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Steuerberatung

EuGH hebelt Aufteilungsgebot bei mitvermieteten Betriebsvorrichtungen aus

Nach Auf­fas­sung des EuGH (Ur­teil vom 04.05.2023, Rs. C-516/21, Y/FA X, DStR 2023, S. 1076) hat bei der Ver­mie­tung ei­nes Grundstücks nebst Be­triebs­vor­rich­tun­gen die Ein­heit­lich­keit Vor­rang vor dem Auf­tei­lungs­ge­bot. Der BFH hat nun zu ent­schei­den, ob eine ein­heit­li­che Leis­tung vor­liegt und wel­che Leis­tung die­ser als Haupt­leis­tung das Gepräge gibt.

Worum geht es?

Im Streit­fall wur­den ne­ben einem Stall­gebäude auch die für Pu­ten­auf­zucht er­for­der­li­chen und auf Dauer ein­ge­bau­ten Vor­rich­tun­gen und Ma­schi­nen, dar­un­ter bspw. Vor­rich­tun­gen und Ma­schi­nen wie eine In­dus­trieförder­spi­rale zur Fütte­rung der Pu­ten so­wie ein Hei­zungs‑, Lüftungs- und Be­leuch­tungs­sys­tem ver­pach­tet. Diese Vor­rich­tun­gen und Ma­schi­nen wa­ren spe­zi­ell auf die Nut­zung des Gebäudes als Pu­ten­auf­zucht­stall ab­ge­stimmt.

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Nach den Be­stim­mun­gen des Pacht­ver­trags er­hielt der Ver­mie­ter ein ein­heit­li­ches Ent­gelt für die Über­las­sung des Zucht­stalls so­wie der Vor­rich­tun­gen und Ma­schi­nen. Der Verpächter ging von der Steu­er­frei­heit der Ver­pach­tung aus. Das Fi­nanz­amt ver­trat dem­ge­genüber die Auf­fas­sung, dass die Pacht für die sog. Be­triebs­vor­rich­tun­gen nicht von der Steu­er­be­frei­ung um­fasst sei, und änderte die Steu­er­fest­set­zung ent­spre­chend.

Denn nach bis­her herr­schen­der Auf­fas­sung über­schrieb das Auf­tei­lungs­ge­bot des § 4 Nr. 12 Satz 2 UStG bei mit­ver­pach­te­ten Be­triebs­vor­rich­tun­gen (nicht aber bei Parkplätzen) die für ein­heit­li­che Leis­tun­gen gel­ten­den Grundsätze. Gemäß § 4 Nr. 12 Satz 2 UStG ist u .a. die kurz­fris­tige Ver­mie­tung von Wohn- und Schlafräumen so­wie die Ver­mie­tung und Ver­pach­tung von mit dem Grundstück ver­bun­de­nen Ma­schi­nen (sog. Be­triebs­vor­rich­tun­gen) nicht von der Steu­er­be­frei­ung um­fasst.

Zwei­fel an die­ser Sicht­weise hegte der BFH (Be­schluss vom 26.05.2021, Az. V R 22/20, DStR 2021, S. 2010) und legte da­her dem EuGH die Frage vor, ob nur die iso­lierte Ver­mie­tung von auf Dauer ein­ge­bau­ten Vor­rich­tun­gen und Ma­schi­nen von der Steu­er­pflicht gemäß Art. 135 Abs. 2 Buchst. c MwSt­Sys­tRL um­fasst wird oder ob auch die Ver­mie­tung der­ar­ti­ger Vor­rich­tun­gen und Ma­schi­nen von der Steu­er­pflicht um­fasst ist, die auf­grund ei­ner zwi­schen den­sel­ben Par­teien er­fol­gen­den Gebäude­ver­pach­tung (und als Ne­ben­leis­tung zu die­ser) nach Art. 135 Abs. 1 Buchst. l MwSt­Sys­tRL um­satz­steu­er­frei ist.

Auf Vor­lage des BFH ur­teilte der EuGH mit Ur­teil vom 04.05.2023 (Rs. C-516/21, Y/FA X, DStR 2023, S. 1076) nun, dass das Auf­tei­lungs­ge­bot dann keine An­wen­dung fin­det, wenn fest ein­ge­baute Vor­rich­tun­gen und Ma­schi­nen zu­sam­men mit einem Gebäude ver­mie­tet wer­den und diese als Ne­ben­leis­tung hin­sicht­lich der um­satz­steu­er­li­chen Be­hand­lung das Schick­sal der Haupt­leis­tung, d. h. der Gebäude­ver­mie­tung, tei­len.

Kernaussagen der EuGH-Entscheidung

Im Kern hat der EuGH in sei­nem Ur­teil vom 04.05.2023 die bis­her durch seine Recht­spre­chung auf­ge­stell­ten Grundsätze bestätigt:

  • Bei einem Um­satz, der sich aus ver­schie­de­nen Ein­zel­leis­tun­gen und Hand­lun­gen zu­sam­men­setzt, ist im Rah­men ei­ner Ge­samt­be­trach­tung zu be­stim­men, ob meh­rere ge­trennte Leis­tun­gen vor­lie­gen oder eine ein­heit­li­che Leis­tung.
  • Je­der Um­satz ist in der Re­gel als ei­genständige und selbständige Leis­tung zu be­trach­ten; gleich­wohl darf ein Um­satz, der eine wirt­schaft­lich ein­heit­li­che Leis­tung dar­stellt, nicht künst­lich auf­ge­spal­ten wer­den.
  • Eine ein­heit­li­che Leis­tung liegt vor, wenn alle er­brach­ten Hand­lun­gen aus Sicht des Kun­den so eng mit­ein­an­der ver­bun­den sind, dass sie ob­jek­tiv eine un­trenn­bare wirt­schaft­li­che Leis­tung bil­den, de­ren Auf­spal­tung wirk­lich­keits­fremd wäre.
  • Dies kann ins­be­son­dere bei einem Ge­menge aus (meh­re­ren) Haupt- und Ne­ben­leis­tun­gen der Fall sein, die für den Kun­den kei­nen ei­ge­nen Zweck dar­stel­len, son­dern nur das Mit­tel, um eine Haupt­leis­tung un­ter op­ti­ma­len Be­din­gun­gen in An­spruch zu neh­men.

Ist dann ins­ge­samt eine ein­heit­li­che wirt­schaft­li­che Leis­tung an­zu­neh­men, gilt (da­her) Fol­gen­des:

  • Die Ne­ben­leis­tung teilt mehr­wert­steu­er­lich das Schick­sal der Haupt­leis­tung.
  • Art. 135 Abs. 2 Satz 1 Buchst. c MwSt­Sys­tRL, der die Ver­mie­tung von Be­triebs­vor­rich­tun­gen von der Steu­er­be­frei­ung aus­nimmt, ver­langt da­her nicht die Auf­spal­tung ei­ner ein­heit­li­chen Leis­tung in meh­rere (un­ter­schied­lich zu ver­steu­ernde) Ein­zel­leis­tun­gen und die­ser Norm lässt sich auch kein Auf­tei­lungs­ge­bot ent­neh­men.
  • Hieran ändert auch nichts, dass nach der ständi­gen Recht­spre­chung des EuGH die Be­griffe, mit de­nen Steu­er­be­frei­un­gen um­schrie­ben wer­den, eng aus­zu­le­gen sind.
  • Auch in Fällen der Steu­er­be­frei­ung teilt bei Vor­lie­gen ei­ner wirt­schaft­li­chen ein­heit­li­chen Leis­tung die Ne­ben­leis­tung mehr­wert­steu­er­lich das Schick­sal der Haupt­leis­tung in dem Sinne, dass auch die Ne­ben­leis­tung von der Steu­er­be­frei­ung er­fasst werde.
  • Nach der bis­he­ri­gen Recht­spre­chung des EuGH war Art. 135 Abs. 1 Buchst. l MwSt­Sys­tRL da­hin aus­zu­le­gen, dass ein Pacht­ver­trag, der eine Im­mo­bi­lie, die einem Ge­schäfts­be­trieb dient, so­wie für die­sen Be­trieb er­for­der­li­che Sach­an­la­gen und In­ven­tar­ge­genstände zum Ge­gen­stand hat, eine ein­heit­li­che Leis­tung dar­stellt, bei der die Ver­pach­tung der Im­mo­bi­lie die Haupt­leis­tung war.

Ob im kon­kre­ten Fall die Mit­ver­mie­tung der Be­triebs­vor­rich­tun­gen von der Steu­er­be­frei­ung um­fasst sei, hat der EuGH nicht ent­schie­den, diese Überprüfung ob­liegt dem BFH. Gleich­wohl scheint die An­nahme ei­ner ein­heit­li­chen Leis­tung laut EuGH na­he­zu­lie­gen.

Zu­dem ob­liegt es dem vor­le­gen­den Ge­richt zu überprüfen, ob es sich in dem Ur­teils­fall tatsäch­lich um ein Haupt- und Ne­ben­leis­tungs­gefüge han­delt.

Was bedeutet das für Sie in der Praxis?

Grundsätz­lich muss die An­schluss­ent­schei­dung des BFH ab­ge­war­tet wer­den. Gleich­wohl gibt der EuGH in sei­ner Ent­schei­dung eine Rich­tung vor. In­so­fern ist da­von aus­zu­ge­hen, dass künf­tig das Auf­tei­lungs­ge­bot nicht mehr die Grundsätze der Ein­heit­lich­keit der Leis­tung über­schrei­ben wird. Ne­ben der Be­hand­lung der Mit­ver­mie­tung von Be­triebs­vor­rich­tun­gen kann die Recht­spre­chung Aus­strahl­wir­kung auf wei­tere Leis­tun­gen ha­ben. So ist frag­lich, ob das ge­setz­lich nor­mierte Auf­tei­lungs­ge­bot im Be­reich der Ho­tel­leis­tun­gen dann wei­ter­hin Be­stand ha­ben wird. Be­trof­fen sein könnte auch die Ver­wal­tungs­an­wei­sung in Ab­schn. 4.12.11 Abs. 2 UStAE, wo­nach bei der Über­las­sung ei­ner ge­sam­ten Sport­an­lage zwar die Grundstücksüber­las­sung um­satz­steu­er­frei, die Ver­mie­tung der Be­triebs­vor­rich­tun­gen je­doch um­satz­steu­er­pflich­tig er­fol­gen soll.

Im Be­reich der ge­werb­li­chen Ver­mie­tung dürfte die Aus­strahl­wir­kung über­schau­bar sein, da übli­cher­weise bei der Ver­mie­tung an zum Vor­steu­er­ab­zug be­rech­tigte Un­ter­neh­mer an­ders als im Ent­schei­dungs­fall hin­sicht­lich der Gebäude­ver­mie­tung zur Um­satz­steu­er­pflicht op­tiert wird.

Ist die Haupt­leis­tung steu­er­frei, könn­ten § 15a UStG-Kor­rek­tur­ver­pflich­tun­gen aus der An­wen­dung der Recht­spre­chungs­grundsätze des EuGH re­sul­tie­ren. Zu­dem können aber auch Im­mo­bi­li­en­trans­ak­tio­nen be­trof­fen sein, bei de­nen nach der­zei­ti­ger Les­art die Steu­er­schuld­um­kehr nach § 13b UStG nur die Grundstücks­lie­fe­rung, nicht aber die Lie­fe­rung von be­weg­li­chen Ge­genständen und Be­triebs­vor­rich­tun­gen um­fasst.

So­bald die Fol­ge­ent­schei­dung des BFH vor­liegt, wäre eine zügige Überprüfung und An­pas­sung durch die Fi­nanz­ver­wal­tung wünschens­wert, um mögli­che Ri­si­ken des leis­ten­den Un­ter­neh­mers nach § 14c UStG ei­ner­seits und das Ri­siko der Vor­steu­er­ver­sa­gung auf Sei­ten des Leis­tungs­empfängers an­de­rer­seits zu mi­ni­mie­ren. Eine großzügige Überg­angs­frist des BMF wäre wünschens­wert.

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