Der Sachverhalt:
Der Kläger war seit 2004 als Polizeibeamter im Streifendienst tätig. Er war Angehöriger einer Polizeiinspektion, die er arbeitstäglich zur Entgegennahme bzw. Abgabe des Einsatzfahrzeugs, für Einsatzbesprechungen und zur Erledigung von Schreibarbeiten aufsuchte. Mit Hinweis auf das neue Reisekostenrecht lehnte das beklagte Finanzamt im Streitjahr 2014 die vom Kläger geltend gemachten Verpflegungsmehraufwendungen für die Tage seiner Einsatztätigkeit im Streifendienst ab. Es ging dabei von einer dauerhaften Zuordnung zur Dienststelle und damit von einer ersten Tätigkeitsstätte des Klägers aus und versagte den Abzug von Verpflegungsmehraufwendungen bei Auswärtstätigkeit, da der Kläger keinen Nachweis für seine ununterbrochene Abwesenheit von der Dienststelle erbracht hatte. Fahrtkosten zum Polizeirevier wurden nur i.H.d. Entfernungspauschale berücksichtigt.
Die Gründe:
Das Finanzamt war zutreffend davon ausgegangen, dass der Kläger nach § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 4 und Abs. 2 EStG für die Fahrten von der Wohnung zur Dienststelle nur die Entfernungspauschale geltend machen konnte, denn die Fahrten des Klägers von seiner Wohnung zur Dienststelle waren Wege zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte i.S.d. § 9 Abs. 4 EStG.
Die unbefristete Zuordnung eines Polizeibeamten im Streifendienst zu seiner Dienststelle und die dortige Vornahme von Hilfs- und/oder Nebentätigkeiten begründet eine "erste Tätigkeitsstätte". Sucht ein Polizeibeamter das Polizeirevier, dem er dienstrechtlich zugeordnet ist, arbeitstäglich auf und verrichtet er dort auch den Streifendienst vorbereitende bzw. ergänzende Tätigkeiten wie etwa Einsatzbesprechungen und Schreibarbeiten, so sind diese Neben- bzw. Hilfstätigkeiten ausreichend für die Annahme einer ersten Tätigkeitsstätte.
Infolgedessen stand dem Kläger im vorliegenden Fall für Fahrten zwischen Wohnort und erster Tätigkeitsstätte nur die Entfernungspauschale zu, während für den Abzug von Mehraufwendungen für Verpflegung eine ununterbrochene Abwesenheit von acht Stunden von der ersten Tätigkeitsstätte für die Dauer der gesetzlich festgelegten Zeiträume zu belegen war. Da die Anforderungen, die an eine erste Tätigkeitsstätte i.S.d. § 9 Abs. 4 S. 1 bis 3 EStG zu stellen sind, noch nicht höchstrichterlich geklärt sind, wurde die Revision zum BFH zugelassen.
Hintergrund:
Zu der bis 2013 geltenden Rechtslage war der BFH der Auffassung, dass Polizeibeamte, die im Streifendienst tätig sind, typischerweise nicht über eine "regelmäßige Arbeitsstätte" (so der bisherige Begriff) verfügen. Sie konnten daher die Fahrtkosten zum Polizeirevier nach Dienstreisekostengrundsätzen (0,30 € pro gefahrenem Kilometer) berechnen und - bei dienstbedingter Auswärtstätigkeit mit Abwesenheit vom Wohnort - Mehraufwendungen für Verpflegung geltend machen.
Fraglich ist, ob dies auch noch nach dem neuen ab 2014 geltenden Reisekostenrecht gilt. Danach sind Fahrtkosten zwischen dem Wohnort und der "ersten Tätigkeitsstätte" (neuer gesetzlicher Begriff; § 9 Abs. 4 EStG auf die sog. Entfernungspauschale (0,30 € pro Entfernungskilometer) begrenzt. Begründet das neue Reisekostenrecht ferner eine erste Tätigkeitsstätte für Steuerpflichtige, die nach der alten Rechtslage über keine regelmäßige Arbeitsstätte verfügten, kommt es für den Abzug von Mehraufwendungen für Verpflegung zusätzlich darauf an, dass der Steuerpflichtige im Rahmen der dienstbedingten Auswärtstätigkeit nicht nur von seinem Wohnort, sondern auch von der nunmehr vorhandenen ersten Tätigkeitsstätte abwesend ist.
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