Der Sachverhalt:
Der Kläger ist Insolvenzverwalter über das Vermögen der Schuldnerin, der private company limited by shares nach englischem Recht. Die limited hatte eine Niederlassung in Deutschland. Sie vermarktete Anteile an einer englischen Gesellschaft. Einnahmen erwirtschaftet sie aus Provisionszahlungen aus den Vermittlungen. Der Beklagte war deren Director.
Das LG gab der Klage statt. Das OLG gab ihr nur teilweise statt und verurteilte den Beklagten lediglich zur Zahlung von rd. 40.000 € und wies die Klage im Übrigen ab. Auf die Revision des Klägers hob der BGH das Berufungsurteil auf, veruteilte den Beklagten zur Zahlung von rd. 54.000 € an den Kläger und entschied, dass es dem Beklagten vorbehalten bleibt, nach der Zahlung von rd. 14.000 € an die Masse seine Rechte in Höhe des Betrages, den die begünstigten Gesellschaftsgläubiger im Insolvenzverfahren erhalten hätten, gegen den Kläger zu verfolgen.
Die Gründe:
Das Urteil das LG wird wiederhergestellt, unter Aufnahme eines Vorbehalts zugunsten des Beklagten, nach Zahlung von rd. 14.000 € seine Rechte in Höhe des Betrags, den die begünstigten Gesellschaftsgläubiger im Insolvenzverfahren erhalten hätten, gegen den Kläger zu verfolgen.
Auf den Beklagten als Director einer private company limited by shares nach englischem Recht ist § 64 S. 1 GmbHG entsprechend anzuwenden. Nach ständiger BGH-Rechtsprechung entfällt die Ersatzpflicht des Geschäftsführers für Zahlungen nach Insolvenzreife gem. § 64 S. 1 GmbHG nur, wenn die masseschmälernde Zahlung in einem unmittelbaren Zusammenhang mit ihr ausgeglichen wird. Es liegt auch in diesen Fällen zunächst eine Ersatzpflicht, die zur Ausgleichszahlung verpflichtet, vor. Durch den Ausgleich entfällt jedoch der Anspruch auf Zahlung gegen den Geschäftsführer. Der Geschäftsführer hat nach Eintritt der Insolvenzreife, die verbliebene Masse zu erhalten. Schmälert er dennoch die Masse durch Zahlungen, so wird er nach § 64 S. 1 GmbHG ersatzpflichtig. Wird ein Ausgleich der Masse auch ohne Hilfe des Geschäftsführers erwirkt, so ist der Zweck des § 64 S. 1 GmbHG erfüllt und der Anspruch auf Erstattung entfällt. Es ist dabei nicht jeder Massezufluss als Ausgleich zu betrachten, sondern nur, wenn er in unmittelbarem, wirtschaftlichen, jedoch nicht zeitlichem Zusammenhang mit der Masseschmälerung steht. Denn der Ersatzanspruch ist nicht auf die Erstattung eines Quotenschadens gerichtet.
Die Regeln des Bargeschäfts nach § 142 InsO aF bis 4.4.2017 finden auf masseschmälernde Zahlungen keine entsprechende Anwendung. Für eine Analogie fehlt es an einer vergleichbaren Interessenlage. § 142 InsO dient dem Schutz des Geschäftsgegners, die Gegenleistung des Schuldners behalten zu dürfen. § 64 GmbHG dagegen schützt die Gläubiger der insolvenzreifen Gesellschaft.
Auch ohne die Anwendung von § 142 InsO ist kein Ausgleich der Zahlungen durch einen Massezufluss erfolgt. Der Zahlung der Gehälter steht kein Massezufluss gegenüber. Um die Masseschmälerung ausgleichen zu können, muss die in die Masse gelangende Gegenleistung auch für den Gläubiger verwertbar sein. Die Bewertung richtet sich danach, ob der Gläubiger die Gegenleistung verwerten könnte, wenn das Insolvenzverfahren eröffnet wäre. Dies ist wie im vorliegenden Fall bei Arbeits- und Dienstleistungen regelmäßig nicht der Fall, denn Dienstleistungen führen nicht zum Anstieg der Aktivmasse. Den Zahlungen an die Stadtwerke sowie an die anderen Dienstleister steht ebenso kein Massezufluss gegenüber und ein Ausgleich ist damit nicht gegeben. Energieversorgungs-und Telekommunikationsdienstleistungen, Internet und Kabelfernsehen erhöhen nicht die verwertbare Aktivmasse für die Gläubiger.
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