steu­er­richt­li­nien 2019 - klärt er mehr als er neue Fra­gen auf­wirft?

In ers­ter Li­nie wer­den mit dem Ent­wurf die bis­he­ri­gen Äußerun­gen der Fi­nanz­ver­wal­tung zu den erb­schaft­steu­er­li­chen Re­ge­lun­gen zu­sam­men­geführt und auf den ak­tu­el­len Ge­set­zes­stand ge­bracht. Lei­der führt das BMF da­bei aber ei­nige bis­lang un­be­frie­di­gend gelöste The­men fort, ohne hier für eine pra­xis­ge­rechte Lösung zu sor­gen.

Eine der we­sent­li­chen Ände­run­gen bei der erb­schaft­steu­er­li­chen Begüns­ti­gung von Be­triebs­vermögen ist die Ab­kehr vom Al­les-oder-nichts-Prin­zip, wenn das nicht begüns­tigte Ver­wal­tungs­vermögen einen be­stimm­ten Pro­zent­satz des ge­sam­ten Be­triebs­vermögens über­steigt, hin zur grundsätz­li­chen Her­aus­nahme des Ver­wal­tungs­vermögens aus dem begüns­tig­tem Vermögen. Was be­deu­tet das für Un­ter­neh­men?

Es ist noch mehr dar­auf zu ach­ten, wie sich das Be­triebs­vermögen zu­sam­men­setzt. Ehe­mals konnte ein An­teil an Ver­wal­tungs­vermögen im Be­triebs­vermögen von bis zu 50 % des Un­ter­neh­mens­werts ver­nachlässigt wer­den, ohne die erb­schaft­steu­er­li­che Begüns­ti­gung von in die­sem Fall im­mer­hin noch 85 % zu gefähr­den. Nun ist je­des Ver­wal­tungs­vermögen - nach Ab­zug ei­nes Frei­be­tra­ges - so­fort voll steu­er­pflich­tig und kann des­halb zu Dis­kus­sio­nen mit der Fi­nanz­ver­wal­tung führen.

Ver­wal­tungs­vermögen kann un­ter dem ak­tu­el­len Re­ge­lungs­re­gime so­gar dazu führen, dass Be­triebs­vermögen kom­plett aus der Begüns­ti­gung her­aus­ge­nom­men wird, und zwar dann, wenn es mehr als 90 % des Be­triebs­vermögens beträgt. Das klingt doch nach ei­ner Schwelle, die von den we­nigs­ten, tatsäch­lich ak­ti­ven Un­ter­neh­men über­schrit­ten wer­den dürfte?

Die Schwelle klingt hoch. Sie wird in der Pra­xis aber doch sehr bald über­sprun­gen. Das liegt daran, dass eine Ver­rech­nung von Ver­wal­tungs­vermögen mit Schul­den nicht vor­ge­se­hen ist. Auch die im Ge­setz vor­ge­se­he­nen Begüns­ti­gun­gen ei­nes Teils des Fi­nanz­mit­tel­be­stan­des im Un­ter­neh­men durch den sog. Fi­nanz­mit­tel­test dürfen bei der 90 %-Grenze nicht berück­sich­tigt wer­den. Es er­folgt also ein An­satz des vor­han­de­nen Ver­wal­tungs­vermögens zum Brut­to­wert. Al­lein eine Ver­rech­nung von For­de­run­gen und Ver­bind­lich­kei­ten im Kon­zern ist vor Durchführung des Tests der 90 %-Grenze zulässig. Hat z. B. ein Großhan­dels­un­ter­neh­men hohe For­de­run­gen ge­genüber Kun­den, aber lei­der auch hohe Ver­bind­lich­kei­ten ge­genüber Lie­fe­ran­ten aus­ste­hen, können die For­de­run­gen auf­grund der bei An­wen­dung der 90 %-Grenze nicht zulässi­gen Ver­rech­nung von Fi­nanz­mit­teln mit Schul­den ge­gen Dritte zum kom­plet­ten Weg­fall der erb­schaft­steu­er­li­chen Begüns­ti­gung führen, auch wenn sie in Rea­lität ähn­lich hoch wie die Ver­bind­lich­kei­ten sind und des­halb bei der wei­te­ren steu­er­li­chen Prüfung an­hand des Fi­nanz­mit­tel­tests als begüns­tig­tes Vermögen be­han­delt würden.

Nun geht es ja beim Be­triebs­vermögen oft­mals nicht nur um eine Ge­sell­schaft, son­dern viel­mehr um Un­ter­neh­mens­struk­tu­ren mit meh­re­ren Ge­sell­schaf­ten. Hier ist im Rah­men ei­ner sog. Ver­bund­vermögens­auf­stel­lung letzt­lich eine Ge­samt­schau vor­ge­se­hen, bei der - wie Sie ge­rade ausführ­ten - ausdrück­lich For­de­run­gen und Ver­bind­lich­kei­ten im Kon­zern, steu­er­lich Ver­bund ge­nannt, ver­rech­net wer­den dürfen. Ist da­mit die 90 %-Schwelle im Rah­men der Kon­zern­fi­nan­zie­rung prak­ti­sch kein Pro­blem?

Ver­rech­net wer­den grundsätz­lich For­de­run­gen z. B. der Mut­ter­ge­sell­schaft ge­genüber der Toch­ter­ge­sell­schaft mit den ent­spre­chen­den Ver­bind­lich­kei­ten der Toch­ter- ge­genüber der Mut­ter­ge­sell­schaft in Höhe der Be­tei­li­gung. Nicht ver­rech­net wer­den je­doch - und das hat große prak­ti­sche Aus­wir­kun­gen in häufig ge­nutz­ten Per­so­nen­ge­sell­schafts­struk­tu­ren -, wenn For­de­run­gen ei­ner Mut­ter­ge­sell­schaft ge­genüber Toch­ter­per­so­nen­ge­sell­schaf­ten be­ste­hen und da­mit sog. Son­der­be­triebs­vermögen der Mut­ter­ge­sell­schaft bei der Toch­ter­per­so­nen­ge­sell­schaft dar­stel­len. Im Richt­li­nien­ent­wurf ver­tritt die Fi­nanz­ver­wal­tung eine ent­spre­chende Rechts­auf­fas­sung auch dann, wenn sich For­de­run­gen im Son­der­be­triebs­vermögen der Mut­ter­ge­sell­schaft und ent­spre­chende Ver­bind­lich­kei­ten der Toch­ter­ge­sell­schaft ge­genüber­ste­hen. Die For­de­run­gen blei­ben in die­sem Fall also un­gekürzt und erhöhen das Brut­to­ver­wal­tungs­vermögen im Rah­men des 90 %-Tests.

Was ra­ten Sie Ih­ren Man­dan­ten in die­sen Fällen? Gibt es hier ein all­ge­mein gülti­ges Re­zept?

Es sollte in die­sen Fällen dar­auf ge­ach­tet wer­den, dass Toch­ter­per­so­nen­ge­sell­schaf­ten durch Zuführung von Ei­gen­ka­pi­tal fi­nan­ziert wer­den. Al­ler­dings führt dies lei­der in­ner­halb von zwei Jah­ren nach der Zuführung dazu, dass der zu­geführte Be­trag als sog. junge Fi­nanz­mit­tel ohne Gewährung ei­ner Begüns­ti­gung bei ei­ner Erb­schaft oder Schen­kung be­steu­ert würde. Al­ter­na­tiv soll­ten Toch­ter­ge­sell­schaf­ten in der Rechts­form der Ka­pi­tal­ge­sell­schaft geführt wer­den, da hier die Ver­rech­nung der For­de­rung der Mut­ter­ge­sell­schaft mit der Ver­bind­lich­keit der Toch­ter­ka­pi­tal­ge­sell­schaft zulässig ist. Die­ses Bei­spiel zeigt zu­dem, dass die Auf­fas­sung der Fi­nanz­ver­wal­tung nicht rich­tig sein kann. Man sollte sich also ge­gen ent­spre­chende Steu­er­fest­set­zun­gen in die­sen Fällen weh­ren.

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