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Fehlt es der Wortmarke "Oui" an Unterscheidungskraft?

BGH 31.5.2016, I ZB 39/15

Der an­prei­sende Sinn ei­ner Be­zeich­nung schließt de­ren Eig­nung, als Her­kunfts­hin­weis zu wir­ken, nur dann aus, wenn der Ver­kehr die Be­zeich­nung aus­schließlich als werb­li­che An­prei­sung ver­steht. Auf Bei­spiele, in de­nen das Mar­ken­wort (hier: "OUI") nicht in Al­lein­stel­lung, son­dern stets im Zu­sam­men­hang mit an­de­ren Worten be­nutzt wird, aus de­nen sich seine werb­li­che Be­deu­tung er­schließt (hier: Be­zug­nahme auf Frank­reich oder französi­sche Pro­dukte, "sa­gen sie oui zu"), kann die An­nahme ei­ner all­ge­mei­nen Wer­be­aus­sage des Mar­ken­wor­tes ohne jeg­li­che Un­ter­schei­dungs­kraft nicht gestützt wer­den.

Der Sach­ver­halt:
Für die Mar­ken­in­ha­be­rin ist seit Fe­bruar 2012 die Wort­marke Nr. 30 2012 000 861 "OUI" für Wa­ren der Klasse 14 (u.a. Edel­me­talle und de­ren Le­gie­run­gen so­wie dar­aus her­ge­stellte Wa­ren; Ju­we­lier­wa­ren, Schmuck­wa­ren, Edel­steine; Uh­ren) und der Klasse 25 (u.a. Be­klei­dungsstücke, Sei­dentücher, Gürtel, Schuh­wa­ren, Kopf­be­de­ckun­gen) ein­ge­tra­gen. Die An­trag­stel­le­rin be­an­tragte beim Deut­schen Pa­tent- und Mar­ken­amt (DPMA) die Löschung der Marke und machte gel­tend, die Marke sei nicht un­ter­schei­dungskräftig und frei­hal­te­bedürf­tig. Die Mar­ken­in­ha­be­rin hat dem Löschungs­an­trag wi­der­spro­chen.

Das DPMA ord­nete die Löschung der Marke für die Wa­ren der Klasse 14 an und wies den Löschungs­an­trag i.Ü. zurück. Auf die Be­schwerde der An­trag­stel­le­rin ord­nete das BPatG die Löschung der Marke auch im Hin­blick auf die Wa­ren der Klasse 25 an. Auf die Rechts­be­schwerde der Mar­ken­in­ha­be­rin hob der BGH den Be­schluss des BPatG auf und ver­wies die Sa­che zur an­der­wei­ti­gen Ver­hand­lung und Ent­schei­dung dort­hin zurück.

Die Gründe:
Die Be­ur­tei­lung des BPatG, die Marke "OUI" sei für die ein­ge­tra­ge­nen Wa­ren nicht un­ter­schei­dungskräftig, hält der recht­li­chen Nachprüfung nicht stand. Das BPatG hat zu hohe An­for­de­run­gen an das Vor­lie­gen von Un­ter­schei­dungs­kraft ge­stellt. Der durch die Be­zeich­nung von Be­klei­dungsstücken an­ge­spro­chene nor­mal in­for­mierte, an­ge­mes­sen auf­merk­same und verständige inländi­sche Durch­schnitts­ver­brau­cher wird die Be­zeich­nung "OUI", an­ders als das BPatG meint, nicht stets nur als Wer­be­aus­sage ohne Un­ter­schei­dungs­kraft ver­ste­hen.

Die Rechts­be­schwerde wen­det sich mit Er­folg ge­gen die An­nahme des BPatG, der durch die Be­zeich­nung von Be­klei­dungsstücken an­ge­spro­chene Durch­schnitts­ver­brau­cher werde die Be­zeich­nung "OUI" stets nur als Wer­bung und nicht auch als Un­ter­schei­dungs­mit­tel ver­ste­hen. Eine aus­schließlich an­prei­sende Be­deu­tung folgt nicht be­reits dar­aus, dass dem Wort "ja" bei ei­ner Ver­wen­dung für die in Rede ste­hen­den Wa­ren für sich ge­nom­men der Aus­druck beifälli­gen Wohl­wol­lens zu­kommt. Der an­prei­sende Sinn ei­ner Be­zeich­nung schließt de­ren Eig­nung, als Her­kunfts­hin­weis zu wir­ken, nicht aus. Er­for­der­lich ist viel­mehr die Fest­stel­lung, dass der Ver­kehr die Be­zeich­nung aus­schließlich als werb­li­che An­prei­sung ver­steht. Dafür ist vor­lie­gend vom BPatG nichts kon­kret fest­ge­stellt und auch sonst nichts er­sicht­lich.

So­weit das BPatG seine Würdi­gung auf die im Ver­fah­ren ein­ge­reich­ten Ver­wen­dungs­bei­spiele für Be­klei­dung stützt ("sa­gen Sie oui zum pa­ree mit die­ser Ei­fel-Turm-Kra­watte" so­wie "Ich sage Oui zu der Bas­kenmütze von T."), kann dies die An­nahme nicht begründen, das Mar­ken­wort verfüge aus­schließlich über eine Eig­nung, als Wer­be­aus­sage Ver­wen­dung zu fin­den. Die Rechts­be­schwerde macht zu­tref­fend gel­tend, in den vom BPatG an­geführ­ten Ver­wen­dungs­bei­spie­len werde das Wort "oui" we­der in Al­lein­stel­lung noch im Sinne ei­ner wer­ben­den An­prei­sung ver­wen­det, son­dern le­dig­lich als Über­set­zung des deut­schen Wor­tes "ja".

Es ist auch nicht er­sicht­lich, dass der inländi­sche Ver­kehr all­ge­mein an eine aus­schließlich werb­li­che Ver­wen­dung des Mar­ken­worts gewöhnt ist. Das DPMA hat eine sol­che Ver­kehrs­gewöhnung nicht fest­stel­len können. Es ist da­von aus­ge­gan­gen, dass der Be­griff "oui" in den von der An­trag­stel­le­rin vor­ge­leg­ten Bei­spie­len im­mer im Kon­text mit an­de­ren Worten ver­wen­det wird, aus de­nen sich seine Be­deu­tung er­schließt. In den Ver­wen­dungs­bei­spie­len werde stets der Be­zug zu Frank­reich oder Mo­naco oder zu französi­schen Pro­duk­ten her­ge­stellt. Kei­nes der an­geführ­ten Bei­spiele be­treffe das Wort "OUI" in Al­lein­stel­lung. Zu­dem werde "OUI" in kei­nem Bei­spiel im Sinne ei­ner all­ge­mei­nen werb­li­chen An­prei­sung ver­stan­den. Diese Fest­stel­lun­gen des DPMA ste­hen mit der Le­bens-er­fah­rung im Ein­klang. Umstände, die eine ab­wei­chende Be­ur­tei­lung recht­fer­ti­gen könn­ten, hat das BPatG nicht fest­ge­stellt.

Link­hin­weis:

  • Der Voll­text der Ent­schei­dung ist auf den Web­sei­ten des BGH veröff­ent­licht.
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