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Kapitalertragsteuereinbehalt von an ausländische Fonds gezahlten Dividenden EU-rechtswidrig

Der BFH be­ur­teilt die von 2004 bis 2017 gel­tende Re­ge­lung zum Ka­pi­tal­er­trag­steu­er­ein­be­halt von Di­vi­den­den, die an einen ausländi­schen In­vest­ment­fonds ge­zahlt wur­den, als EU-rechts­wid­rig. Die Re­ge­lung ver­stoße ge­gen die Ka­pi­tals­ver­kehrs­frei­heit, weil im Ver­gleich dazu inländi­sche Fonds vom Steu­er­ein­be­halt frei­ge­stellt wur­den.

Dies schluss­fol­gert der BFH in sei­nen Ur­tei­len vom 13.03.2024 (Az. I R 1/20 und I R 2/20) aus der Recht­spre­chung des EuGH (Ur­teil vom 27.04.2023, Rs. C-537/20, L Fund). Darin kommt der EuGH zu dem Er­geb­nis, dass die Ka­pi­tal­ver­kehrs­frei­heit ver­letzt wird, wenn ein Spe­zial-Im­mo­bi­li­en­fonds, der in einem an­de­ren EU-Mit­glied­staat ansässig ist, mit sei­nen Im­mo­bi­li­en­einkünf­ten teil­weise körper­schaft­steu­er­pflich­tig ist, während ein Spe­zial-Im­mo­bi­li­en­fonds, der im EU-Mit­glied­staat ansässig ist, in dem er auch die Im­mo­bi­li­en­einkünfte er­zielt, diese Einkünfte steu­er­frei er­zielt (mehr dazu so­wie zum An­schlus­sur­teil des BFH vom 11.10.2023, Az. I R 23/23, le­sen Sie hier).

Ein Ver­stoß ge­gen die Ka­pi­tal­ver­kehrs­frei­heit liege da­mit - so der BFH wei­ter - erst recht vor, wenn ein ausländi­scher Pu­bli­kums­fonds mit inländi­schen Ka­pi­tal­einkünf­ten dem Ka­pi­tal­er­tag­steu­er­ein­be­halt un­ter­lag, während ein inländi­scher Pu­bli­kums­fonds durch § 11 Abs. 1 Satz 2 In­vStG 2004 von der Be­steue­rung frei­ge­stellt wurde.

In den bei­den als Mus­ter­ver­fah­ren geführ­ten Pro­zes­sen ging es um zum einen um einen in Frank­reich ansässi­gen Fonds, der als Zweck­vermögen zu qua­li­fi­zie­ren wäre, wenn er im In­land ansässig wäre, so­wie zum an­de­ren um einen lu­xem­bur­gi­schen Pu­bli­kums­fonds in der Rechts­form ei­ner SI­CAV. Bei­den Fonds sprach der BFH einen An­spruch auf Er­stat­tung der Ka­pi­tal­er­trag­steuer zu, die von inländi­schen Ka­pi­tal­ge­sell­schaf­ten an die Fonds aus­ge­schütte­ten Di­vi­den­den ein­be­hal­ten wur­den. Zu­dem seien diese Er­stat­tungs­an­sprüche aus uni­ons­recht­li­chen Gründen zu ver­zin­sen, wo­bei für Ver­zin­sungs­zeiträume bis 31.12.2018 ein Zins­satz von 6 % p. a. und für Ver­zin­sungs­zeiträume ab 01.01.2019 ein Zins­satz von 1,8 % p. a. her­an­zu­zie­hen ist. Soll­ten al­ler­dings in­folge ei­ner Kla­ge­er­he­bung Pro­zess­zin­sen be­an­sprucht wer­den können, beträgt der Zins­satz auch über den 01.01.2019 hin­aus 6 %.

Da zahl­rei­che ausländi­sche Fonds auf­grund der EU-recht­li­chen Zwei­fel an § 11 Abs. 1 Satz 2 In­vStG 2004 zum Aus­schluss ausländi­scher Fonds von der darin für inländi­sche Fonds vor­ge­se­he­nen Steu­er­frei­stel­lung Steu­er­fest­set­zun­gen mit Rechts­mit­tel of­fen­ge­hal­ten ha­ben, ist mit Er­stat­tungs­an­sprüchen im mitt­le­ren ein­stel­li­gen Mil­li­ar­den­be­reich zu rech­nen, wie Marco Brink­mann in der Zeit­schrift Tax No­tes In­ter­na­tio­nal, Vo­lume 15 vom 02.09.2024, S. 1580 erläutert. Der vollständige Bei­trag kann un­ter www.tax­no­tes.com be­zo­gen wer­den.

Hin­weis: Seit 2018 ist durch um­fas­sende Ände­run­gen des In­vStG die Un­gleich­be­hand­lung von in- und ausländi­schen Fonds be­sei­tigt. Be­zie­hen Fonds Di­vi­den­den deut­scher Ka­pi­tal­ge­sell­schaf­ten, un­ter­lie­gen sie un­ge­ach­tet der Ansässig­keit des Fonds stets der Be­steue­rung mit einem Steu­er­satz von 15 %.

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