In beiden Verfahren ging es um den Vertrieb von Guthabenkarten und Gutscheincodes über einen deutschen Onlineshop. Für die Guthabenkarten oder Gutscheincodes, die zum Download von digitalen Inhalten in einem deutschen Benutzerkonto berechtigten, wurden strikte Länderkennungen hinterlegt, die nur eine Aktivierung in Konten des jeweiligen Landes ermöglichten.
Zur der vor dem 01.01.2019 geltenden Rechtslage befand der BFH, dass es sich um die Übertragung eines auf eine bestimmte Leistung ausgerichteten Warengutscheins handelte, so dass für die Übertragung dieser Gutscheine Anzahlungsgrundsätze zur Anwendung kamen. Der Ort der Leistung stand fest, da aufgrund der Länderkennung nur eine Übertragung an im Inland ansässige Endverbraucher in Betracht kam. Unter Anwendung der Anzahlungsgrundsätze entstand demnach die Umsatzsteuer mit der Vereinnahmung des Entgelts für die Ausgabe der Gutscheine.
In dem Verfahren zur nach dem 31.12.2018 geltenden Rechtslage war eine Beurteilung für den BFH hingegen nicht möglich, so dass er sich hinsichtlich der Beurteilung der Übertragung von Guthabenkarten oder Download-Codes durch eine Leistungskette und deren Einstufung als Einzweckgutschein mit zwei Vorlagefragen an den EuGH wendet.
Nach der aktuellen gültigen Rechtslage liegt dann ein Einzweckgutschein vor, wenn der Ort der Leistung, auf die sich der Gutschein bezieht, und die geschuldete Steuer im Zeitpunkt der Ausgabe des Gutscheins feststehen. Sofern diese Parameter an der tatsächlich zu erbringenden Leistung (elektronische Dienstleistung an in Deutschland ansässige Endverbraucher) zu bestimmen sind, wäre ein Einzweckgutschein anzunehmen, sofern jedoch auch die jeweils vorgelagerte Handelsstufe zu beachten ist, kann der Leistungsort aufgrund möglicherweise in der Leistungskette enthaltenen nicht im Inland ansässigen Zwischenhändlern nicht eindeutig bestimmt werden, mit der Folge, dass kein Einzweckgutschein vorläge.
Sollte der EuGH zu dem Ergebnis kommen, dass es sich um einen Mehrzweckgutschein handelt, möchte der BFH im Rahmen der zweiten Vorlagefrage wissen, ob dann Umsatzsteuer tatsächlich nur bei Ausführung der Leistung an den Endverbraucher entsteht und § 3 Abs. 15 Satz 2 letzter Halbsatz UStG, wonach bei Mehrzweckgutscheinen alle vorhergegangenen Übertragungen des Gutscheins nicht der Mehrwertsteuer unterliegen, einer Umsatzversteuerung auf Vorstufen entgegensteht.
Hinweis: Sollte der EuGH bei der ersten Vorlagefrage von einem Einzweckgutschein ausgehen, weist der BFH auf einen weiteren interessanten Aspekt hin. In einem solchen Fall wäre nämlich ggf. jede vorherige Übertragung des Gutscheins eine im Inland steuerbare und steuerpflichtige Leistung (§ 3 Abs. 14 Satz 2 UStG) und zwar unabhängig davon, ob der jeweilige Leistungsempfänger im Inland oder Ausland ansässig ist.