Der Sachverhalt:
Die Klägerin ist die Gesamtrechtsnachfolgerin der S GmbH & Co. KG. Gegenstand deren Unternehmens war der Betrieb eines Online Reisebüros. Die S GmbH & Co. KG hatte im Dezember 2007 dem seinerzeit zuständigen Finanzamt eine Umsatzsteuererklärung für das Jahr 2005 übermittelt, in der Umsatzsteuer i.H.v. 885.342 € und abziehbare Vorsteuerbeträge i.H.v. 723.928 € ausgewiesen waren. Unter Berücksichtigung des Vorauszahlungssolls ergab sich nach der Erklärung ein Erstattungsbetrag i.H.v. rund 183 €.
Das inzwischen zuständig gewordene Finanzamt stimmte der Umsatzsteuererklärung vom 20.12.2007 zu und setzte die Umsatzsteuer erklärungsgemäß von 161.414 € fest. Die Behörde hielt den hiergegen gerichteten Einspruch für unzulässig. Die Höhe der Nachzahlungen beruhe nicht auf der mangelnden Berücksichtigung von Vorsteuern, sondern auf den nicht beglichenen Umsatzsteuervoranmeldungen.
Im Januar 2013 beantragte das Finanzamt die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der S GmbH & Co. KG. Das AG lehnte den Antrag im August 2014 ab. Auch die eingelegte sofortige Beschwerde blieb erfolglos. Mit Schreiben vom 17.1.2013 hatte die S GmbH & Co. KG vorgetragen, dass sie seinerzeit beim (zwischenzeitlich zuständigen) Finanzamt eine berichtigte Umsatzsteuererklärung für das Jahr 2005 eingereicht habe. Diese weise eine verbleibende Umsatzsteuer i.H.v. 181.919 € aus. Demnach ergab sich noch eine Zahllast von 20.321 €. Daraufhin wies das Finanzamt darauf hin, dass die eingereichte geänderte Umsatzsteuererklärung zu einer höheren Umsatzsteuerfestsetzung führe. Die Verpflichtung zur Nachzahlung bestehe deshalb, weil die Umsatzsteuervoranmeldungen nicht in der angegebenen Höhe beglichen worden seien.
Mit nach § 164 Abs. 2 AO geändertem Umsatzsteuerbescheid 2005 vom 6.2.2013 setzte das Finanzamt die Umsatzsteuer nunmehr entsprechend der berichtigten Umsatzsteuerjahreserklärung i.H.v. 181.919 € fest. Die S GmbH & Co. KG beantragte daraufhin, den Erlass der im Umsatzsteuerbescheid für das Jahr 2005 vom 6.2.2013 ausgewiesenen Säumniszuschläge i.H.v. 101.732 €. Es habe nicht lediglich ein Vollstreckungsaufschub, sondern vielmehr eine - Säumniszuschläge verhindernde - sog. technische Stundung gewährt werden sollen. Der Klägerin liege leider nur ein unvollständiger Stundungsbescheid vor. Dem folgte das Finanzamt allerdings nicht.
Das FG wies die hiergegen gerichtete Klage ab.
Die Gründe:
Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Erlass der Säumniszuschläge zur Umsatzsteuer 2005 i.H.v. 101.732 €.
Ein Erlass aus sachlichen Billigkeitsgründen kam nicht in Frage. Die Voraussetzungen einer sog. technischen Stundung lagen im Streitfall nämlich nicht vor. Zwar kann eine solche auch ohne Antrag zinslos und intern vorgenommen werden und ist deshalb kein Fall des § 222 AO. Sie setzt jedoch (im Unterschied zu einer Verrechnungsstundung) fällige, wenn auch nicht zur Zahlung gestellte Ansprüche voraus. Im Streitfall hatte das Finanzamt aber den Steueranmeldungen, aus denen sich Vorsteuerüberschüsse ergaben, unter Verweis auf die Ermittlungsergebnisse der Umsatzsteuersonderprüfung gerade nicht gem. § 168 Satz 2 AO zugestimmt, so dass keine Fälligkeit von Umsatzsteuererstattungsansprüchen als Gegenansprüche gegeben war.
Auch die Voraussetzungen für eine sog. Verrechnungsstundung wegen eines geltend gemachten, aber noch nicht fälligen Erstattungsanspruchs, lagen im Streitfall nicht vor. Den Feststellungen der Betriebsprüfung, die die Grundlage der Änderungsbescheide gebildet hatten, war die Klägerin im Klageverfahren bislang - auch nach mehrmaligen gewährten Fristverlängerungen - nicht entgegengetreten. Somit konnte weder zum Zeitpunkt der erstmaligen Fälligkeit der Umsatzsteuer 2005 noch zeitlich danach mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden, dass ein Gegenanspruch besteht und alsbald fällig wird.
Schließlich schied auch ein Erlass der Säumniszuschläge zur Umsatzsteuer 2005 aus persönlichen Gründen aus. Im Streitfall fehlt es nämlich bereits an der Erlassbedürftigkeit.
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