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Steuerberatung

Erwerb von Wohnungseigentum: Grunderwerbsteuerrechtliche Bemessungsgrundlage

BFH v. 22.5.2019 - II R 20/17

Er­wirbt nach Be­ginn der Aus­ein­an­der­set­zung ei­ner grund­be­sit­zen­den GbR ein Ge­sell­schaf­ter/Mit­ei­gentümer oder ein Drit­ter alle An­teile an ei­ner be­tei­lig­ten Ge­sell­schaf­ter-GbR, der be­reits Woh­nungs- oder Teil­ei­gen­tum im Rah­men der Aus­ein­an­der­set­zung der grund­be­sit­zen­den GbR zu­ge­wie­sen war, und erhält der Er­wer­ber auf­grund ei­ner geänder­ten oder neuen Aus­ein­an­der­set­zungs- und Tei­lungs­erklärung das der Ge­sell­schaf­ter-GbR zu­ge­wie­sene Woh­nungs- oder Teil­ei­gen­tum, ist grund­er­werb­steu­er­ba­rer Rechts­vor­gang nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG der geänderte oder neue Aus­ein­an­der­set­zungs- und Tei­lungs­ver­trag.

Der Sach­ver­halt:
Der Kläger war Ge­sell­schaf­ter der GbR 1, die Ei­gentüme­rin ei­nes mit einem Mehr­fa­mi­li­en­haus be­bau­ten Grundstücks war. Wei­tere Ge­sell­schaf­ter wa­ren u.a. die GmbH 1 und GmbH 2. Mit no­ta­ri­ell be­ur­kun­de­tem Aus­ein­an­der­set­zungs- und Tei­lungs­ver­trag vom 29.1.2010 setzte sich die GbR 1 zum Zwecke der im An­schluss vor­zu­neh­men­den Bil­dung von Woh­nungs- und Teil­ei­gen­tum der­ge­stalt aus­ein­an­der, dass de­ren ein­zelne Ge­sell­schaf­ter künf­tig die in der Ur­kunde be­zeich­ne­ten Mit­ei­gen­tums­an­teile, je­weils ver­bun­den mit dem Son­der­ei­gen­tum an be­stimm­ten Räumen, er­hal­ten. Da­bei wurde dem Kläger ein Mit­ei­gen­tums­an­teil ver­bun­den mit dem Son­der­ei­gen­tum an ei­ner Woh­nung zu­ge­wie­sen. Der GbR 2, an der die GmbH 1 und die GmbH 2 be­tei­ligt wa­ren, wurde ein Mit­ei­gen­tums­an­teil von 89,81/1 000 ver­bun­den mit dem Son­der­ei­gen­tum an der Ein­heit Nr. 4 (Woh­nungs­ei­gen­tum 4) zu­ge­wie­sen. Der Wert des Ge­samt­grundstücks wurde ver­trag­lich mit knapp 1,5 Mio. € an­ge­ge­ben.

Mit pri­vat­schrift­li­chem Ver­trag vom 4.2.2010 (An­teilsüber­nah­me­ver­trag) er­warb der Kläger - mit Zu­stim­mung al­ler Ge­sell­schaf­ter der grund­be­sit­zen­den GbR 1 - von der GmbH 1 und der GmbH 2 die Ge­sell­schafts­an­teile von 1 000/1 000 an der GbR 2. Das Ent­gelt be­trug nach den An­ga­ben des Klägers ins­ge­samt 181.450 € und setzte sich zu­sam­men aus dem Kauf­preis für den Ge­sell­schafts­an­teil i.H.v. 148.860 € und Bau­kos­ten i.H.v. 32.590 €. Nach dem An­teilsüber­nah­me­ver­trag sollte in ei­ner no­ta­ri­el­len Nach­trags­ur­kunde zum Aus­ein­an­der­set­zungs- und Tei­lungs­ver­trag vom 29.1.2010 ge­re­gelt wer­den, dass der Kläger als Ei­gentümer des Woh­nungs­ei­gen­tums 4 auf dem neuen Teil­ei­gen­tums­grund­buch­blatt ein­ge­tra­gen wird.

Mit no­ta­ri­el­lem Ver­trag vom 03.08.2010 änder­ten die Ge­sell­schaf­ter den vor­her­ge­hen­den Aus­ein­an­der­set­zungs- und Tei­lungs­ver­trag da­hin, dass der Kläger künf­tig einen Mit­ei­gen­tums­an­teil von 90,23/1 000 ver­bun­den mit dem Son­der­ei­gen­tum an der Woh­nung 4 hält. Mit no­ta­ri­el­lem Ver­trag vom 28.12.2010 erklärten die Ge­sell­schaf­ter u.a. er­neut, der Kläger halte künf­tig das Woh­nungs­ei­gen­tum 4. Außer­dem be­wil­lig­ten und be­an­trag­ten sie bezüglich der im Aus­ein­an­der­set­zungs- und Tei­lungs­ver­trag vom 3.8.2010 vor­ge­nom­me­nen Auf­tei­lung des Woh­nungs­ei­gen­tums die ent­spre­chen­den Grund­buch­ein­tra­gun­gen in den für die ein­zel­nen Mit­ei­gen­tums­an­teile noch an­zu­le­gen­den Woh­nungs­grundbüchern.

Das Fi­nanz­amt setzte dar­auf­hin für den Er­werb des Woh­nungs­ei­gen­tums 4 auf­grund des Aus­ein­an­der­set­zungs- und Tei­lungs­ver­trags vom 28.12.2010 Grund­er­werb­steuer nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG i.H.v. 4.579 € fest. Als Be­mes­sungs­grund­lage zog es den auf das Woh­nungs­ei­gen­tum 4 ent­fal­len­den an­tei­li­gen Wert des Ge­samt­grundstücks heran. Am 31.5.2011 wur­den auf der Grund­lage sämt­li­cher Aus­ein­an­der­set­zungs- und Tei­lungs­verträge der Mit­ei­gen­tums­an­teil des Klägers ver­bun­den mit dem Son­der­ei­gen­tum an der Woh­nung 4 im Grund­buch ein­ge­tra­gen. In der Ein­spruchs­ent­schei­dung erhöhte das Fi­nanz­amt die Grund­er­werb­steuer auf 6.350 €. Als Be­mes­sungs­grund­lage zog es nun­mehr die Ge­gen­leis­tung für den Er­werb der An­teile an der GbR 2 i.H.v. ins­ge­samt 181.450 € heran. Der Er­werb al­ler An­teile an der GbR 2 durch den Kläger auf­grund des An­teilsüber­nah­me­ver­trags i.V.m. mit den Aus­ein­an­der­set­zungs- und Tei­lungs­verträgen vom 3.8.2010 und 28.12.2010 un­ter­liege der Grund­er­werb­steuer.

Die Klage, mit der sich der Kläger ge­gen die Her­an­zie­hung der Ge­gen­leis­tung für den Er­werb der An­teile an der GbR 2 als Be­mes­sungs­grund­lage für die Grund­er­werb­steu­er­fest­set­zung ge­wandt hatte, blieb in al­len In­stan­zen er­folg­los.

Gründe:
Das FG hat zu Recht ent­schie­den, dass der Er­werb des Woh­nungs­ei­gen­tums 4 auf­grund des Aus­ein­an­der­set­zungs- und Tei­lungs­ver­trags vom 3.8.2010 nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG der Grund­er­werb­steuer un­ter­liegt und sich die Steuer nach § 8 Abs. 1 GrEStG nach der Ge­gen­leis­tung für den Er­werb der Ge­sell­schafts­an­teile an der GbR 2 be­misst.

Er­wirbt nach dem Be­ginn der Aus­ein­an­der­set­zung ei­ner grund­be­sit­zen­den GbR ein Ge­sell­schaf­ter/Mit­ei­gentümer oder ein Drit­ter alle An­teile an ei­ner be­tei­lig­ten Ge­sell­schaf­ter- GbR, der be­reits Woh­nungs- oder Teil­ei­gen­tum im Rah­men der Aus­ein­an­der­set­zung der grund­be­sit­zen­den GbR zu­ge­wie­sen war, und erhält der Er­wer­ber auf­grund ei­ner geänder­ten oder neuen Aus­ein­an­der­set­zungs- und Tei­lungs­erklärung das der Ge­sell­schaf­ter- GbR zu­ge­wie­sene Woh­nungs- oder Teil­ei­gen­tum, ist grund­er­werb­steu­er­ba­rer Rechts­vor­gang nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG der geänderte oder neue Aus­ein­an­der­set­zungs- und Tei­lungs­ver­trag. Bei einem steu­er­pflich­ti­gen Er­werb von Woh­nungs- oder Teil­ei­gen­tum auf­grund ei­nes geänder­ten oder neuen Aus­ein­an­der­set­zungs- und Tei­lungs­ver­trags, der die Ver­ein­ba­rung über den Er­werb al­ler An­teile an ei­ner Ge­sell­schaf­ter- GbR um­setzt, be­misst sich die Grund­er­werb­steuer gem. § 8 Abs. 1 GrEStG nach dem Wert der Ge­gen­leis­tung für den Er­werb der An­teile.

Die Grund­er­werb­steuer ent­steht mit Ab­schluss des no­ta­ri­ell be­ur­kun­de­ten Aus­ein­an­der­set­zungs- und Tei­lungs­ver­trags (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG i.V.m. § 38 AO). Für die Steu­er­ent­ste­hung ist es ohne Be­lang, dass bei Ver­trags­schluss noch keine Woh­nungs­grundbücher (vgl. § 7 Abs. 1 WEG) an­ge­legt wa­ren. In­fol­ge­des­sen hatte das FG zu­tref­fend ent­schie­den, dass der Er­werb des Woh­nungs­ei­gen­tums der Grund­er­werb­steuer un­ter­liegt und die Ge­gen­leis­tung für den Er­werb der An­teile an der GbR die zu­tref­fende Be­mes­sungs­grund­lage dar­stellt.

Link­hin­weis:

  • Der Voll­text der Ent­schei­dung ist auf der Home­page des BFH veröff­ent­licht.
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