Die Neuregelung soll insbesondere für Start-ups bessere Rahmenbedingungen schaffen, um qualifizierte Fachkräfte über eine Beteiligung am Unternehmen zu gewinnen und die deutsche Gründerszene international zu etablieren.
Zunächst Steuerfreiheit, aber keine Sozialversicherungsfreiheit
Mit Wirkung ab dem 01.07.2021 wird der steuerfreie Höchstbetrag für die unentgeltliche oder verbilligte Überlassung von Vermögensbeteiligungen am Unternehmen des Arbeitgebers von 360 Euro auf 1.440 Euro angehoben, § 3 Nr. 39 EStG. Außerdem unterliegt der Vorteil aus einer unentgeltlichen oder verbilligten Übertragung von Vermögensbeteiligungen am Unternehmen des Arbeitgebers unter bestimmten Voraussetzungen im Kalenderjahr der Übertragung nicht der Besteuerung, § 19a EStG. Dabei handelt es sich um eine vorläufige Nichtbesteuerung, die u. a. nach Ablauf von zwölf Jahren endet.
Eine Freistellung von der Sozialversicherungspflicht erfolgt jedoch - anders als im Fall der Nutzung des vorgenannten Freibetrags - im Falle der vorläufigen Nichtbesteuerung nicht.
In der Praxis werden aus Mitbestimmungsgründen die Vermögensbeteiligungen häufig auf Zwischengesellschaften in Form von Personengesellschaften (z. B. eine GbR) übertragen, an der wiederum den Arbeitnehmern eine Beteiligung eingeräumt wird. Diese Fälle der mittelbaren Beteiligung der Arbeitnehmer werden durch die Neuregelung explizit miterfasst. Auch die Abwicklung über eine GmbH & Co. KG ist möglich, denn an der Personengesellschaft müssen nicht ausschließlich Arbeitnehmer beteiligt sein.
Wer profitieren kann
Von der vorläufigen Nichtbesteuerung bei Mitarbeiterkapitalbeteiligungen nach § 19a EStG sollen in erster Linie Start-ups profitieren. Konkret berechtigt sind Unternehmen, die nicht älter als zwölf Jahre sind. Auch werden die Erleichterungen auf kleinere und mittlere Unternehmen begrenzt. Dabei dürfen die Schwellenwerte nach dem Anhang der Empfehlung der EU-Kommission vom 06.05.2003 im Zeitpunkt der Übertragung oder im vorangegangenen Kalenderjahr nicht überschritten werden.
Hinweis: Die vorläufige Nichtbesteuerung gilt somit nicht für Start-ups mit mehr als 250 Arbeitnehmern und einem Jahresumsatz von mehr als 50 Mio. Euro bzw. einer Bilanzsumme von über 43 Mio. Euro.
Besteuerung aufgeschoben, nicht aufgehoben
Der zum Zeitpunkt der Übertragung der Vermögensbeteiligung nicht besteuerte Arbeitslohn wird jedoch nicht endgültig steuerfrei gestellt; die Besteuerung wird lediglich aufgeschoben. Diese erfolgt,
- wenn die Vermögensbeteiligung ganz oder teilweise entgeltlich oder unentgeltlich übertragen wurde,
- seit der Übertragung zwölf Jahre vergangen sind oder
- bei einem Arbeitgeberwechsel bzw. bei Beendigung des Dienstverhältnisses zu dem bisherigen Arbeitgeber.
Hinweis: Ein Betriebsübergang nach § 613a BGB stellt dabei keine Beendigung des Dienstverhältnisses dar. Übernimmt der bisherige Arbeitgeber im Falle der Beendigung des Dienstverhältnisses die Lohnsteuer, ist diese nicht Teil des zu besteuernden Arbeitslohns.
In den vorgenannten Fällen unterliegt der Wert der Beteiligungen zum Zeitpunkt der Übertragung der Besteuerung. Im Fall der Wertminderung, d. h. wenn der Wert der Vermögensbeteiligung im Besteuerungszeitpunkt unter dem Wert im Übertragungszeitpunkt liegt, unterliegt nur der gemeine Wert der Vermögensbeteiligung abzüglich eventuell geleisteter Zuzahlungen des Arbeitnehmers der Besteuerung.
Die Besteuerung der Vermögensbeteiligung kann nach der Tarifermäßigung für außerordentliche Einkünfte (Fünftelungsregelung) erfolgen, wenn seit der Übertragung der Vermögensbeteiligung mindestens drei Jahre vergangen sind.
Hinweis: Im Zusammenhang mit der Nachholung der Besteuerung fallen keine Sozialversicherungsbeiträge mehr an.
Einverständnis des Arbeitnehmers erforderlich
Die vorläufige Nichtbesteuerung der Mitarbeiterbeteiligung erfolgt auf Initiative des Arbeitgebers; es ist jedoch die Zustimmung des Arbeitnehmers erforderlich. So kann der Arbeitnehmer selbst entscheiden, ob der Vorteil vorläufig nicht lohnbesteuert werden soll. Eine Nachholung der vorläufigen Nichtbesteuerung im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung ist allerdings ausgeschlossen, um komplizierte Rückabwicklungen zu vermeiden.
Bürokratie
Arbeitgeber müssen den nicht besteuerten Wert der Vermögensbeteiligung zum Zeitpunkt der Übertragung und die übrigen Angaben zur Durchführung des Besteuerungsverfahrens im Lohnkonto aufzeichnen. Flankierend soll die Aufbewahrungsfrist verlängert werden. Sie endet nicht vor Ablauf von sechs Jahren nach der nachgeholten Besteuerung.
Hinweis: Die steuerliche Behandlung der Mitarbeiterbeteiligungen soll regelmäßig im Rahmen einer Lohnsteuer-Außenprüfung überprüft werden.