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Steuerberatung

Ertragszuschuss als organschaftliche Mehrabführung

BFH 15.3.2017, I R 67/15

Ein Er­trags­zu­schuss ist eine ver­deckte Ein­lage und führt zu ei­ner Erhöhung des steu­er­li­chen Ein­la­ge­kon­tos bei der Or­gan­ge­sell­schaft nach § 27 Abs. 1 S. 1 KStG, die durch den so­for­ti­gen Rück­fluss an den Or­ganträger im Rah­men der or­gan­schaft­li­chen Ge­winn­abführung nicht wie­der rückgängig ge­macht wird.

Der Sach­ver­halt:
Die Kläge­rin ist eine GmbH. Eine ih­rer Ge­sell­schaf­te­rin­nen ist die B-GmbH. Mit die­ser hatte die Kläge­rin 2002 einen Ge­winn­abführungs­ver­trag ab­ge­schlos­sen, wo­nach ihr ge­sam­tes Jah­res­er­geb­nis ab dem Jahr 2002 der B-GmbH als Or­ganträge­rin zu­ste­hen sollte. Zu­gleich war die Kläge­rin im Jahr 2002 selbst Or­ganträge­rin in Be­zug auf eine ih­rer Toch­ter­ge­sell­schaf­ten. Die B-GmbH zahlte der Kläge­rin 2002 einen (nicht rück­zahl­ba­ren) Er­trags­zu­schuss. Die­sen ver­buchte die Kläge­rin in ih­rer Han­dels­bi­lanz als Er­trag. Wei­ter er­fasste die Kläge­rin in ih­rer Han­dels­bi­lanz einen Über­nah­me­ver­lust auf­grund ei­ner noch 2002 er­folg­ten Ver­schmel­zung mit ei­ner Or­gan­ge­sell­schaft. Steu­er­recht­lich durfte der Über­nah­me­ver­lust gem. § 12 Abs. 2 Um­wStG nicht ab­ge­zo­gen wer­den.

Das Fi­nanz­amt ging zunächst da­von aus, dass der Er­trags­zu­schuss als Zu­gang zum steu­er­li­chen Ein­la­ge­konto der Kläge­rin zu er­fas­sen sei. Auf­grund der un­ter­schied­li­chen Be­hand­lung des Er­trags­zu­schus­ses in der Han­dels- und der Steu­er­bi­lanz nahm es je­doch wei­ter an, dass eine Mehr­abführung vor­liege, die zu ei­ner ent­spre­chen­den Min­de­rung des Ein­la­ge­kon­tos geführt habe. Den Über­nah­me­ver­lust sah das Fi­nanz­amt da­ge­gen auf­grund ei­ner außer­bi­lan­zi­el­len Kor­rek­tur nicht als Min­der­abführung an. Dem­ent­spre­chend stellte es das steu­er­li­che Ein­la­ge­konto zum 31.12.2002 fest. In den Fol­ge­be­schei­den der Jahre 2003 bis 2006 so­wie der wei­te­ren Jahre 2007 bis 2009 nahm es ent­spre­chende Ände­run­gen vor.

Die Kläge­rin war der An­sicht, dass das Ein­la­ge­konto um den Er­trags­zu­schuss zu erhöhen sei, da hin­sicht­lich des Er­trags­zu­schus­ses keine (or­gan­schaft­li­che) Meh­rent­nahme vor­liege. Der Er­trags­zu­schuss sei eine ver­deckte Ein­lage. Die Kor­rek­tur des zu ver­steu­ern­den Ein­kom­mens finde - ebenso wie die Kor­rek­tur des Ver­schmel­zungs­ver­lusts - außer­halb der Bi­lanz statt. Han­dels­bi­lanz und Steu­er­bi­lanz seien da­her iden­ti­sch, bei der Be­rech­nung von (or­gan­schaft­li­chen) Mehr- oder Min­der­abführun­gen komme es aber auf einen Un­ter­schied zwi­schen Han­dels- und Steu­er­bi­lanz an.

Das FG wies die Klage ab. Auch die Re­vi­sion der Kläge­rin vor dem BFH blieb er­folg­los.

Gründe:
Das FG hat zu Recht ent­schie­den, dass sich das steu­er­li­che Ein­la­ge­konto der Kläge­rin auf­grund ei­ner Mehr­abführung i.S.d. § 27 Abs. 6 KStG ge­min­dert hatte.

Ein (nicht rück­zahl­ba­rer) Er­trags­zu­schuss stellt eine ver­deckte Ein­lage dar und führt - ne­ben nachträgli­chen An­schaf­fungs­kos­ten auf die Be­tei­li­gung bei der Or­ganträge­rin - zu ei­ner Erhöhung des steu­er­li­chen Ein­la­ge­kon­tos bei der Or­gan­ge­sell­schaft nach § 27 Abs. 1 S. 1 KStG. Ver­deckte Ein­lage ist die Zu­wen­dung ei­nes bi­lan­zier­ba­ren Vermögens­vor­teils aus ge­sell­schafts­recht­li­chen Gründen ohne Ent­gelt in Ge­stalt von Ge­sell­schafts­rech­ten. Im Streit­fall hatte die Or­ganträge­rin der Or­gan­ge­sell­schaft in Ge­stalt ei­nes nicht rück­zahl­ba­ren Zu­schus­ses Ei­gen­ka­pi­tal zu­geführt. Der Um­stand des so­for­ti­gen Rück­flus­ses des Er­trags­zu­schus­ses an die Or­ganträge­rin über die Ge­winn­abführung im Rah­men des Or­gan­schafts­verhält­nis­ses führt auch (ent­ge­gen der über­wie­gen­den Mei­nung im Schrift­tum) nicht zur Rückgängig­ma­chung der ver­deck­ten Ein­lage wie­der rückgängig ge­macht wor­den ist. Denn für eine der­ar­tige Auf­fas­sung fin­det sich im Ge­setz kein An­halt.

Nach dem ein­deu­ti­gen Wort­laut des § 27 Abs. 1 S. 1 KStG sind die nicht in das Nenn­ka­pi­tal ge­leis­te­ten Ein­la­gen auf dem steu­er­li­chen Ein­la­ge­konto aus­zu­wei­sen. Das steu­er­li­che Ein­la­ge­konto er­fasst da­mit zunächst aus­schließlich durch das Ge­sell­schafts­verhält­nis ver­an­lasste Vermögensände­run­gen. Der bei der Or­ganträge­rin zu er­fas­sende Er­trag be­ruht da­ge­gen auf der Ge­winn­abführung i.S.d. § 291 Abs. 1 AktG und da­mit auf der han­dels­recht­li­chen Durchführung des Ge­winn­abführungs­ver­trags. Die Zu­schuss­gewährung und des­sen "Rück­gewähr" sind da­mit ei­genständig zu würdi­gen; eine Rechts­grund­lage für eine "Sal­die­rung" ist nicht er­kenn­bar.

Im Streit­fall hatte sich das steu­er­li­che Ein­la­ge­konto der Or­gan­ge­sell­schaft je­doch auf­grund ei­ner Mehr­abführung i.S.d. § 27 Abs. 6 S. 1 KStG ge­min­dert. § 27 Abs. 6 S. 1 KStG sieht vor, dass Mehr­abführun­gen, wenn sie ihre Ur­sa­che in or­gan­schaft­li­cher Zeit ha­ben, das Ein­la­ge­konto ei­ner Or­gan­ge­sell­schaft min­dern. Mehr- oder Min­der­abführun­gen lie­gen ab VZ 2008 ins­be­son­dere vor, wenn der an den Or­ganträger ab­geführte Ge­winn von dem Steu­er­bi­lanz­ge­winn der Or­gan­ge­sell­schaft ab­weicht. Da­vor hatte der BFH je­doch be­reits zur sog. vor­or­gan­schaft­li­chen Mehr­abführung ent­schie­den, dass der han­dels­bi­lan­zi­elle Jah­resüber­schuss als maßgeb­li­che Ver­gleichsgröße in Be­zug zu set­zen ist zu den Er­geb­nis­sen der Or­gan­ge­sell­schaft gemäß der Steu­er­bi­lanz.

Die Ent­schei­dung darüber, ob von ei­ner (or­gan­schaft­li­chen) Mehr- oder Min­der­abführung aus­zu­ge­hen ist, ist am Grund­an­lie­gen des Ge­setz­ge­bers aus­zu­rich­ten, der mit den Re­ge­lun­gen des § 14 Abs. 4 KStG n.F. die Ein­mal­be­steue­rung der or­gan­schaft­li­chen Erträge beim Or­ganträger si­cher­stel­len wollte. Die­ses An­lie­gen wird trotz Ab­wei­chung zwi­schen ab­geführ­tem Ge­winn und Steu­er­bi­lanz­ge­winn (aus­nahms­weise) nicht berührt, wenn auf­grund der außer­bi­lan­zi­el­len Ver­lust­hin­zu­rech­nung die steu­er­li­che Ein­kom­mens­zu­rech­nung nicht von der han­dels­recht­li­chen Ge­winn­abführung ab­weicht, die Ab­wei­chung zur Han­dels­bi­lanz da­mit le­dig­lich in der Tech­nik der Ein­kom­men­ser­mitt­lung gründet.

Im vor­lie­gen­den Fall la­gen die Vor­aus­set­zun­gen ei­ner or­gan­schaft­li­chen Mehr­abführung i.S.d. § 27 Abs. 6 S. 1 KStG vor. Denn die Or­gan­ge­sell­schaft hatte den von der Or­ganträge­rin er­hal­te­nen Er­trags­zu­schuss in ih­rer Han­dels­bi­lanz als Er­trag ver­bucht. Den han­dels­recht­li­chen Jah­res­ab­schluss hatte sie dann im Wege ei­ner sog. "Über­lei­tungs­rech­nung" den steu­er­recht­li­chen Vor­schrif­ten an­ge­passt.

Link­hin­weis:

  • Der Voll­text der Ent­schei­dung ist auf der Home­page des BFH veröff­ent­licht.
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