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Steuerberatung

Fotograf: Ermäßigter Steuersatz für gefertigte Bilder in Fotobuch

Schleswig-Holsteinisches FG 2.2.2018, 4 V 150/17

Die Leis­tun­gen ei­nes Fo­to­gra­fen fal­len auch dann nicht un­ter § 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG i.V.m. An­lage 2 lfd. Nr. 49, wenn er die Bil­der mit­tels Klemm­la­sche zu einem "Fo­to­buch" bin­det. Dies gilt auch für Zeiträume vor dem 1.1.2017 - et­was an­de­res folgt we­der aus dem BMF-Schrei­ben vom 20.4.2016 (BStBl. I 2016, 483), noch aus einem - teil­weise - ab­wei­chen­den Ver­wal­tungs­han­deln.

Der Sach­ver­halt:
Die An­trag­stel­le­rin ist Fo­to­gra­fin. In den Streit­jah­ren 2010 und 2011 hat­ten die Ver­trags­part­ner der An­trag­stel­le­rin ihre Kun­den zu Fo­to­shoo­tings in eine ih­rer Fi­lia­len ein­ge­la­den. Das Team der An­trag­stel­le­rin kam mit ent­spre­chen­der Ausrüstung zu dazu; es fri­sierte, schminkte und fo­to­gra­fierte die Kun­den vor ver­schie­de­nen Ku­lis­sen und mit un­ter­schied­li­cher Be­leuch­tung. An­schließend wur­den die Bil­der ge­mein­sam an­ge­schaut, und die Kun­den konn­ten sich Bil­der aus­su­chen, die so­fort vor Ort aus­ge­druckt wur­den. Die Fo­tos wur­den so­dann als Ein­zel­bild oder als "Fo­to­buch" (mit ei­ner Klemm­la­sche ver­bun­dene, je­der­zeit her­aus­nehm­bare Bil­der) und/oder in Da­tei­form an die Kun­den ge­gen Ent­gelt über­ge­ben.

Die Tätig­keit der An­trag­stel­le­rin rich­tete sich da­bei an die End­ver­brau­cher. Die Leis­tun­gen be­schränk­ten sich nicht auf die Lie­fe­rung ei­nes Ge­gen­stan­des, son­dern be­inhal­te­ten ver­schie­dene Ele­mente des Dienst­ver­tra­ges und des Rechts- bzw. Sach­kaufs, so­weit Ur­he­ber­rechte mitüber­tra­gen wur­den. Mit dem Fi­nanz­amt stritt die An­trag­stel­le­rin darum, ob die von ihr in Summe er­brach­ten Leis­tungs­be­stand­teile als ein­heit­li­che sons­tige Leis­tung sui ge­ne­ris (§ 3 Abs. 9 UStG) oder als eine Lie­fe­rung gem. § 3 Abs. 1 UStG dar­stell­ten. Letz­te­res hätte zu einem ermäßig­ten Steu­er­satz i.S.d. § 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG geführt, wo­von die An­trag­stel­le­rin aus­ging. Das Fi­nanz­amt ver­an­lagte die An­trag­stel­le­rin in den Um­satz­steu­er­be­schei­den 2010 und 2011 den­noch nach dem Re­gel­steu­er­satz gem. § 12 Abs. 1 UStG.

Das FG wies den hier­ge­gen ge­rich­te­ten An­trag auf Aus­set­zung der Voll­zie­hung ab. Die Be­schwerde wurde nicht zu­ge­las­sen.

Die Gründe:
Die Vor­aus­set­zun­gen für eine Be­steue­rung mit dem ermäßig­ten Steu­er­satz la­gen nicht mit hin­rei­chen­der Wahr­schein­lich­keit vor. Ins­be­son­dere er­brachte die An­trag­stel­le­rin bei sum­ma­ri­scher Prüfung keine Leis­tun­gen i.S.d. § 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG. Dies gilt auch für Zeiträume vor dem 1.1.2017 - et­was an­de­res folgt we­der aus dem BMF-Schrei­ben vom 20.4.2016 (BStBl. I 2016, 483), noch aus einem - teil­weise - ab­wei­chen­den Ver­wal­tungs­han­deln.

Die von der An­trag­stel­le­rin in Summe er­brach­ten Leis­tungs­be­stand­teile stell­ten sich viel­mehr als ein­heit­li­che sons­tige Leis­tung sui ge­ne­ris und nicht als eine Lie­fe­rung dar. Gem. § 3 Abs. 1 UStG sind Lie­fe­run­gen ei­nes Un­ter­neh­mers Leis­tun­gen, durch die er den Ab­neh­mer befähigt, im ei­ge­nen Na­men über den Ge­gen­stand zu verfügen (Ver­schaf­fung der Verfügungs­macht). Sons­tige Leis­tun­gen bzw. Dienst­leis­tun­gen da­ge­gen sind gem. § 3 Abs. 9 S. 1 UStG Leis­tun­gen, die keine Lie­fe­run­gen sind. Für die Frage, un­ter wel­chen Vor­aus­set­zun­gen eine Mehr­zahl ein­zel­ner Leis­tungs­be­stand­teile aus um­satz­steu­er­recht­li­cher Sicht als eine Ge­samt­leis­tung zu be­han­deln ist, gel­ten fol­gende Grundsätze:

Je­der Um­satz ist in der Re­gel als eine ei­gene, selbstständige Leis­tung zu be­trach­ten; al­ler­dings darf eine wirt­schaft­lich ein­heit­li­che Leis­tung im In­ter­esse ei­nes funk­tio­nie­ren­den Mehr­wert­steu­er­sys­tems nicht künst­lich auf­ge­spal­ten wer­den. Des­halb ist das We­sen des frag­li­chen Um­sat­zes zu er­mit­teln, um fest­zu­stel­len, ob der Steu­er­pflich­tige dem Ver­brau­cher meh­rere selbstständige Leis­tun­gen oder eine ein­heit­li­che Leis­tung er­bringt. Da­bei ist auf die Sicht des Durch­schnitts­ver­brau­chers ab­zu­stel­len.

Eine ein­heit­li­che Leis­tung liegt da­nach ins­be­son­dere dann vor, wenn ein oder meh­rere Teile die Haupt­leis­tung und ein oder meh­rere an­dere Teile da­ge­gen Ne­ben­leis­tun­gen sind, die das steu­er­li­che Schick­sal der Haupt­leis­tung tei­len. Eine Leis­tung ist als Ne­ben­leis­tung zu ei­ner Haupt­leis­tung an­zu­se­hen, wenn sie für den Leis­tungs­empfänger kei­nen ei­ge­nen Haupt­zweck erfüllt, son­dern das Mit­tel dar­stellt, um die Haupt­leis­tung des Leis­ten­den un­ter op­ti­ma­len Be­din­gun­gen in An­spruch zu neh­men. Das Glei­che gilt, wenn der Steu­er­pflich­tige für den Ver­brau­cher zwei oder meh­rere Hand­lun­gen vor­nimmt oder Ele­mente lie­fert, die so eng mit­ein­an­der ver­bun­den sind, dass sie ob­jek­tiv eine ein­zige un­trenn­bare wirt­schaft­li­che Leis­tung bil­den, de­ren Auf­spal­tung wirk­lich­keits­fremd wäre. Diese Grundsätze gel­ten auch im Verhält­nis zwi­schen Lie­fe­run­gen und sons­ti­gen Leis­tun­gen/Dienst­leis­tun­gen.

In­fol­ge­des­sen hat die An­trag­stel­le­rin ge­genüber ih­ren Kun­den meh­rere Hand­lun­gen vor­ge­nom­men und Leis­tungs­ele­mente er­bracht, die um­satz­steu­er­lich als eine ein­zige un­trenn­bare wirt­schaft­li­che Leis­tung i.S.d. § 3 Abs. 9 S. 1 UStG an­zu­se­hen sind. Der Schwer­punkt die­ser ein­heit­li­chen Leis­tung lag da­bei nicht in der Lie­fe­rung ei­ner Sa­che (ei­nes Fo­to­buchs). Viel­mehr stellte das ein­heit­li­che Leis­tungsbündel eine Leis­tung ei­ge­ner Art dar, in wel­cher die un­ter­schied­li­chen Ele­mente als un­selbständige Be­stand­teile auf­gin­gen und de­ren prägen­der Cha­rak­ter darin be­stand, für den Kun­den un­ter Zu­hil­fe­nahme ei­nes mo­bi­len Fo­to­stu­dios Bil­der zu er­stel­len, ihm ei­nes oder meh­rere die­ser Bil­der zu ver­schaf­fen und da­durch die pri­vate Nut­zung zu ermögli­chen.

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