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Steuerberatung

Festsetzung der Grunderwerbsteuer für Eigentumsübergänge auf Verwahrstelle

FG Hamburg 12.6.2018, 3 K 266/17

Bil­lig­keitsmaßnah­men glei­chen Härten im Ein­zel­fall aus, die der steu­er­recht­li­chen Wer­tent­schei­dung des Ge­setz­ge­bers nicht ent­spre­chen und da­mit zu einem vom Ge­setz­ge­ber nicht ge­woll­ten Er­geb­nis führen. Eine für den Steu­er­pflich­ti­gen ungüns­tige Rechts­folge, die der Ge­setz­ge­ber be­wusst an­ge­ord­net oder in Kauf ge­nom­men hat, ver­mag keine sach­li­che Un­bil­lig­keit zu begründen.

Der Sach­ver­halt:

Die A-AG ver­wal­tete als Ka­pi­tal­an­la­ge­ge­sell­schaft i.S.d. InvG das Im­mo­bi­lien-Son­der­vermögen "XXX", das im Ei­gen­tum der B stand. Nach dem De­pot­bank­ver­trag vom 2011 war die Kläge­rin als De­pot­bank für die­ses Son­der­vermögen be­stellt. Da der Fonds we­gen er­heb­li­cher Ka­pi­tal­abflüsse ge­schlos­sen wer­den mus­ste, erklärte die A-AG 2012 mit Wir­kung zum 21.11.2015 die Kündi­gung des Ver­wal­tungs­ver­tra­ges. Das Fi­nanz­amt C stellte im Mai 2016 gem. § 17 GrEStG die Be­steue­rungs­grund­la­gen für den am 21.11.2015 nach § 1 Abs. 1 Nr. 3 GrEStG ver­wirk­lich­ten Überg­ang des Ei­gen­tums an den von der A-AG ver­wal­te­ten Grundstücken auf die Kläge­rin als Ver­wahr­stelle fest, u.a. an dem im D-Ring in Ham­burg-1 be­le­ge­nen Grundstück. Die Kläge­rin veräußerte die­ses Grundstück im Mai 2016.

Im Sep­tem­ber 2016 stellte das Fi­nanz­amt den Grund­be­sitz­wert für das Grundstück im D-Ring auf den 21.11.2015 fest. Im März 2017 wurde die Grund­er­werb­steuer für die Vermögensüber­tra­gung vom 21.11.2015 fest­ge­setzt. Nach­dem der Grund­be­sitz­wert durch Ände­rungs­be­scheid im Juni 2017 nied­ri­ger fest­ge­stellt wor­den war, er­ließ das Fi­nanz­amt einen ent­spre­chend geänder­ten Grund­er­werb­steu­er­be­scheid, in dem die Steuer her­ab­ge­setzt wurde.

Im Juli 2016 be­an­tragte die Kläge­rin beim Fi­nanz­amt die ab­wei­chende Fest­set­zung der Grund­er­werb­steuer aus sach­li­chen Bil­lig­keitsgründen in der Weise, dass eine vollständige Steu­er­be­frei­ung gewährt werde. Zur Begründung führte sie aus, dass der nach § 1 Abs. 1 Nr. 3 GrEStG steu­er­bare Er­werbs­vor­gang nach der durch Ge­setz vom 21.12.2015 ein­gefügten Be­stim­mung des § 100a Ka­pi­tal­an­la­ge­ge­setz­buch (KAGB) von der Grund­er­werb­steuer be­freit wäre. Von die­ser ge­setz­li­chen Neu­re­ge­lung seien zwar nur Über­tra­gun­gen ab dem 1.1.2016 be­trof­fen. Doch liege der vom Ge­setz­ge­ber als nicht sach­ge­recht ein­ge­stufte zwei­ma­lige An­fall von Grund­er­werb­steuer - ein­mal für den Ei­gen­tumsüberg­ang auf die Ver­wahr­stelle und aber­mals für die Veräußerung durch die Ver­wahr­stelle - auch vor bei Über­tra­gun­gen vor die­sem Zeit­punkt, der al­lein aus or­ga­ni­sa­to­ri­schen Gründen gewählt wor­den sei. Dies sei auch aus ver­fas­sungs­recht­li­cher Sicht be­denk­lich, zu­mal der steu­er­bare Ei­gen­tumsüberg­ang auf sie, die Kläge­rin, nicht mit einem wirt­schaft­li­chen Vor­teil oder ei­ner höheren Leis­tungsfähig­keit ver­bun­den ge­we­sen sei. Das Fi­nanz­amt lehnte den An­trag ab.

Das FG wies die hier­ge­gen ge­rich­tete Klage ab. Die beim BFH anhängige Nicht­zu­las­sungs­be­schwerde der Kläge­rin wird dort ein­ge­legt un­ter dem Az. II B 71/18 geführt.

Die Gründe:

Das Fi­nanz­amt ist we­der zu ei­ner ab­wei­chen­den Steu­er­fest­set­zung aus Bil­lig­keitsgründen noch zu ei­ner er­neu­ten Be­schei­dung der Kläge­rin ver­pflich­tet. Es lie­gen we­der sach­li­che noch persönli­che Gründe für eine Un­bil­lig­keit der Steu­er­er­he­bung vor. Das Fi­nanz­amt hat das ihm eröff­nete Er­mes­sen er­kannt und feh­ler­frei ausgeübt. In der wirt­schaft­li­chen Si­tua­tion der Kläge­rin lie­gende (persönli­che) Bil­lig­keitsgründe sind hier nicht gel­tend ge­macht wor­den und auch nicht er­sicht­lich. Eine sach­li­che Un­bil­lig­keit der Grund­er­werb­steu­er­fest­set­zung liegt ebenso we­nig vor.

Gem. 163 S. 1 AO können Steu­ern nied­ri­ger fest­ge­setzt wer­den und ein­zelne Be­steue­rungs­grund­la­gen, die die Steu­ern erhöhen, können bei der Fest­set­zung der Steuer un­berück­sich­tigt blei­ben, wenn die Er­he­bung der Steuer nach Lage des ein­zel­nen Fal­les un­bil­lig wäre. Bil­lig­keitsmaßnah­men glei­chen Härten im Ein­zel­fall aus, die der steu­er­recht­li­chen Wer­tent­schei­dung des Ge­setz­ge­bers nicht ent­spre­chen und da­mit zu einem vom Ge­setz­ge­ber nicht ge­woll­ten Er­geb­nis führen. Eine für den Steu­er­pflich­ti­gen ungüns­tige Rechts­folge, die der Ge­setz­ge­ber be­wusst an­ge­ord­net oder in Kauf ge­nom­men hat, ver­mag keine sach­li­che Un­bil­lig­keit zu begründen. Mit Bil­lig­keitsmaßnah­men darf dem­ent­spre­chend nicht die Gel­tung des gan­zen Ge­set­zes un­ter­lau­fen wer­den. Müss­ten not­wen­dige Bil­lig­keitsmaßnah­men ein der­ar­ti­ges Ausmaß er­rei­chen, dass sie die all­ge­meine Gel­tung des Ge­set­zes aufhöben, wäre das Ge­setz als sol­ches ver­fas­sungs­wid­rig. Dies kann nur in dem dafür vor­ge­se­he­nen Ver­fah­ren ge­gen den be­tref­fen­den Steu­er­be­scheid gel­tend ge­macht wer­den und recht­fer­tigt keine Bil­lig­keitsmaßnahme. Vor­lie­gend hat das Fi­nanz­amt eine ab­wei­chende Fest­set­zung der Steu­ern aus Bil­lig­keitsgründen zu Recht ab­ge­lehnt, weil die Steu­er­er­he­bung sach­lich nicht un­bil­lig ist.

So­weit die Kläge­rin gel­tend macht, dass der Ge­setz­ge­ber den dop­pel­ten An­fall von Grund­er­werb­steuer aus Gründen des An­le­ger­schut­zes und we­gen des feh­len­den wirt­schaft­li­chen Vor­teils in Fällen wie dem vor­lie­gen­den an sich hätte ver­mei­den müssen und wol­len, wen­det sie sich ge­gen die vom Ge­setz gem. § 39 Abs. 1 InvG (jetzt § 100 Abs. 1 Nr. 1 KAGB) i.V.m. § 1 Abs. 1 Nr. 3 S. 1 GrEStG ge­ne­rell an­ge­ord­nete Grund­er­werb­steu­er­bar­keit des Überg­angs von Im­mo­bi­lien-Son­der­vermögen auf eine Ver­wahr­stelle und macht keine Un­bil­lig­keit der Ge­set­zes­an­wen­dung im Ein­zel­fall gel­tend. Die­ser Ein­wand wäre al­len­falls im Rah­men der Steu­er­fest­set­zung bzw. der Fest­stel­lung der Be­steue­rungs­grund­la­gen zu würdi­gen, sei es bei der Prüfung ei­ner ein­schränken­den Aus­le­gung der Tat­be­stands­vor­aus­set­zun­gen oder ei­ner ana­lo­gen An­wen­dung ei­ner Be­frei­ungs­vor­schrift, sei es im Rah­men der ver­fas­sungs­recht­li­chen Überprüfung des Ge­set­zes. Ei­ner Bil­lig­keits­ent­schei­dung ist diese Ar­gu­men­ta­tion hin­ge­gen nicht zugäng­lich.

Vor al­lem aber nahm der Ge­setz­ge­ber da­durch, dass er die Be­frei­ungs­vor­schrift des § 100a KAGB gem. § 357 KAGB erst für Über­tra­gun­gen von Son­der­vermögen ab dem 31.12.2015 für an­wend­bar erklärte, die Nicht­an­wen­dung der Be­frei­ung und da­mit die zwei­ma­lige Ent­ste­hung von Grund­er­werb­steuer ent­spre­chend der zu­vor gel­ten­den Rechts­lage für vor die­sem Zeit­punkt ver­wirk­lichte Er­werbs­vorgänge im Um­kehr­schluss be­wusst in Kauf. Im Bil­lig­keits­wege kann diese ge­setz­ge­be­ri­sche Ent­schei­dung we­der auf ihre Ver­fas­sungsmäßig­keit hin überprüft noch un­ter­lau­fen wer­den.

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