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Steuerberatung

Festsetzung eines Verzögerungsgeldes muss ermessensgerecht sein

FG Münster v. 8.2.2019 - 4 K 590/17 AO

Die Fest­set­zung ei­nes Verzöge­rungs­gel­des nach § 146 Abs. 2b AO we­gen Nicht­einräum­ung ei­nes Da­ten­zu­griffs durch das Fi­nanz­amt muss er­mes­sens­ge­recht er­fol­gen. Im Hin­blick auf den Zweck des Verzöge­rungs­gel­des kommt es bei Erwägun­gen des Fi­nanz­amts aus­schließlich auf Verzöge­run­gen beim be­trof­fe­nen Steu­er­pflich­ti­gen, nicht aber auf ge­ne­ralpräven­tive As­pekte an.

Der Sach­ver­halt:

Der Kläger be­treut als Rechts­an­walt und No­tar auch steu­er­li­che Man­date. Das Fi­nanz­amt ord­nete bei ihm eine Außenprüfung an. Nach­dem sich der Kläger er­folg­los ge­gen die Prüfungs­an­ord­nung und an­dere da­mit ver­bun­dene Ein­zelmaßnah­men ge­wehrt hatte, ver­suchte der Prüfer mehr­fach ver­geb­lich, mit dem Kläger Ter­mine ab­zu­stim­men, um die Prüfung fort­zu­set­zen. Meh­rere An­for­de­run­gen des Prüfers, Buchführungs­un­ter­la­gen in di­gi­ta­ler Form vor­zu­le­gen, hob er nach An­fech­tung durch den Kläger wie­der auf. Ge­gen eine wei­tere Auf­for­de­rung zur Vor­lage von Da­ten legte der Kläger eben­falls Ein­spruch ein und stellte einen An­trag auf Aus­set­zung der Voll­zie­hung.

 

Ohne hierüber ent­schie­den zu ha­ben, setzte das Fi­nanz­amt zwei Wo­chen nach Frist­ab­lauf we­gen der Nicht­einräum­ung des Da­ten­zu­griffs ein Verzöge­rungs­geld i.H.v. 4.000 € ge­gen den Kläger fest. Hier­bei stützte es sich im We­sent­li­chen dar­auf, dass beim Kläger eine po­ten­zi­elle Wie­der­ho­lungs­ge­fahr in Be­zug auf die von ihm be­treu­ten steu­er­li­chen Man­date vor­liege, der Kläger sich hartnäckig ge­wei­gert habe, die di­gi­ta­len Da­ten vor­zu­le­gen und er die Gründe für die Verzöge­rung nicht aus­rei­chend ent­schul­digt habe.

 

Das FG gab der hier­ge­gen ge­rich­te­ten Klage statt. Die Re­vi­sion zum BFH wurde nicht zu­ge­las­sen.

 

Die Gründe:

Nach § 146 Abs. 2b AO kann ein Verzöge­rungs­geld von 2.500 € bis 250.000 € u. a. fest­ge­setzt wer­den, wenn ein Steu­er­pflich­ti­ger sei­nen Pflich­ten zur Einräum­ung des Da­ten­zu­griffs nach § 147 Abs. 6 AO im Rah­men ei­ner Außenprüfung in­ner­halb ei­ner ihm be­stimm­ten an­ge­mes­se­nen Frist nach Be­kannt­gabe durch die zuständige Fi­nanz­behörde nicht nach­kommt. Da­hin­ste­hen kann, ob die tat­be­stand­li­chen Vor­aus­set­zun­gen des § 146 Abs. 2b AO - wie der Kläger in Ab­rede stellt - vor­lie­gend erfüllt sind. Denn je­den­falls hat das Fi­nanz­amt sein Er­mes­sen feh­ler­haft ausgeübt, wes­halb es des vom Kläger im Hin­blick auf das beim BFH un­ter dem Az. X R 8/18 anhängi­gen Re­vi­si­ons­ver­fah­ren be­an­trag­ten Ru­hens des Ver­fah­rens nicht be­durfte.

 

Die vom Fi­nanz­amt an­ge­nom­mene po­ten­zi­elle Wie­der­ho­lungs­ge­fahr we­gen der Be­treu­ung steu­er­li­cher Man­date als Rechts­an­walt und No­tar stellt eine sach­fremde Erwägung dar, die mit dem Zweck des Verzöge­rungs­gel­des nicht ver­ein­bar ist. Viel­mehr kommt es aus­schließlich auf Verzöge­run­gen beim be­trof­fe­nen Steu­er­pflich­ti­gen, nicht aber auf ge­ne­ralpräven­tive As­pekte an. Das Fi­nanz­amt hat auch nicht hin­rei­chend berück­sich­tigt, dass es noch gar nicht über den Aus­set­zungs­an­trag zur Da­tenüber­las­sung ent­schie­den hatte. Da sol­che Anträge un­verzüglich zu be­ar­bei­ten sind, hätte es Er­mes­sen­serwägun­gen dazu an­stel­len müssen, wa­rum auf die Da­ten­an­for­de­rung vor der Ent­schei­dung wei­tere be­las­tende Maßnah­men wie das Verzöge­rungs­geld gestützt wer­den.

 

In Be­zug auf die vom Fi­nanz­amt als ge­wich­tig und hartnäckig ge­wer­te­ten Pflicht­ver­let­zun­gen des Klägers hat das Fi­nanz­amt nicht in seine Er­mes­sen­erwägun­gen ein­be­zo­gen, dass der Prüfer jede sei­ner früheren Da­ten­an­for­de­run­gen auf­ge­ho­ben hatte. Der seit der ein­zi­gen noch be­ste­hen­den An­for­de­rung ver­gan­gene Zeit­raum von le­dig­lich zwei Wo­chen, der letzt­lich für die Fest­set­zung des Verzöge­rungs­gelds ent­schei­dend war, kann ge­rade nicht als hartnäckig be­zeich­net wer­den. Schließlich hat das Fi­nanz­amt nicht be­ach­tet, dass das Feh­len von Ent­schul­di­gungsgründen nicht zu ei­ner Vorprägung des Ent­schließungs­er­mes­sens führt.

 

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