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EuGH: Internetdienste wie Gmail sind keine Telekommunikationsdienste

Der EuGH mus­ste sich in ei­ner ak­tu­el­len Ent­schei­dung vom 13.6.2019 (Rs. C-193/18) mit dem Google-Web­mai­ler Gmail aus­ein­an­der­set­zen. Es ging um die Frage, ob ein Un­ter­neh­men, das über das In­ter­net E-Mails oder Nach­rich­ten ver­brei­tet, auch ohne die Er­brin­gung der zu­grunde lie­gen­den In­ter­net­an­bin­dung als Te­le­kom­mu­ni­ka­ti­ons­dienst­leis­ter ein­zu­stu­fen ist.

Dies hätte zur Folge, dass das Un­ter­neh­men da­mit den stren­ge­ren An­for­de­run­gen des Fern­mel­de­ge­heim­nis­ses und der öff­ent­li­chen Si­cher­heit un­ter­liegt.

EuGH: Internetdienste wie Gmail sind keine Telekommunikationsdienste© Thinkstock

Das EuGH-Ur­teil geht auf den Be­scheid der Bun­des­netz­agen­tur von 2012 zurück. Dort wird die Auf­fas­sung ver­tre­ten, dass die Über­tra­gung der Mails von Ser­ver zu Ser­ver eine sog. Si­gnalüber­tra­gung ist, wes­we­gen das Te­le­kom­mu­ni­ka­ti­ons­recht An­wen­dung fin­den würde. Ent­spre­chend hatte 2015 auch das Ver­wal­tungs­ge­richt Köln (Az. 21 K 450/15) ent­schie­den. Das Ober­ver­wal­tungs­ge­richt Müns­ter gab die Frage je­doch an den EuGH wei­ter, der die erst­in­stanz­li­che Auf­fas­sung nicht teilte. Viel­mehr stellte der EuGH nun klar, dass Googles In­ter­net­dienst Gmail kei­nen Kom­mu­ni­ka­ti­ons­dienst im Sinne der eu­ropäischen Te­le­kom­mu­ni­ka­ti­ons­richt­li­nie dar­stellt. So­mit muss Gmail bis zu ei­ner et­wai­gen An­pas­sung des Te­le­kom­mu­ni­ka­ti­ons­rechts oder der Einführung der ePri­vacy-Ver­ord­nung kei­nen zusätz­li­chen Ver­pflich­tun­gen beim Da­ten­schutz oder der öff­ent­li­chen Si­cher­heit nach­kom­men. Ins­be­son­dere muss Gmail auch nicht der Mel­de­pflicht aus § 6 Te­le­kom­mu­ni­ka­ti­ons­ge­setz (TKG) erfüllen, wo­nach sich ge­werb­li­che Be­trei­ber öff­ent­li­cher Te­le­kom­mu­ni­ka­ti­ons­netze bei der BNetzA mel­den müssen.

Hinweis

Die Ent­schei­dung des EuGH ist nicht nur für Google re­le­vant, son­dern hat Aus­wir­kun­gen auf eine Viel­zahl von An­bie­tern in­ter­net­ba­sier­ter Dienste. Auch Mes­sen­ger­dienste wie Whats­app können sich nun auf den EuGH be­ru­fen, wenn deut­sche Behörden die Of­fen­le­gung von Nut­zer­kom­mu­ni­ka­tion ver­lan­gen. Auch für Ar­beit­ge­ber, die ih­ren Mit­ar­bei­tern die pri­vate Nut­zung der ge­schäft­li­chen E-Mail er­lau­ben, ist das Ur­teil eine wich­tige Klar­stel­lung.

Darüber hin­aus ist die Ent­schei­dung für die Di­gi­tal­stra­te­gien der Wirt­schaft von großer Be­deu­tung. Ne­ben klas­si­schen Kom­mu­ni­ka­ti­ons­leis­tun­gen sind auch di­gi­tale An­ge­bote im Be­reich der In­dus­trie 4.0, bei Smar­tHome oder Con­nec­ted Cars be­trof­fen. Das Ur­teil bringt Klar­heit, wann sol­che Dienste den stren­gen Pflich­ten des Fern­mel­de­ge­heim­nis­ses oder der Vor­rats­da­ten­spei­che­rung un­ter­lie­gen.

Erst ver­gan­gene Wo­che hatte der EuGH un­ter An­wen­dung der glei­chen Grundsätze ent­schie­den, dass der Dienst Sky­peout ein Te­le­kom­mu­ni­ka­ti­ons­dienst ist, da Sky­peout An­rufe aus der Skype-An­wen­dung ins nor­male Te­le­fon­netz wei­ter­lei­tet.

Hinweis

Wei­tere In­for­ma­tio­nen zum EuGH-Ur­teil le­sen Sie im WELT-Ar­ti­kel "Gmail, Whats­App und Co. ent­ge­hen deut­scher Re­gu­lie­rung".

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