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Gesetz zur Stärkung der Finanzmarktintegrität verabschiedet

Der Bun­des­tag ver­ab­schie­dete am 21.05.2021 das sog. Fi­nanz­markt­in­te­gritätsstärkungs­ge­setz, kurz FISG, und be­reits am 28.05.2021 er­teilte der Bun­des­rat seine Zu­stim­mung. Das Ge­setz­ge­bungs­ver­fah­ren wurde so­mit im Eil­tempo mit verkürz­ten Be­ra­tungs­fris­ten durch­geführt, wo­bei am 09.06.2021 der Bun­des­tag be­reits er­ste Kor­rek­tu­ren be­schlos­sen hat. Da­bei blieb lei­der die In­ter­es­sen­ver­tre­tung der Ab­schlussprüfung weit­ge­hend „ohne Gehör“. Das Ge­setz tritt grundsätz­lich zum 01.07.2021 und 01.01.2022 in Kraft, le­dig­lich für die ex­terne Ro­ta­tion gel­ten un­ter be­stim­men Vor­aus­set­zun­gen Überg­angs­fris­ten von bis zu zwei Jah­ren.

Das FISG ist ein all­um­fas­sen­des Ge­setz, das nicht nur die Prüfung von Un­ter­neh­men im öff­ent­li­chen In­ter­esse, sog. PIE, be­trifft. Es sieht weit­rei­chende Ände­run­gen für Un­ter­neh­men im Be­reich der Cor­po­rate Go­ver­nance vor. Diese um­fas­sen die Ab­schlussprüfung, das Ri­si­ko­ma­nage­ment und das In­terne Kon­troll­sys­tem, die Zu­sam­men­set­zung und Kom­pe­ten­zen des Prüfungs­aus­schus­ses und die Ver­schärfung der Haf­tungs­re­ge­lun­gen für die ge­setz­li­chen Ver­tre­ter und den Auf­sichts­rat. Für Ab­schlussprüfer wird ne­ben der Pflicht zur ex­ter­nen Ro­ta­tion nach zehn Jah­ren und ei­ner stärke­ren Tren­nung von Prüfung und Be­ra­tung auch die zi­vil­recht­li­che Haf­tung ver­schärft. Zu­dem wurde das Bi­lanz­kon­troll­ver­fah­ren grund­le­gend re­for­miert. Es ist stärker staat­lich-ho­heit­lich von der Ba­Fin or­ga­ni­siert.

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Im Ein­zel­nen wur­den im Rah­men des FISG fol­gende we­sent­li­che Re­ge­lun­gen um­ge­setzt:

Neue Pflichten für Vorstände und Aufsichtsräte

Pflicht zur Errichtung eines Risikomanagementsystems bei börsennotierten Gesellschaften

Vorstände börsen­no­tier­ter Ak­ti­en­ge­sell­schaf­ten müssen ab dem 01.07.2021 ein an­ge­mes­se­nes und wirk­sa­mes Kon­troll- und Ri­si­ko­ma­nage­ment­sys­tem einführen, § 91 Abs. 3 AktG. Bis­her be­stand hierzu le­dig­lich eine fak­ti­sche Pflicht. Nun­mehr ist die Pflicht zur Im­ple­men­tie­rung ei­nes um­fas­sen­den Ri­si­ko­ma­nage­ment­sys­tems ge­for­dert. Bei der Art und Weise der Aus­ge­stal­tung be­steht für Vorstände je­doch ein haf­tungs­freier Er­mes­sens­spiel­raum nach den Grundsätzen der Busi­ness Jud­ge­ment Rule. IDW PS 981f. kann hier­bei wich­tige Im­pulse ge­ben.

Spätes­tens ab 01.07.2021 soll­ten börsen­no­tierte Un­ter­neh­men den Nach­weis des Be­ste­hens ei­nes IKS und RMS er­brin­gen können.

Verschärfung der strafrechtlichen Haftung der gesetzlichen Vertreter bei Bilanzdelikten

Im Falle der leicht­fer­ti­gen Ab­gabe ei­nes un­rich­ti­gen Bi­lanz- oder La­ge­be­richt­sei­des droht eine Frei­heits­strafe von bis zu zwei Jah­ren oder eine Geld­strafe. Leicht­fer­tig han­delt da­bei, wer die ge­bo­te­nen Sorg­falts­pflich­ten ver­letzt. Diese Ver­schärfung gilt ab 01.07.2021 und ist da­mit be­reits für den Halb­jah­res­ab­schluss 2021 re­le­vant.

Neue Anforderungen an den Sachverstand des Aufsichtsrates und Pflicht zur Bildung eines Prüfungsausschusses

Der Auf­sichts­rat, kon­kret der Prüfungs­aus­schuss (siehe nach­fol­gend), ist zur Über­wa­chung der Qua­lität der Ab­schlussprüfung ver­pflich­tet. Diese Vor­gabe galt bis­her le­dig­lich im Rah­men ei­ner Emp­feh­lung des Deut­schen Cor­po­rate-Go­ver­nance-Ko­dex. Bei der Über­wa­chung sind künf­tig öff­ent­lich verfügbare Qua­litätsmängel zu berück­sich­ti­gen.

Höhere An­for­de­run­gen wer­den da­bei an Fach­kennt­nisse von Auf­sichtsräten ge­stellt: Bei ka­pi­tal­markt­ori­en­tier­ten Ge­sell­schaf­ten im Sinne des § 264d HGB muss min­des­tens ein Mit­glied des Auf­sichts­rats über Sach­ver­stand auf dem Ge­biet Rech­nungs­le­gung und min­des­tens ein wei­te­res Mit­glied des Auf­sichts­rats über Sach­ver­stand auf dem Ge­biet Ab­schlussprüfung verfügen, § 100 Abs. 5 Halb­satz 1 AktG.

Für Auf­sichtsräte von PIE-Un­ter­neh­men be­steht nach § 107 Abs. 4 Satz 1 AktG die Pflicht zur Ein­rich­tung von Prüfungs­aus­schüssen und de­ren Be­set­zung mit einem in Rech­nungs­le­gungs­fra­gen und einem in Prüfungs­fra­gen er­fah­re­nen Mit­glied. Der ein­ge­rich­tete Prüfungs­aus­schuss muss über die Sach­kunde im Sinne von § 100 Abs. 5 Halb­satz 1 AktG verfügen.

So­fern der Auf­sichts­rat nur aus drei Mit­glie­dern be­steht, ist die­ser ab 01.07.2021 zu­gleich Prüfungs­aus­schuss, § 100 Abs. 4 Satz 2 AktG.

Hin­weis: Diese neuen An­for­de­run­gen müssen gemäß ei­ner Überg­angs­re­ge­lung so lange nicht erfüllt wer­den, wie alle Mit­glie­der des Auf­sichts­rats und des Prüfungs­aus­schus­ses vor dem 01.07.2021 be­stellt wor­den sind. Da­mit sind die neuen Vor­ga­ben zwin­gend erst bei der nächs­ten Nach­be­stel­lung und folg­lich meist erst beim nächs­ten tur­nusmäßigen Wech­sel ei­nes der Auf­sichts­rats­mit­glie­der an­zu­wen­den.

Je­dem Mit­glied des Prüfungs­aus­schus­ses steht ein Aus­kunfts­recht ge­genüber den Lei­tern der Zen­tral­be­rei­che der Ge­sell­schaft zu, die für Auf­ga­ben zuständig sind, die den Prüfungs­aus­schuss be­tref­fen. Auf eine enu­me­ra­tive Aufzählung der aus­kunfts­pflich­ti­gen Per­so­nen wurde ver­zich­tet. Adres­siert wer­den sol­len die Zen­tral­ein­hei­ten un­ter dem Vor­stand. Wenn­gleich je­dem Mit­glied des Prüfungs­aus­schus­ses das Aus­kunfts­recht zu­steht, hat der Aus­schuss­vor­sit­zende die ein­ge­holte Aus­kunft al­len Mit­glie­dern des Prüfungs­aus­schus­ses mit­zu­tei­len, § 107 Abs. 4 Satz 5 AktG.

Verschärfungen für den Berufsstand der Wirtschaftsprüfer

Abschlussprüfung: Höchstlaufzeiten von Mandaten

Die bis­her mögli­che Verlänge­rung der Höchst­lauf­zeit von Man­da­ten zur Ab­schlussprüfung bei ka­pi­tal­markt­ori­en­tier­ten Ka­pi­tal­ge­sell­schaf­ten und die­sen gleich­ge­stell­ten Per­so­nen­han­dels­ge­sell­schaf­ten, sog. PIE-Un­ter­neh­men, von zehn auf bis zu 24 Jahre ist durch Auf­he­bung des § 318 Abs. 1a HGB ent­fal­len. Da­mit be­steht künf­tig eine zwin­gende ex­terne Ro­ta­tion nach zehn Jah­ren ohne jeg­li­che Verlänge­rungs­op­tion. Un­ter­neh­men, die bis ein­schließlich bei ka­len­der­jahr­glei­chem Ge­schäfts­jahr 2021 seit zehn oder mehr Jah­ren von einem Ab­schlussprüfer geprüft wer­den, müssen da­mit für das Ge­schäfts­jahr 2022 einen neuen Ab­schlussprüfer wählen.

Überg­angs­weise kann, so­fern ein EU-kon­for­mes Aus­schrei­bungs­ver­fah­ren bis 30.06. 2021 statt­ge­fun­den hat, der bis­he­rige Prüfer bis ein­schließlich 2023 prüfen.

Verkürzung der internen Rotation des verantwortlichen Prüfungspartners bei PIE

Bei PIE-Un­ter­neh­men müssen die für die Durchführung ei­ner ge­setz­li­chen Ab­schlussprüfung ver­ant­wort­li­chen Prüfungs­part­ner ihre Teil­nahme an der Ab­schlussprüfung spätes­tens fünf Jahre nach dem Da­tum ih­rer Be­stel­lung be­en­den. Ver­ant­wort­li­cher Prüfungs­part­ner ist da­bei der­je­nige, der den Bestäti­gungs­ver­merk nach § 322 HGB un­ter­zeich­net bzw. als Wirt­schaftsprüfer von der Prüfungs­ge­sell­schaft als für die Durchführung ei­ner Ab­schlussprüfung vor­ran­gig ver­ant­wort­lich be­stimmt wor­den ist. Diese Re­ge­lung galt ur­sprüng­lich ab dem 01.07.2021, wurde je­doch vom Bun­des­tag am 09.06.2021 auf den 01.01.2022 ver­scho­ben. Die hierfür no­ten­dige Zu­stim­mung des Bun­des­rats lag zum Re­dak­ti­ons­schluss des no­vus noch nicht vor, wird aber kurz­fris­tig er­war­tet.

Trennung von Prüfung und (Steuer-)Beratung

U. a. zur Mi­ni­mie­rung der aus Nichtprüfungs­leis­tun­gen bei PIE-Un­ter­neh­men er­wach­se­nen Ri­si­ken für In­ter­es­sen­kon­flikte und zur Stärkung der Un­abhängig­keit des Ab­schlussprüfers wird das Ver­bot der zusätz­li­chen Er­brin­gung von Steu­er­be­ra­tungs- und Be­wer­tungs­leis­tun­gen um­ge­setzt. Da­mit wird künf­tig der in Art. 5 Abs. 1 Un­ter­abs. 2 der Ab­schlussprüfer­ver­ord­nung ent­hal­tene Ka­ta­log an ver­bo­te­nen Nichtprüfungs­leis­tun­gen in Deutsch­land un­ein­ge­schränkt an­wend­bar. Auch eine aus­nahms­weise Über­schrei­tung des „Fee Cap“ ist künf­tig nicht mehr zulässig. Da­mit kommt es zu ei­ner Ver­schärfung der Re­ge­lun­gen zur Un­abhängig­keit des Wirt­schaftsprüfers.

Verschärfung der zivilrechtlichen Haftung des Abschlussprüfers

Durch Ände­rung von § 323 Abs. 2 HGB wird die zi­vil­recht­li­che Haf­tung der Ab­schlussprüfer von Ka­pi­tal­ge­sell­schaf­ten, ih­rer Ge­hil­fen und der bei der Prüfung mit­wir­ken­den ge­setz­li­chen Ver­tre­ter ei­ner Prüfungs­ge­sell­schaft ver­schärft. Dies gilt durch ent­spre­chende Ver­weise in § 323 HGB u. a. auch für die Ab­schlussprüfer von Ka­pi­tal­ge­sell­schaf­ten gleich­ge­stell­ten Per­so­nen­han­dels­ge­sell­schaf­ten.

Bei leicht fahrlässigem Handeln sind folgende Haftungshöchstgrenzen vorgesehen

16 Mio. EUR bei der Prüfung von Kapitalgesellschaften, die Unternehmen von öffentlichem Interesse nach § 316a Satz 2 Nr. 1 HGB, also kapitalmarktorientiert im Sinne des § 264d HGB sind

4 Mio. EUR für die Prüfung von Kapitalgesellschaften, die Unternehmen von öffentlichem Interesse nach § 316a Satz 2 Nr. 2 oder 3 HGB sind

1,5 Mio. EUR für die Prüfung von Kapitalgesellschaften, die nicht Unternehmen von öffentlichem Interesse nach § 316a Satz 2 HGB sind.

Darüber hinaus bestehen bei grober Fahrlässigkeit folgende Haftungshöchstgrenzen

32 Mio. EUR für die Prüfung einer Kapitalgesellschaft nach § 323 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 HGB

12 Mio. EUR für die Prüfung einer Kapitalgesellschaft nach § 323 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 HGB

Im Falle der Prüfung von PIE kommt es künf­tig bei gro­ber Fahrlässig­keit zu ei­ner un­be­grenz­ten Haf­tung, § 323 Abs. 2 Satz 2 Halb­satz 2 HGB.

Bei vorsätz­li­chem Han­deln gel­ten die dar­ge­stell­ten Haf­tungshöchst­gren­zen für Ab­schlussprüfer nicht. In die­sem Fall be­steht wie bis­her eine un­be­schränkte Haf­tung, § 323 Abs. 2 Satz 2 Halb­satz 1 HGB.

Hin­weis: Die Be­weis­last für das Vor­lie­gen ei­nes vorsätz­li­chen oder (grob) fahrlässi­gen Ver­hal­tens ei­nes Ab­schlussprüfers trägt nach all­ge­mei­nen Be­weis­last­re­geln der An­spruch­stel­ler.

Darüber hin­aus wer­den neue be­rufs­recht­li­che An­for­de­rung für alle Wirt­schaftsprüfer ver­an­kert, die un­abhängig da­von gel­ten, ob ein PIE oder ein Non-PIE-Un­ter­neh­men geprüft wird.  Auch könnte zukünf­tig bei ei­ner ein­zel­nen Pflicht­ver­let­zung eine Sank­tio­nie­rung möglich wer­den. Da­bei wird der Sank­ti­ons­rah­men von 500.000 EUR auf 1 Mio. EUR erhöht, bei natürli­chen Per­so­nen bleibt die Sank­ti­onshöchst­grenze bei 500.000 EUR.

Umfassende Ausweitung der Befugnisse der BaFin und Neuordnung der „Bilanzkontrolle“

Das bis­he­rige zwei­stu­fige und auf frei­wil­lige Mit­wir­kung der geprüften Un­ter­neh­men aus­ge­rich­tete Bi­lanz­kon­troll­ver­fah­ren wird grund­le­gend re­for­miert.

Künf­tig ent­fal­len die stich­pro­ben­haf­ten Prüfun­gen der Deut­schen Prüfstelle für Rech­nungs­le­gung (DPR). Die DPR wird zum 31.12.2021 ge­schlos­sen. De­ren Prüfun­gen wer­den zum 01.01.2022 auf die Ba­Fin überführt.

Da­ne­ben wer­den die Be­fug­nisse der Ba­Fin er­heb­lich aus­ge­wei­tet. So wird die Pflicht zur Zu­sam­men­ar­beit zwi­schen den Börsen­auf­sichts­behörden der Länder und der Ba­Fin kon­kre­ti­siert und gewähr­leis­tet, dass die Ba­Fin In­for­ma­tio­nen erhält, über die sie in­folge ih­rer feh­len­den Zuständig­keit für die Börsen­auf­sicht nicht verfügt.

Die Ba­Fin kann bei kon­kre­ten An­halts­punk­ten für einen Ver­stoß ge­gen Rech­nungs­le­gungs­vor­schrif­ten eine Prüfung der Rech­nungs­le­gung an­for­dern, § 107 Abs. 1 Satz 1 WpHG. Da­bei ist sie bei Vor­lie­gen ei­nes öff­ent­li­chen In­ter­es­ses be­rech­tigt, ihre An­ord­nung un­ter Nen­nung des be­trof­fe­nen Un­ter­neh­mens und den Grund für die An­ord­nung im Bun­des­an­zei­ger und auf ih­rer In­ter­net­seite be­kannt ma­chen.

Ord­net die Ba­Fin die Prüfung der Rech­nungs­le­gung an, können auch Ab­schlüsse und Be­richte Prüfungs­ge­gen­stand sein, die die bei­den Ge­schäfts­jahre be­tref­fen, die dem Ge­schäfts­jahr vor­aus­ge­hen, auf das sich die Prüfungs­an­ord­nung be­zieht. Auch kann die Ba­Fin die Or­gan­mit­glie­der und Be­schäftig­ten des geprüften Un­ter­neh­mens und des­sen Ab­schlussprüfer la­den und ver­neh­men. Zu­dem steht ihr ein Durch­su­chungs- und Be­schlag­nah­me­recht zu, das eben­falls ge­genüber Drit­ten gilt. Dazu darf die Ba­Fin un­ter be­stimm­ten Vor­aus­set­zun­gen Ge­schäfts- und Wohnräume durch­su­chen. Schließlich ist die Ba­Fin be­rech­tigt, bei Vor­lie­gen ei­nes öff­ent­li­chen In­ter­es­ses die Öff­ent­lich­keit frühzei­ti­ger und stärker als bis­her über ihre Ar­beit im Be­reich der Bi­lanz­kon­trolle zu in­for­mie­ren. Bis­her war die Ba­Fin hieran auf­grund von Ver­schwie­gen­heits­pflich­ten ge­hin­dert.

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