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Steuerberatung

Fallstricke bei der Umsetzung der umsatzsteuerlichen Quick Fixes in Unternehmen

Das Mehr­wert­steu­er­sys­tem soll EU-weit re­for­miert, ein­fa­cher und we­ni­ger miss­brauchs­anfällig wer­den. Dazu wur­den in einem ers­ten Schritt die sog. Quick Fi­xes be­schlos­sen, die nun­mehr seit Jah­res­be­ginn gel­ten.

Un­ter­neh­men soll­ten sich dar­auf ein­stel­len, die be­triebs­in­ter­nen Pro­zesse durch­leuch­ten und an die Neu­re­ge­lun­gen an­pas­sen. Wo kon­kret Fall­stri­cke lie­gen und Hand­lungs­be­darf be­steht, darüber spre­chen wir mit Alex­an­der Mi­che­lutti, Steu­er­be­ra­ter und Part­ner bei Eb­ner Stolz und Lei­ter des Kom­pe­tenz­zen­trums Um­satz­steuer.

Alexander Michelutti: Fallstricke bei der Umsetzung der umsatzsteuerlichen Quick Fixes in Unternehmen

Herr Mi­che­lutti, in wel­chen Be­rei­chen ha­ben sich durch die Quick Fi­xes Ände­run­gen er­ge­ben?

Im Kern sind fol­gende Be­rei­che an­ge­passt wor­den: Die Vor­aus­set­zun­gen der Steu­er­be­frei­ung von in­ner­ge­mein­schaft­li­chen Lie­fe­run­gen, die Zu­ord­nung der sog. be­weg­ten Lie­fe­rung im Rei­hen­ge­schäft und für Kon­si­gna­ti­ons­la­ger wur­den die Re­ge­lun­gen EU-weit ver­ein­heit­licht.

Be­gin­nen wir bei der in­ner­ge­mein­schaft­li­chen Lie­fe­rung. Wel­che Vor­aus­set­zun­gen müssen nun seit dem 1.1.2020 für de­ren Steu­er­frei­heit vor­lie­gen?

Ma­te­ri­elle Vor­aus­set­zung für de­ren Steu­er­frei­heit sind das Vor­lie­gen und Ver­wen­den ei­ner Um­satz­steuer-Iden­ti­fi­ka­ti­ons­num­mer des Er­wer­bers und die Ab­gabe ei­ner Zu­sam­men­fas­sen­den Mel­dung. Da­mit die Steu­er­frei­heit er­langt wer­den kann, muss also der Er­wer­ber in einem an­de­ren Mit­glied­staat als dem Ab­gangs­land zum Lie­fer­zeit­punkt um­satz­steu­er­lich re­gis­triert sein und ge­genüber dem Lie­fe­rer seine gültige Um­satz­steuer-Iden­ti­fi­ka­ti­ons­num­mer des an­de­ren EU-Mit­glied­staa­tes ver­wen­den. Darüber hin­aus muss natürlich wie bis­her der Grenzüber­tritt der Ware nach­ge­wie­sen wer­den.

Wie be­wer­ten Sie diese Neu­re­ge­lung?

Für Un­ter­neh­men be­deu­tet dies eine deut­li­che Ver­schärfung, da die Um­satz­steuer-Iden­ti­fi­ka­ti­ons­num­mer des Er­wer­bers eine noch zen­tra­lere Rolle für die Steu­er­frei­heit ein­nimmt als bis­her. Und auch die Ab­gabe ei­ner kor­rek­ten Zu­sam­men­fas­sen­den Mel­dung hat mehr denn je frist­ge­recht zu er­fol­gen. Denn noch­mals: Durch die neuen Vor­schrif­ten wur­den bis­her le­dig­lich ver­fah­rens­recht­li­che Pflich­ten zu ma­te­ri­ell-recht­li­chen Vor­aus­set­zun­gen der Steu­er­frei­heit.

Was be­deu­tet dies für die Pra­xis?

Es sollte un­be­dingt der Pro­zess zur Do­ku­men­ta­tion der Ver­wen­dung ei­ner gülti­gen Um­satz­steuer-Iden­ti­fi­ka­ti­ons­num­mer durch den Ab­neh­mer vor Lie­fer­be­ginn überprüft wer­den. Hierfür müss­ten ggf. die Auf­trags­bestäti­gun­gen an­ge­passt oder ent­spre­chende Ein­zel­ver­ein­ba­run­gen mit Kun­den ab­ge­schlos­sen wer­den.

Vor al­lem stel­len sich auch wei­tere Fra­gen, wie z. B.:

  • Wer­den die Um­satz­steuer-Iden­ti­fi­ka­ti­ons­num­mern (am bes­ten ste­tig) auf de­ren Gültig­keit beim Bun­des­zen­tral­amt für Steu­ern geprüft?
  • Wer­den die Zu­sam­men­fas­sen­den Mel­dun­gen vollständig und frist­ge­recht an das Bun­des­zen­tral­amt für Steu­ern ge­mel­det?
  • Wer­den die Um­satz­steu­er­vor­an­mel­dun­gen mit den Zu­sam­men­fas­sen­den Mel­dun­gen ver­probt?

Sie spra­chen da­von, dass sich die Zu­ord­nung der be­weg­ten Lie­fe­rung im Rei­hen­ge­schäft ändert.

Das ist kor­rekt - end­lich! Über Jahre hin­weg wurde hier nun­mehr eine ge­setz­li­che Re­ge­lung ge­fun­den, die in vie­len Punk­ten EU-weit gilt. Bei Rei­hen­ge­schäften kommt es für die Zu­ord­nung des Leis­tungs­or­tes und auch für die Um­satz­steu­er­frei­heit dar­auf an, wel­chem Lie­fer­ge­schäft die Wa­ren­be­we­gung zu­ge­ord­net wird. Das ist bis­her EU-weit un­ter­schied­lich ge­re­gelt. Da­her ist die jet­zige Re­ge­lung grundsätz­lich sehr zu begrüßen.

Es kommt maßgeb­lich dar­auf an, wer den Trans­port der Lie­fe­rung ver­an­lasst:

  • Befördert der er­ste Lie­fe­rant in der Reihe, ist die er­ste Lie­fe­rung die be­wegte Lie­fe­rung.
  • Befördert der letzte Ab­neh­mer, stellt die Lie­fe­rung an ihn die be­wegte Lie­fe­rung dar.

Bei­des ist nun auch im Rah­men der Neu­re­ge­lung ge­setz­lich ge­nau so ge­re­gelt wor­den.

Fall­stri­cke konn­ten sich bis­her ins­be­son­dere bei Trans­port­ver­an­las­sun­gen durch den so­ge­nann­ten Zwi­schenhänd­ler er­ge­ben. In Deutsch­land hat­ten wir hier vor al­lem mit ei­ner un­kla­ren und di­ver­gie­ren­den Rechts­lage zu kämp­fen. Das ist mit der Neu­re­ge­lung so­wohl für Dritt­lands- als auch für EU-Fälle ge­re­gelt wor­den.

Aber auch im Rah­men der neuen Re­ge­lun­gen sind wei­ter­hin Ab­holfälle für den ers­ten Lie­fe­ran­ten kri­ti­sch, weil bei ei­ner Be­auf­tra­gung durch eine an­dere Per­son der er­ste Lie­fe­rant nicht si­cher sein kann, ob er in ein Rei­hen­ge­schäft in­vol­viert ist oder nicht. Zu­dem macht es für ihn bei einem Rei­hen­ge­schäft einen Un­ter­schied, ob der er­ste oder der letzte Ab­neh­mer den Trans­port ver­an­lasst. Hier sollte der er­ste Lie­fe­rant un­be­dingt prüfen, ob sein Ab­neh­mer oder eine an­dere Par­tei den Spe­di­teur be­auf­tragt hat.

Last but not least: Wie sieht es mit den be­sag­ten Ver­ein­fa­chun­gen für Kon­si­gna­ti­ons­la­ger aus?

Un­ter be­stimm­ten Vor­aus­set­zun­gen liegt bei Lie­fe­run­gen in ein Kon­si­gna­ti­ons­la­ger eine di­rekte in­ner­ge­mein­schaft­li­che Lie­fe­rung an den Kun­den ohne ein vor­ge­schal­te­tes in­ner­ge­mein­schaft­li­ches Ver­brin­gen vor. Dazu muss der Nach­weis über die überführ­ten Ge­genstände in ein Kon­si­gna­ti­ons­la­ger er­bracht und die Iden­tität des späte­ren Er­wer­bers gewähr­leis­tet sein. Zu­dem gilt diese Re­ge­lung nur für das Ver­brin­gen in­ner­halb von zwölf Mo­na­ten. Der Vor­teil: es muss keine um­satz­steu­er­li­che Re­gis­trie­rung des Lie­fe­ran­ten im Be­stim­mungs­staat er­fol­gen. Der Lie­fe­rant ist le­dig­lich ver­pflich­tet, die Um­satz­steuer-Iden­ti­fi­ka­ti­ons­num­mer sei­nes Ab­neh­mers in der Zu­sam­men­fas­sen­den Mel­dung ab­zu­ge­ben. Hier gibt es je­doch lei­der noch viele un­geklärte Fra­ge­stel­lun­gen aus der Pra­xis, die aus mei­ner Sicht zwin­gend eine ge­setz­li­che Klar­stel­lung er­for­dern. Zu­min­dest sollte zeit­nah eine Ver­wal­tungs­auf­fas­sung zu den drängends­ten Fra­gen er­ge­hen.

Und lei­der ha­ben wir auch auf­grund der jünge­ren BFH-Recht­spre­chung einen ge­setz­li­chen An­pas­sungs­be­darf bei Kon­si­gna­ti­ons­la­gern im In­land. Hier gab es lei­der keine Ant­wor­ten in der nun­mehr nur für grenzüber­schrei­tende Sach­ver­halte gel­ten­den neuen Re­ge­lung.

In je­dem Fall muss die bis­he­rige um­satz­steu­er­li­che Be­hand­lung in den Un­ter­neh­men mit den nun­mehr gel­ten­den ak­tu­el­len Rechtsände­run­gen ab­ge­gli­chen wer­den. Soll­ten Man­dan­ten Fra­gen zu den zwi­schen­zeit­lich doch kom­ple­xen Re­ge­lun­gen für inländi­sche und ausländi­sche Kon­si­gna­ti­ons­la­ger ha­ben, ste­hen wir selbst­verständ­lich gerne zur Verfügung.

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