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Steuerberatung

Ermäßigte Besteuerung von Überstundenvergütungen für mehrere Jahre

FG Münster v. 23.5.2019 - 3 K 1007/18 E

Auf eine Über­stun­den­vergütung, die auf­grund ei­nes Auf­he­bungs­ver­tra­ges für meh­rere zurück­lie­gende Jahre in ei­ner Summe aus­be­zahlt wird, ist der ermäßigte Steu­er­satz für außer­or­dent­li­che Einkünfte (sog. "Fünf­tel-Re­ge­lung") an­wend­bar. Zur Fort­bil­dung des Rechts und mit Blick auf ein Ur­teil des FG Ham­burg wurde zur Si­che­rung ei­ner ein­heit­li­chen Recht­spre­chung die Re­vi­sion zu­ge­las­sen. Der BFH hat die Frage, ob Zah­lun­gen für ge­leis­tete Mehr­ar­beit ta­rif­begüns­tigt sind, bis­her ausdrück­lich of­fen ge­las­sen.

Der Sach­ver­halt:
Der Kläger er­brachte ge­genüber sei­ner Ar­beit­ge­be­rin in den Jah­ren 2013 bis 2015 ins­ge­samt 330 Über­stun­den. Auf­grund ei­ner länger an­dau­ern­den Er­kran­kung schlos­sen beide Sei­ten im Jahr 2016 einen Auf­he­bungs­ver­trag, auf­grund des­sen das Ar­beits­verhält­nis be­en­det wurde. Die­ser Ver­trag sah u.a. vor, dass die vom Kläger er­brach­ten und bis­lang nicht aus­ge­zahl­ten Über­stun­den mit einem Be­trag von ins­ge­samt 6.000 € vergütet wer­den soll­ten. Ne­ben die­sem Be­trag er­hielt der Kläger im Jahr 2016 eine Zah­lung für nicht ge­nom­mene Ur­laubs­tage, eine Rente so­wie Lohn­er­satz­leis­tun­gen.

Das Fi­nanz­amt un­ter­warf die Über­stun­den­vergütung im Ein­kom­men­steu­er­be­scheid 2016 dem Re­gel­steu­er­satz. Hier­ge­gen wandte sich der Kläger und machte gel­tend, dass der ermäßigte Steu­er­satz gem. § 34 Abs. 1 EStG zur An­wen­dung kom­men müsse. Er führte un­ter Ver­weis auf das BFH-Ur­teil vom 2.8.2016, Az.: VIII R 37/14 an, bei der Über­stun­den­vergütung han­dele es sich um eine Vergütung für eine mehrjährige Tätig­keit nach § 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG, da der Nach­zah­lungs­zeit­raum über zwölf Mo­nate hin­aus­gehe und sich über min­des­tens zwei Ka­len­der­jahre er­stre­cke. Es sei un­schädlich, dass in­so­weit ver­diente Einkünfte nach­ge­zahlt wor­den seien, da der­ar­tige Vergütun­gen ty­pi­scher­weise von § 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG er­fasst würden. Le­dig­lich §§ 34 Abs. 2 Nr. 2, 24 Nr. 1a EStG sei auf ver­diente Einkünfte nicht an­wend­bar.

Das FG gab der Klage statt. Al­ler­dings wurde zur Fort­bil­dung des Rechts die Re­vi­sion zum BFH zu­ge­las­sen.

Die Gründe:
Die Vergütun­gen un­ter­fal­len der Ta­rifermäßigung gemäß § 34 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 4 EStG. Da­nach kom­men als außer­or­dent­li­che Einkünfte Vergütun­gen für mehrjährige Tätig­kei­ten in Be­tracht. Die Vergütung muss darüber hin­aus als außer­or­dent­li­che Einkünfte zu qua­li­fi­zie­ren sein und dem Steu­er­pflich­ti­gen "zu­sam­men­ge­ballt" zu­fließen. Und diese Vor­aus­set­zun­gen la­gen hier vor.

So­weit das FG Ham­burg (Urt. v. 2.7.2002, II 83/01) Vergütun­gen für in meh­re­ren Jah­ren ge­leis­tete Über­stun­den für nicht ta­rif­begüns­tigt hält, weil le­dig­lich Vergütungs­be­stand­teile nach­ge­zahlt wor­den seien und keine Tätig­keit ent­lohnt werde, die als ein­heit­li­ches Gan­zes in meh­rere Ver­an­la­gungs­zeiträume falle, so kann dem nicht ge­folgt wer­den. Nach Auf­fas­sung des er­ken­nen­den Se­nats kann nämlich der Um­stand, dass der Ar­beit­ge­ber mit der Über­stun­den­vergütung le­dig­lich Vergütungs­be­stand­teile nach­zahlt, nicht zum Aus­schluss der Ta­rif­begüns­ti­gung führen, da § 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG nach BFH-Recht­spre­chung auch dann ein­schlägig sein kann, wenn sich die zu­ge­flos­sene Vergütung aus meh­re­ren Beträgen zu­sam­men­setzt, die je­weils einem be­stimm­ten Ein­zel­jahr zu­ge­rech­net wer­den können. Die Nach­zah­lung ei­ner ein­heit­li­chen Vergütung ist dem­nach ge­rade nicht er­for­der­lich.

Eine Über­stun­den­vergütung kann steu­er­lich nicht an­ders be­han­delt wer­den als eine Nach­zah­lung von Lohn für die re­guläre Ar­beits­leis­tung. Die Vergütung war dem Kläger auch, was nach dem Zweck der ermäßig­ten Be­steue­rung er­for­der­lich ist, "zu­sam­men­ge­ballt" zu­ge­flos­sen, denn die Über­stun­den­vergütung war in ei­ner Summe im Ver­an­la­gungs­zeit­raum 2016 aus­ge­zahlt wor­den.

Al­ler­dings war nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO zur Fort­bil­dung des Rechts und mit Blick auf das Ur­teil des FG Ham­burg vom 02.07.2002, II 83/01 zur Si­che­rung ei­ner ein­heit­li­chen Recht­spre­chung zu­zu­las­sen. Der BFH hat die Frage, ob Zah­lun­gen für ge­leis­tete Mehr­ar­beit ta­rif­begüns­tigt sind, bis­her ausdrück­lich of­fen ge­las­sen (vgl. BFH-Urt. v. 14.6.2016, Az.: IX R 2/16.

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