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Festsetzung des antizyklischen Kapitalpuffers und eines Systemrisikopuffers für den Wohnimmobiliensektor

Die Ba­Fin hat An­fang 2022 mit­tels zweier All­ge­mein­verfügun­gen Vor­sorge ge­trof­fen, um die Wi­der­standsfähig­keit des Ban­ken­sys­tems zu erhöhen.

Zu die­sem Zweck hat sie

  • einen an­ti­zy­kli­schen Ka­pi­tal­puf­fer von 0,75 % der ri­si­ko­ge­wich­te­ten Ak­tiva auf inländi­sche Ri­si­ko­po­si­tio­nen und
  • einen sek­to­ra­len Sys­tem­ri­si­ko­puf­fer von 2,0 % der ri­si­ko­ge­wich­te­ten Ak­tiva auf mit Wohn­im­mo­bi­lien be­si­cherte Kre­dite

fest­ge­setzt. Die Höhe der Quote hatte die Ba­Fin aus dem Wohn­im­mo­bi­li­en­stress­test der Deut­schen Bun­des­bank über­nom­men und bei ih­rer Fest­set­zungs­ent­schei­dung auch die Ana­ly­sen des Aus­schus­ses für Fi­nanz­sta­bi­lität (AFS) und des Eu­ro­pean Sys­te­mic Risk Boards (ESRB) mit­berück­sich­tigt.

Hin­weis: Die Ba­Fin hat den Ban­ken eine Überg­angs­frist ein­geräumt, so dass die zusätz­li­chen Ka­pi­tal­an­for­de­run­gen erst zum 1.2.2023 vollständig erfüllt wer­den müssen. Da­mit wird den Ban­ken Zeit gewährt, eine aus­rei­chende Un­ter­le­gung der neuen Ka­pi­tal­an­for­de­run­gen si­cher­zu­stel­len.

Nach Be­rech­nung der Auf­sicht wer­den mit den bei­den Ka­pi­tal­puf­fern rd. 22 Mrd. Euro an har­tem Kern­ka­pi­tal im Ban­ken­sys­tem zur Ver­lust­absorp­tion kon­ser­viert, 17 Mrd. Euro über den an­ti­zy­kli­schen Ka­pi­tal­puf­fer und 5 Mrd. Euro über den sek­to­ra­len Sys­tem­ri­si­ko­puf­fer. Laut Aus­sa­gen des Ba­Fin-Chefs Mark Bran­son sind die erhöhten Ka­pi­tal­an­for­de­run­gen von den meis­ten Ban­ken durch be­ste­hen­des Über­schuss­ka­pi­tal erfüll­bar. Nur bei we­ni­gen In­sti­tu­ten entstünde ein erhöhter Ka­pi­tal­be­darf, der von der Auf­sicht auf ins­ge­samt 200 Mio. Euro ge­schätzt wird.

Die Maßnah­men wur­den vor dem Hin­ter­grund der seit 2010 dy­na­mi­schen Ent­wick­lung der Preise und der Kre­dit­ver­gabe am Wohn­im­mo­bi­li­en­markt er­las­sen.

Nach den Ausführun­gen des Ba­Fin-Chefs Mark Bran­son be­lau­fen sich die Wohn­im­mo­bi­li­en­kre­dite in Deutsch­land auf 1,6 Bil­lio­nen Euro. Die Corona-Pan­de­mie hat den Boom im Wohn­im­mo­bi­li­en­sek­tor wei­ter verstärkt, bun­des­weit ist eine Über­be­wer­tung der Wohn­im­mo­bi­lien von 10 % bis 30 % ge­genüber Wer­ten, die sich aus Fun­da­men­tal­da­ten ab­lei­ten las­sen, fest­zu­stel­len. Durch eine der­ar­tige Über­be­wer­tung der Wohn­im­mo­bi­lien be­steht ein er­heb­li­ches Ri­siko für lang­fris­tige Be­wer­tungs­kor­rek­tu­ren. Mit den zu­dem er­war­te­ten wei­te­ren Preis­stei­ge­run­gen wird eine Aus­wei­tung des fremd­fi­nan­zier­ten Er­werbs befürch­tet, der von ei­ner Über­schätzung der Schul­den­dienstfähig­keit der Kre­dit­neh­mer so­wie der Wert­hal­tig­keit der Im­mo­bi­lien sei­tens der In­sti­tute flan­kiert wird. Da­mit stei­gen nach Auf­fas­sung der Auf­sicht die Ri­si­ken für den Im­mo­bi­li­en­markt, bspw. das Ri­siko, dass bei Preis­einbrüchen die Kre­dit­si­cher­hei­ten nicht mehr aus­rei­chen und die Ver­wer­tung der Si­cher­hei­ten zu wei­te­ren Preis­einbrüchen führt.

Die fest­ge­setz­ten Ka­pi­tal­puf­fer sol­len die­sen Ri­si­ken so­wohl für den Wohn­im­mo­bi­li­en­markt als auch für die Re­al­wirt­schaft be­geg­nen und ins­be­son­dere eine pro­zy­kli­sche Ein­schränkung der Kre­dit­ver­gabe mit ne­ga­ti­ven Aus­wir­kun­gen auf die Re­al­wirt­schaft be­gren­zen und die In­sti­tute hier kri­sen­fes­ter ma­chen.

Hin­weis: Die Ba­Fin er­war­tet zusätz­lich von den Kre­dit­in­sti­tu­ten eine zukünf­tig kon­ser­va­ti­vere Be­wer­tungs- und Kre­dit­ver­ga­be­pra­xis so­wie eine re­strik­tive Be­hand­lung von Fi­nan­zie­run­gen mit ho­hem Be­lei­hungs­wert (Loan to Va­lue oder LTV). Die Si­cher­stel­lung der Schul­denfähig­keit der Kre­dit­neh­mer auch in Stress­pha­sen, z.B. bei stei­gen­den Zin­sen, ist der Auf­sicht hier ein wei­te­res An­lie­gen. Sie behält sich laut Pres­se­mit­tei­lung vom 12.01.2022 vor, per­spek­ti­vi­sch eine Ober­grenze für den Fremd­ka­pi­tal­an­teil bei Wohn­im­mo­bi­li­en­fi­nan­zie­run­gen fest­zu­set­zen.

Was bedeutet das für die Kreditinstitute?

Zum einem müssen die Kre­dit­in­sti­tute mehr Ka­pi­tal vor­hal­ten, um die Min­dest­quo­ten ein­zu­hal­ten. Zum an­de­ren ist eine Überprüfung der Ka­pi­tal­pla­nung (Jah­res- und Mit­tel­frist­pla­nung) not­wen­dig, da die Fest­set­zung der Puf­fer sich auf die Dif­fe­renz zwi­schen der ge­plan­ten Ka­pi­tal­quote und der Min­dest­ka­pi­tal­quote aus­wirkt. Ggfs. ist die Ka­pi­tal­pla­nung bei sich ab­zeich­nen­den Engpässen an­zu­pas­sen. Außer­dem emp­fiehlt sich auf­grund der Er­war­tungs­hal­tung der Ba­Fin eine Überprüfung der Be­wer­tungs- und Kre­dit­ver­ga­be­pra­xis, ins­be­son­dere mit Blick auf das LTV-Verhält­nis.

Hin­weis: Un­abhängig vor der ge­setz­li­chen Pflicht zur Erfüllung der Ka­pi­tal­an­for­de­run­gen zeich­net sich der­zeit auf­grund der In­fla­tion und den Fol­gen des Ukraine-Krie­ges eine ra­sante Ver­teue­rung bei den Hy­po­the­ken­zin­sen ab.

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