Der Sachverhalt:
Der Kläger erbrachte gegenüber seiner Arbeitgeberin in den Jahren 2013 bis 2015 insgesamt 330 Überstunden. Aufgrund einer länger andauernden Erkrankung schlossen beide Seiten im Jahr 2016 einen Aufhebungsvertrag, aufgrund dessen das Arbeitsverhältnis beendet wurde. Dieser Vertrag sah u.a. vor, dass die vom Kläger erbrachten und bislang nicht ausgezahlten Überstunden mit einem Betrag von insgesamt 6.000 € vergütet werden sollten. Neben diesem Betrag erhielt der Kläger im Jahr 2016 eine Zahlung für nicht genommene Urlaubstage, eine Rente sowie Lohnersatzleistungen.
Das Finanzamt unterwarf die Überstundenvergütung im Einkommensteuerbescheid 2016 dem Regelsteuersatz. Hiergegen wandte sich der Kläger und machte geltend, dass der ermäßigte Steuersatz gem. § 34 Abs. 1 EStG zur Anwendung kommen müsse. Er führte unter Verweis auf das BFH-Urteil vom 2.8.2016, Az.: VIII R 37/14 an, bei der Überstundenvergütung handele es sich um eine Vergütung für eine mehrjährige Tätigkeit nach § 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG, da der Nachzahlungszeitraum über zwölf Monate hinausgehe und sich über mindestens zwei Kalenderjahre erstrecke. Es sei unschädlich, dass insoweit verdiente Einkünfte nachgezahlt worden seien, da derartige Vergütungen typischerweise von § 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG erfasst würden. Lediglich §§ 34 Abs. 2 Nr. 2, 24 Nr. 1a EStG sei auf verdiente Einkünfte nicht anwendbar.
Das FG gab der Klage statt. Allerdings wurde zur Fortbildung des Rechts die Revision zum BFH zugelassen.
Die Gründe:
Die Vergütungen unterfallen der Tarifermäßigung gemäß § 34 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 4 EStG. Danach kommen als außerordentliche Einkünfte Vergütungen für mehrjährige Tätigkeiten in Betracht. Die Vergütung muss darüber hinaus als außerordentliche Einkünfte zu qualifizieren sein und dem Steuerpflichtigen "zusammengeballt" zufließen. Und diese Voraussetzungen lagen hier vor.
Soweit das FG Hamburg (Urt. v. 2.7.2002, II 83/01) Vergütungen für in mehreren Jahren geleistete Überstunden für nicht tarifbegünstigt hält, weil lediglich Vergütungsbestandteile nachgezahlt worden seien und keine Tätigkeit entlohnt werde, die als einheitliches Ganzes in mehrere Veranlagungszeiträume falle, so kann dem nicht gefolgt werden. Nach Auffassung des erkennenden Senats kann nämlich der Umstand, dass der Arbeitgeber mit der Überstundenvergütung lediglich Vergütungsbestandteile nachzahlt, nicht zum Ausschluss der Tarifbegünstigung führen, da § 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG nach BFH-Rechtsprechung auch dann einschlägig sein kann, wenn sich die zugeflossene Vergütung aus mehreren Beträgen zusammensetzt, die jeweils einem bestimmten Einzeljahr zugerechnet werden können. Die Nachzahlung einer einheitlichen Vergütung ist demnach gerade nicht erforderlich.
Eine Überstundenvergütung kann steuerlich nicht anders behandelt werden als eine Nachzahlung von Lohn für die reguläre Arbeitsleistung. Die Vergütung war dem Kläger auch, was nach dem Zweck der ermäßigten Besteuerung erforderlich ist, "zusammengeballt" zugeflossen, denn die Überstundenvergütung war in einer Summe im Veranlagungszeitraum 2016 ausgezahlt worden.
Allerdings war nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO zur Fortbildung des Rechts und mit Blick auf das Urteil des FG Hamburg vom 02.07.2002, II 83/01 zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zuzulassen. Der BFH hat die Frage, ob Zahlungen für geleistete Mehrarbeit tarifbegünstigt sind, bisher ausdrücklich offen gelassen (vgl. BFH-Urt. v. 14.6.2016, Az.: IX R 2/16.
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