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Steuerberatung

Erste Tätigkeitsstätte bei einem befristeten Beschäftigungsverhältnis

BFH v. 10.4.2019 - VI R 6/17

Bei einem be­fris­te­ten Be­schäfti­gungs­verhält­nis kommt eine un­be­fris­tete Zu­ord­nung i.S.d. § 9 Abs. 4 Satz 3 1. Alt. EStG zu ei­ner ers­ten Tätig­keitsstätte nicht in Be­tracht. War der Ar­beit­neh­mer im Rah­men ei­nes be­fris­te­ten Ar­beits- oder Dienst­verhält­nis­ses be­reits ei­ner ers­ten Tätig­keitsstätte zu­ge­ord­net und wird er im wei­te­ren Ver­lauf ei­ner an­de­ren Tätig­keitsstätte zu­ge­ord­net, er­folgt diese zweite Zu­ord­nung nicht mehr gem. § 9 Abs. 4 Satz 3 2. Alt. EStG für die Dauer des Dienst­verhält­nis­ses.

Der Sach­ver­halt:
Der Kläger war seit Mai 2012 bei ei­ner GmbH in X als Hel­fer be­schäftigt. Die GmbH verfügt über eine Er­laub­nis zur ge­werbsmäßigen Ar­beit­neh­merüber­las­sung gem. § 1 des Ar­beit­neh­merüber­las­sungs­ge­set­zes. Im Ar­beits­ver­trag wurde der Kläger dar­auf hin­ge­wie­sen, er könne an ver­schie­de­nen Or­ten bun­des­weit ein­ge­setzt wer­den. Er mus­ste ar­beits­ver­trag­lich sein Ein­verständ­nis erklären, an­de­ren Fir­men zur Ar­beits­leis­tung über­las­sen zu wer­den. Der Kläger wurde zu­dem dar­auf hin­ge­wie­sen, dass der Ver­lei­her sich vor­be­halte, aus be­trieb­li­chen Gründen Um­set­zun­gen und Ver­set­zun­gen vor­zu­neh­men.

Das Leih­ar­beits­verhält­nis war zunächst bis Ende No­vem­ber 2012 be­fris­tet. Je­weils mit Ab­lauf der Be­fris­tung er­folgte eine Verlänge­rung des Leih­ar­beits­verhält­nis­ses (bis 31.7.2013 - Ver­tragsände­rung von No­vem­ber 2012; bis 31.7.2014 - Ver­tragsände­rung von Juni 2013; bis 1.5.2015 - Ver­tragsände­rung von Juni 2014). Bis Ende Ok­to­ber 2012 war der Kläger bei ei­ner AG in Y ein­ge­setzt. Auf schrift­li­che Wei­sung des Leih­ar­beit­ge­bers war er an­schließend für die AG in X - und dort in ver­schie­de­nen Ar­beits­be­rei­chen zum Ab­bau von Ar­beits­spit­zen - tätig. Im Mai 2015 mündete das Zeit­ar­beits­verhält­nis schließlich in eine Fest­an­stel­lung bei der AG.

Im Sep­tem­ber 2013 un­ter­rich­tete die GmbH den Kläger darüber, dass die AG und die GmbH den Ge­schäfts­be­reich Zeit­ar­beit auf eine neu gegründete GmbH & Co. OHG über­tra­gen würden und da­mit auch das Be­schäfti­gungs­verhält­nis des Klägers - un­ter Fort­gel­tung der bis­lang gel­ten­den ver­trag­li­chen Ver­ein­ba­run­gen - zum 1.1.2014 auf die neue Ge­sell­schaft über­gehe. Im Streit­jahr (2014) wurde der Kläger aus­schließlich als Hel­fer bei der AG in X ein­ge­setzt. Mit der Ein­kom­men­steu­er­erklärung 2014 be­an­tragte der Kläger die Berück­sich­ti­gung der Fahrt­kos­ten zur AG als Rei­se­kos­ten im Rah­men ei­ner Auswärtstätig­keit mit 0,30 EUR je ge­fah­re­nen Ki­lo­me­ter. Das Fi­nanz­amt berück­sich­tigte die Fahrt­kos­ten le­dig­lich im Rah­men der Ent­fer­nungs­pau­schale.

Das FG gab der hier­ge­gen ge­rich­te­ten Klage statt. Die Re­vi­sion des Fi­nanz­amts hatte vor dem BFH kei­nen Er­folg.

Die Gründe:
Das FG hat das Vor­lie­gen ei­ner ers­ten Tätig­keitsstätte des Klägers im Er­geb­nis zu Recht ver­neint. Es hat des­halb zu Recht die Auf­wen­dun­gen des Klägers für die Fahr­ten von sei­ner Woh­nung zu dem Werk der AG in X nach Rei­se­kos­ten­grundsätzen zum Wer­bungs­kos­ten­ab­zug zu­ge­las­sen.

Bei einem be­fris­te­ten Be­schäfti­gungs­verhält­nis kommt eine un­be­fris­tete Zu­ord­nung i.S.d. § 9 Abs. 4 Satz 3 1. Alt. EStG zu ei­ner ers­ten Tätig­keitsstätte nicht in Be­tracht. Denn es ist in einem sol­chen Fall aus­ge­schlos­sen, dass "der Ar­beit­neh­mer un­be­fris­tet an ei­ner sol­chen Tätig­keitsstätte tätig wer­den soll", wie es § 9 Abs. 4 Satz 3 EStG nach sei­nem in­so­weit ein­deu­ti­gen Wort­laut vor­aus­setzt. Die Zu­ord­nung er­folgt gem. § 9 Abs. 4 Satz 3 2. Alt. EStG für die Dauer des Ar­beits- oder Dienst­verhält­nis­ses, wenn sie aus der maßgeb­li­chen Sicht ex ante für die ge­samte Dauer des Ar­beits- oder Dienst­verhält­nis­ses Be­stand ha­ben soll.

War der Ar­beit­neh­mer im Rah­men ei­nes be­fris­te­ten Ar­beits- oder Dienst­verhält­nis­ses be­reits ei­ner ers­ten Tätig­keitsstätte zu­ge­ord­net und wird er im wei­te­ren Ver­lauf ei­ner an­de­ren Tätig­keitsstätte zu­ge­ord­net, er­folgt diese zweite Zu­ord­nung nicht mehr gem. § 9 Abs. 4 Satz 3 2. Alt. EStG für die Dauer des Dienst­verhält­nis­ses. Denn in Be­zug auf die zweite Zu­ord­nung steht (aus der auch in­so­weit maßgeb­li­chen Sicht ex ante) fest, dass sie nicht gem. § 9 Abs. 4 Satz 3 2. Alt. EStG für die (ge­samte) Dauer des Dienst­verhält­nis­ses gilt, son­dern le­dig­lich für die Dauer des ver­blei­ben­den Ar­beits- oder Dienst­verhält­nis­ses.

Wird ein be­fris­te­tes Be­schäfti­gungs­verhält­nis vor Ab­lauf der Be­fris­tung schrift­lich durch bloßes Hin­aus­schie­ben des Be­en­di­gungs­zeit­punkts bei an­sons­ten un­veränder­tem Ver­trags­in­halt verlängert, liegt ein ein­heit­li­ches be­fris­te­tes Be­schäfti­gungs­verhält­nis vor. Für die Frage, ob eine Zu­ord­nung für die Dauer des Dienst­verhält­nis­ses er­folgt, ist da­her auf das ein­heit­li­che Be­schäfti­gungs­verhält­nis und nicht le­dig­lich auf den Zeit­raum der Verlänge­rung ab­zu­stel­len. Nach all­dem ste­hen dem Kläger Rei­se­kos­ten im Rah­men ei­ner Auswärtstätig­keit mit 0,30 € je ge­fah­re­nen Ki­lo­me­ter zu.

Link­hin­weis:

  • Der Voll­text der Ent­schei­dung ist auf der Home­page des BFH veröff­ent­licht.
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