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Erfassung von Inflationsausgleichsprämien in IFRS- und HGB-Abschlüssen

30.03.2023 | 4 Minuten Lesezeit

Werden Arbeitnehmern Inflationsausgleichsprämien gewährt, stellt sich die Frage, wie diese bilanziell in den IFRS- oder HGB-Abschlüssen des arbeitgebenden Unternehmens zu berücksichtigen sind.

Durch das Gesetz zur temporären Senkung des Umsatzsteuersatzes auf Gaslieferungen über das Erdgasnetz vom 19.10.2022 (BGBl. I S. 1743) hat der Gesetzgeber die Möglichkeit geschaffen, dass Arbeitgeber ihren Arbeitnehmern bestimmte Leistungen - sog. Inflationsausgleichsprämien - bis zu einem Betrag von 3.000 Euro steuer- und sozialabgabenfrei gewähren können, sofern diese zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn in der Zeit vom 26.10.2022 bis zum 31.12.2024 zur Abmilderung der gestiegenen Verbraucherpreise geleistet werden.

Vor diesem Hintergrund enthalten zuletzt zwischen Arbeitgeberverbänden und Gewerkschaften zustande gekommene Tarifverträge Vereinbarungen, wonach die Arbeitgeber verpflichtet werden, eine Inflationsausgleichsprämie (zumeist in Teilbeträgen, bspw. je 1.500 Euro in den Jahren 2023 und 2024) zu zahlen. Der Anspruch auf die Inflationsausgleichsprämie ist häufig daran geknüpft, dass die Arbeitnehmer und Auszubildenden bestimmte Anforderungen im Zuflusszeitpunkt, wie Vorbeschäftigungszeiten oder ein ungekündigtes Arbeitsverhältnis, erfüllen.

Für die Unternehmen stellt sich die Frage, wie, zu welchem Zeitpunkt und in welcher Höhe Inflationsausgleichsprämien bilanziell zu erfassen sind.

Das IDW hat mit Berichterstattung über die 270. Sitzung des Fachausschusses Unternehmensberichterstattung (FAB) vom 01.12.2022 zur bilanziellen Abbildung von Inflationsausgleichsprämien in IFRS- und HGB-Abschlüssen Stellung genommen. Der Fachausschuss Unternehmensberichterstattung legt dabei exemplarisch für zwei Tarifverträge (zum einen in der Chemieindustrie und zum anderen in der Metall- und Elektroindustrie) seine Auffassung dar, wie bei nach IFRS oder HGB bilanzierenden Arbeitgebern, die einer tarifvertraglichen Verpflichtung zur Zahlung von Inflationsausgleichsprämien unterliegen, der daraus resultierende Aufwand zu erfassen ist.

Behandlung in HGB-Abschlüssen

Nach HGB ist der Aufwand grundsätzlich gemäß seiner wirtschaftlichen Verursachung zu erfassen. Wenn der begünstigte Arbeitnehmer eine tarifvertraglich bestimmte Zeit vor Auszahlung der Inflationsausgleichsprämie beschäftigt sein muss, so ist es nach Ansicht des FAB sachgerecht, hierin die wirtschaftliche Verursachung im Sinne einer Erdienung durch den Arbeitnehmer zu sehen. Der Aufwand ist über diesen Erdienungszeitraum pro rata temporis anzusammeln. Für den Fall, dass der Beginn der Erdienungsperiode vor dem Zeitpunkt der Vereinbarung des Tarifvertrags (Zeitpunkt des Verpflichtungseintritts) liegt, ist es nach Auffassung des FAB vertretbar, alternativ von einem Beginn des Ansammlungszeitraums zum Zeitpunkt des Verpflichtungseintritts auszugehen. Hiermit würde dem Umstand Rechnung getragen, dass der Tarifvertrag als Rechtsgrundlage für den (potenziellen) Anspruch erst an diesem Tag materiell zustande gekommen ist. Inflationsausgleichsprämien, die zum Bilanzstichtag bereits vollständig erdient sind, sind als Aufwand des Geschäftsjahres und durch den Ansatz einer sonstigen Verbindlichkeit zu erfassen. Soweit eine Zahlung der Inflationsausgleichsprämien am jeweiligen Bilanzstichtag nicht erfolgt ist, ist für den bis dahin wirtschaftlich verursachten Aufwand eine Verbindlichkeitsrückstellung zu bilden. Es gelten die allgemeinen Grundsätze zur Bewertung von Rückstellungen nach § 253 Abs. 1 Satz 2 HGB unter Zugrundlegung von Fluktuationswahrscheinlichkeiten.

Behandlung in IFRS-Abschlüssen

In IFRS-Abschlüssen sind die Teilbeträge einer Inflationsausgleichsprämie bilanziell als separate Zusagen des Arbeitgebers zu betrachten. Es handelt sich jeweils um kurzfristig fällige Leistungen an Arbeitnehmer (short-term employee benefits) im Sinne von IAS 19.8 ff. Die Periodisierung des Aufwands erfolgt über die erforderliche Dienstzeit (service period) und somit regelmäßig über die tarifvertraglich vereinbarte Vorbeschäftigungszeit. Grundsätzlich markiert der Beginn der Dienstzeitperiode auch den Beginn der Aufwandserfassung. Liegt der Beginn der Dienstzeitperiode jedoch vor dem Zeitpunkt der getroffenen tarifvertraglichen Vereinbarung, ist es nach Ansicht des FAB ebenso vertretbar, mit der Periodisierung des Aufwands pro rata temporis erst mit Abschluss der tarifvertraglichen Vereinbarung zu beginnen.

Beispiel Tarifvertrag IG Metall / Arbeitgeberverband Südwestmetall

Beispielhaft wird die bilanzielle Erfassung der Inflationsausgleichsprämie anhand des am 18.11.2022 in der Metall- und Elektroindustrie zwischen der IG Metall und dem Arbeitgeberverband Südwestmetall zustande gekommenen „Tarifvertrag Inflationsausgleichsprämie" dargestellt. Arbeitnehmer, die am Stichtag 01.03.2023 bzw. 01.03.2024 in einem ungekündigten Arbeitsverhältnis stehen, und die zu diesem Zeitpunkt dem Betrieb ununterbrochen sechs Monate angehört haben, haben einen Anspruch auf eine Inflationsausgleichsprämie (I bzw. II) in Höhe von jeweils 1.500 Euro. Die Zahlung hat den Zweck, die Preissteigerungen des Jahres 2023 bzw. des Jahres 2024 auszugleichen.

Behandlung nach HGB: Die (potenziell) begünstigten Arbeitnehmer erdienen sich den Anspruch auf die Inflationsausgleichsprämie I und II jeweils über einen Zeitraum von sechs Monaten. Der Zeitraum, über den der Aufwand pro rata temporis angesammelt wird, startet mit dem Beginn der Erdienungsperiode am 01.09.2022. Im Falle der Inflationsausgleichsprämie I wäre der Aufwand in Höhe von vier Sechsteln solcher des Geschäftsjahres 2022 (Monate September bis Dezember 2022) und in Höhe von zwei Sechsteln solcher des Geschäftsjahres 2023 (unter der Annahme, dass das Geschäftsjahr dem Kalenderjahr entspricht). Nach Ansicht des FAB ist es auch vertretbar, alternativ von einem Beginn des Ansammlungszeitraums erst am 18.11.2022 auszugehen. Soweit eine Zahlung der Prämien am jeweiligen Abschlussstichtag nicht erfolgt ist, ist für den bis dahin wirtschaftlich verursachten Aufwand eine Verbindlichkeitsrückstellung unter Zugrundelegung von Fluktuationswahrscheinlichkeiten zu bilden.

Behandlung nach IFRS: Die Inflationsausgleichsprämien I und II sind bilanziell als zwei separate Zusagen zu betrachten. Es handelt sich um kurzfristig fällige Leistungen an Arbeitnehmer im Sinne von IAS 19.8 ff. Der Beginn der Dienstzeitperiode ist der 01.09.2022 bzw. der 01.09.2023. Die Periodisierung des Aufwands erfolgt über die erforderliche Dienstzeit von jeweils sechs Monaten. Es ist ebenso vertretbar mit der Periodisierung des Aufwands pro rata temporis statt am 01.09.2022 erst am 18.11.2022 zu beginnen.

Praxishinweis

Die Ausführungen des FAB lassen sich sinngemäß auch auf die Erfassung des Aufwands aus Inflationsausgleichsprämienzahlungen im Sinne des § 3 Nr. 11c EstG anwenden, die Arbeitgeber aufgrund einer entsprechenden Verpflichtung aus einem anderen Tarifvertrag oder aufgrund des Abschlusses einer entsprechenden Betriebsvereinbarung oder aufgrund einer entsprechenden individualvertraglichen (freiwilligen) Zusage an ihre Arbeitnehmer leisten müssen. Allerdings müssen stets die Besonderheiten des Einzelfalls gewürdigt werden. Besonderes Augenmerk ist dabei auf die Voraussetzungen für die Zahlung der Inflationsausgleichsprämie zu legen.