Der Sachverhalt:
Die Klägerin ist eine Steuerberatungsgesellschaft in der Rechtsform einer GmbH. Nachdem sie die Umsatzsteuererklärung 2007 mit dreieinhalbmonatiger Verspätung und die Erklärung für 2009 mit sieben Tagen Verspätung eingereicht hatte, forderte das Finanzamt die Umsatzsteuererklärung 2010 vorzeitig zum 30.9.2011 an. Nachdem auch diese Erklärung nicht fristgerecht eingegangen war, erließ die Behörde am 20.10.2011 einen Schätzungsbescheid, verbunden mit der Festsetzung eines Verspätungszuschlages von 480 €. Nach Eingang der Steuererklärung am 17.11.2011 setzte das Finanzamt den Schätzungsbescheid herab, sodass eine Nachzahlung von 200 € verblieb. Den Verspätungszuschlag minderte es von 480 auf 100 €.
Nachdem die Klägerin den Einspruch nicht zurückgenommen hatte, erließ das Finanzamt eine Einspruchsentscheidung, in der sie den Verspätungszuschlag auf 1.500 € erhöhte. Das FG wies die hiergegen gerichtete Klage ab. Auf die Revision der Klägerin hob der BFH das Urteil auf und wies die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das FG zurück.
Gründe:
Zwar war das Finanzamt zur Festsetzung eines Verspätungszuschlages berechtigt und hatte auch die Voraussetzungen für eine Verböserung im Rahmen einer Einspruchsentscheidung beachtet. Ein Verspätungszuschlag i.H.v. 1.500 € bei einer derart geringfügigen Abschlusszahlung wie im vorliegenden Fall schien jedoch ermessensfehlerhaft.
Nach § 152 AO kann eine Steuerbehörde gegen denjenigen, der seiner Verpflichtung zur Abgabe einer Steuererklärung nicht oder nicht fristgerecht nachkommt, einen Verspätungszuschlag festsetzen, wenn das Versäumnis nicht entschuldbar erscheint. Die Höhe des Verspätungszuschlages darf 10 % der festgesetzten Steuer und den Betrag von 25.000 € nicht überschreiten. Der Verspätungszuschlag soll insbesondere als Druckmittel eigener Art in einem zugleich repressiven und präventiven (erzieherischen) Charakter dienen. Insofern sind bei der Bemessung der Höhe des Verspätungszuschlages noch die Dauer der Fristüberschreitung, die Höhe des sich aus der Steuerfestsetzung ergebenden Zahlungsanspruchs, die aus der verspäteten Abgabe gezogenen Vorteile sowie das Verschulden und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit zu berücksichtigen. Bei der Gewichtung dieser Kriterien handelt es sich um eine Ermessensentscheidung der Behörde, die gerichtlich lediglich auf Ermessensfehler zu überprüfen ist.
Infolgedessen war die Festsetzung eines Verspätungszuschlages im vorliegenden Fall zwar dem Grunde nach - auch im Rahmen einer Verböserung - gerechtfertigt, weil die Klägerin die Umsatzsteuererklärung 2010 trotz vorzeitiger Anforderung schuldhaft erst mit einer Verspätung von sechs Wochen eingereicht hatte. In ihrer Höhe war sie aber ermessensfehlerhaft. Denn das FG hatte nicht berücksichtigt, dass nach BFH-Rechtsprechung neben der Anzahl und Dauer der Verspätung der Höhe der Abschlusszahlung ein erhebliches Gewicht beizumessen ist. Diese stellt nämlich die Richtschnur für die Bemessung der Höhe des Zuschlages dar.
Zwar kann ein Verspätungszuschlag aus erzieherischen Gründen auch dann festgesetzt werden, wenn die geschuldete Steuer - wie hier - aufgrund der Voranmeldungen fast oder insgesamt bereits gezahlt wurde. In diesen Fällen ist unter den Gesichtspunkten der Vorteilsziehung und des Verschuldens nachvollziehbar abzuwägen, welches Gewicht der verspäteten Abgabe der Steuererklärung noch zukommt, nachdem die geschuldete Steuer fast vollständig entrichtet wurde. Zuschläge, die den Charakter steuerlicher Sanktionen haben, dürfen aber nicht außer Verhältnis zur Schwere des Verstoßes des Steuerpflichtigen gegen seine Pflichten stehen (EuGH-Urt. v. 9.7.2015, Rs.: C-183/14). Demgemäß kann nach der Rechtsprechung des Senats ein die Abschlusszahlung übersteigender Verspätungszuschlag nur bei besonderer Schwere der Umstände des Einzelfalls festgesetzt werden.
Linkhinweis:
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