Adressaten der Festlegungen sind Unternehmen nach § 6b Abs. 1 EnWG, die dem Zuständigkeitsbereich der BNetzA unterliegen. Das ist der Fall, wenn über das jeweilige Bundesland hinausgehend ein Versorgungsgebiet vorliegt und/oder mindestens 100.000 Kunden mittelbar oder unmittelbar an das Netz angeschlossen sind sowie die Fälle der Organleihe für den Zuständigkeitsbereich einzelner Bundesländer. Im Hinblick auf die Organleihen wurden gleichlautende Festlegungen mit abweichenden Aktenzeichen getroffen.
Hinweis: Für Baden-Württemberg gelten zudem die Prüfungsschwerpunkt-Vorgaben vom 2.6.2015 für bestimmte Unternehmen im Anwendungsbereich der Landesregulierungsbehörde (LRegbBW). Weitere Bundesländer haben (i.d.R.) gleichlautende Festlegungen zu den Prüfungsschwerpunkten getroffen - allerdings mit unterschiedlichen Anwendungszeitpunkten.
Verpflichtete Unternehmen nach den Festlegungen Strom und Gas sind nach § 6b Abs. 1 EnWG:
- rechtlich selbstständige Netzbetreiber;
- verbundene, vertikal integrierte Energieversorgungsunternehmen, die Tätigkeiten der Elektrizitätsverteilung und/oder -übertragung bzw. Gasverteilung und/oder -fernleitung ausüben;
- Unternehmen, welche energiespezifische Dienstleistungen gegenüber dem Tätigkeitsbereich Elektrizitätsübertragung, -verteilung, Gasverteilung und -fernleitung eines anderen Unternehmens erbringen;
- Unternehmen, welche energiespezifische Dienstleistungen gegenüber dem Tätigkeitsbereich Elektrizitätsübertragung, -verteilung, Gasverteilung und -fernleitung eines Unternehmens des vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmens erbringen.
Hinweis: Geschlossene Verteilnetzbetreiber i. S. d. § 110 EnWG sind von der Festlegung nicht betroffen.
Unter energiespezifische Dienstleistungen fallen sowohl unmittelbare als auch mittelbare Dienstleistungen. Unmittelbare energiespezifische Dienstleistungen stellen kommerzielle, technische oder wartungsbezogene Aufgaben dar.
Gegen diese BNetzA-Festlegungen wurden Beschwerden beim OLG Düsseldorf eingereicht. Das OLG Düsseldorf hat mit mehreren Beschlüssen die angefochtenen Vorgaben in den Festlegungen Strom und Gas der BNetzA bestätigt.
Das OLG Düsseldorf kam insbesondere zu dem Schluss, dass die in der jeweiligen Tz. 4 der Festlegungen angeordnete Verpflichtung, die Jahresabschlussprüfung um die Prüfung entsprechender Angaben und Erläuterungen nach den Tenorziffern 4.1 bis 4.6 zu erweitern, von der Ermächtigungsgrundlage in § 6b Abs. 6 i. V. m. § 29 Abs. 1 EnWG umfasst sei. Insbesondere bewegen sich die den Unternehmen dort auferlegten Pflichten im Rahmen der Zweckbestimmung des § 6b EnWG und sind rein tatsächlich durchführbar. Nach den Beschlüssen umfasst die Ermächtigung der BNetzA auch den Erlass zusätzlicher Bestimmungen, die den Prüfungsgegenstand einer Jahresabschlussprüfung betreffen, wie Aspekte der Rechnungslegung nach § 6b Abs. 3 EnWG.
Die IDW Stellungnahme zur Rechnungslegung: Rechnungslegung nach § 6b EnWG wurde an die Beschlüsse des OLG Düsseldorf angepasst. Insbes. wurde Tz. 28 zur Zuordnung von energiespezifischen Dienstleistungen auf die verschiedenen Tätigkeitsbereiche bzw. Tätigkeiten überarbeitet und klargestellt, dass energiespezifische Dienstleistungen, die ein nach § 6b Abs. 1 Satz 1 EnWG verpflichtetes Unternehmen gegenüber dem Tätigkeitsbereich Elektrizitätsübertragung bzw. Elektrizitätsverteilung nach § 6b Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 und 2 EnWG eines verbundenen, vertikal integrierten Unternehmens erbringt, auch beim Erbringer der energiespezifischen Dienstleistung dem jeweiligen Tätigkeitsbereich (Elektrizitätsübertragung bzw. Elektrizitätsverteilung) zuzuordnen sind. Entsprechendes gilt für energiespezifische Dienstleistungen, die gegenüber dem Tätigkeitsbereich Gasfernleitung bzw. Gasverteilung nach § 6b Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 und 4 EnWG erbracht werden.
Der in 2021 verabschiedete IDW Prüfungsstandard: Gesonderte Prüfung aufgrund der Festlegungen der BNetzA nach § 6b Abs. 6 i. V. m. § 29 EnWG berücksichtigt ebenfalls die genannten Beschlüsse des OLG Düsseldorf.
Nachstehende Änderungen ergaben sich gegenüber dem Entwurf des IDW Prüfungsstandards (IDW EPS 611):
- Handelt es sich nicht um Unternehmen im Sinne von § 6b Abs. 1 EnWG, unterliegt dieses nicht den Festlegungen.
- Mit der gesonderten Prüfung der zusätzlichen Angaben und Erläuterungspflichten darf nur der Abschlussprüfer beauftragt werden, der auch den zugrunde liegenden Jahresabschluss geprüft hat. Für die Beauftragung zur Erweiterung der Abschlussprüfung ist das demnach das Gesellschaftsorgan zuständig (z. B. Aufsichtsrat, Geschäftsführung), das auch für die Erteilung des Prüfungsauftrags zur Jahresabschlussprüfung zuständig ist. D.h., sofern der Aufsichtsrat für die Beauftragung der Jahresabschlussprüfung zuständig ist, ist auch die gesonderte Prüfung vom Aufsichtsrat zu beauftragen.
- Nach IDW RS ÖFA 2, Tz. 46 kann bei der erstmaligen Aufstellung von Tätigkeitsabschlüssen nach dem EnWG von der Angabe der Vorjahreszahlen abgesehen werden, dennoch werden in diesen Fällen Eröffnungsbilanzwerte benötigt. Daher werden weiterhin Anlagengitter und Rückstellungsspiegel aufgestellt werden müssen.
Nach Tz. 4.1 der Festlegungen wird eine Übersicht von verbundenen vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmen, die gegenüber dem jeweiligen Tätigkeitsbereich Dienstleistungen erbringen und/oder Netzinfrastruktur überlassen gefordert. Diese Anforderung muss aus Sicht des EFA nicht von rechtlich selbstständigen Netzbetreibern erfüllt werden, die nicht mit einem vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmen verbunden sind.
Der Energiefachausschuss des IDW (EFA) hat mit Vertretern des Bundesverbands der Energie- und Wasserwirtschaft e.V., Berlin (BDEW) und der BNetzA die Frage erörtert, ob ein Unternehmen, welches weder ein vertikal integriertes Energieversorgungsunternehmen ist, noch zu einer Gruppe von Elektrizitäts- oder Gasunternehmen i. S. d. § 3 Nr. 38 EnWG verbunden ist, sondern lediglich ein Elektrizitäts- oder Gasnetz verpachtet (sog. Stand-alone-Verpächter) in den Anwendungsbereich des § 6b EnWG fällt. Der EFA ist der Auffassung, dass solche Stand-alone-Verpächter weder in den Anwendungsbereich von § 6b EnWG noch in den Anwendungsbereich der BNetzA fallen.
Hinweis: Es ist eine komplette Neufassung des IDW RS ÖFA 2 vorgesehen. Insbesondere soll die Änderung des EnWG durch das Gesetz zur Umsetzung unionsrechtlicher Vorgaben und zur Regelung reiner Wasserstoffnetze im Energiewirtschaftsrecht (§ 28k EnWG) und zur buchhalterischen Entflechtung des modernen und intelligenten Messstellenbetrieb nach § 3 Abs. 4 MsbG aufgenommen werden.