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Fragen und Antworten zu den GoBD 2.0

Seit 1.1.2020 gel­ten die neuen „Grundsätze zur ord­nungsmäßigen Führung und Auf­be­wah­rung von Büchern, Auf­zeich­nun­gen und Un­ter­la­gen in elek­tro­ni­scher Form so­wie zum Da­ten­zu­griff (GoBD)“. Wo gibt es für Un­ter­neh­men Lo­cke­run­gen, wo Ver­schärfun­gen und wie können Sie die veränder­ten An­for­de­run­gen ein­hal­ten?

Hol­ger Klindt­worth, Part­ner im Ge­schäfts­be­reich IT-Re­vi­sion (GBIT) von Eb­ner Stolz in Ham­burg be­zieht Stel­lung und be­ant­wor­tet zen­trale Fra­gen.

Holger Klindtworth, Certified Information Systems Auditor, Certified Internal Auditor, Certified Information Security Manager, Ebner Stolz, Ludwig-Erhard-Straße 1, 20459 Hamburg

Unternehmen beschäftigen sich seit Jahren damit, wie sie die GoBD einhalten können, um Strafen zu vermeiden. Jetzt ist die Neufassung in Kraft getreten. Sind damit alle bisherigen Maßnahmen hinfällig, Herr Klindtworth?

Ge­setz­lich hat sich zunächst ein­mal nichts geändert. Die al­ten wie die neuen GoBD be­zie­hen sich auf Steu­er­ge­setze, HGB und AO, die wie bis­her gel­ten. Die GoBD selbst sind ja kein Ge­setz, son­dern eine „Leit­li­nie“ für die Be­triebsprüfer, die fest­legt, was ord­nungsmäßig ist und was nicht. Alle Maßnah­men, die Un­ter­neh­men bis­her er­folg­reich um­ge­setzt ha­ben, können und soll­ten sie also bei­be­hal­ten -– so­weit sie denn wirt­schaft­lich sind und wei­ter­hin ge­for­dert. 

Was ändert sich denn mit diesem Update?

Ge­ne­rell hat man sich in der Neu­fas­sung Mühe ge­ge­ben, die ak­tu­elle IT-Tech­nik zu berück­sich­ti­gen, also z. B. die Nut­zung von Cloud-Sys­te­men. Sie gel­ten jetzt als Me­dium der Da­ten­spei­che­rung. Al­ler­dings sind diese Cloud-Sys­teme ent­spre­chend zu be­wer­ten. Wenn Sie eine Cloud im Aus­land nut­zen wol­len, brau­chen Sie erst eine Ge­neh­mi­gung, egal ob die Cloud in Nord­ko­rea oder der Schweiz aus be­trie­ben wird. Die Fi­nanz­ver­wal­tung muss auch dort Zu­griff auf Ihre Da­ten ha­ben. Wenn das in einem Land nicht möglich scheint, wer­den Sie dafür keine Ge­neh­mi­gung be­kom­men. Also: Cloud-Sys­teme sind grundsätz­lich möglich, aber ho­len Sie sich für das Aus­land in je­dem Fall eine Ge­neh­mi­gung ein – und den­ken Sie daran, ne­ben Steu­er­ge­set­zen gibt es auch noch an­dere Ge­setze und Re­gu­la­rien, wie z. B. den Da­ten­schutz.

Mit den GoBD 2.0 darf man Belege jetzt mobil erfassen. Gibt es dabei auch Einschränkungen?

Zunächst geht es hier um die bild­li­che Er­fas­sung der Be­lege: Das Bild muss für das mensch­li­che Auge les­bar und die not­wen­di­gen Da­ten müssen er­fasst sein. Da­mit ist quasi jede tech­ni­sche Lösung möglich, die das gewähr­leis­tet: sta­tionäre Scan­ner wie auch mo­bile End­geräte. Span­nend wird hier wie­derum die Frage nach dem Aus­land: Sie dürfen grundsätz­lich auch dort Be­lege er­fas­sen. Aber Sie brau­chen einen de­fi­nier­ten Pro­zess und ent­spre­chende Kon­trollmaßnah­men, die die­sen Pro­zess kom­plett ab­si­chern. Stel­len Sie sich vor, Sie sind auf Dienst­reise im Aus­land: Sie wol­len Rei­se­kos­ten gleich di­gi­ta­li­sie­ren, zücken ihr Smart­phone, scan­nen die Taxi-Rech­nung und lei­ten sie an Ihre Buch­hal­tung wei­ter. Die Frage ist jetzt: An wel­cher Stelle be­ginnt der ei­gent­li­che Bu­chungs­vor­gang? So­bald das Bild des Be­legs an die Buch­hal­tung über­tra­gen wurde oder schon da­vor bei der Er­fas­sung und Per­so­na­li­sie­rung? Die­sen Pro­zess soll­ten Sie ge­nau hin­ter­fra­gen und ihn in der Ver­fah­rens­do­ku­men­ta­tion fest­hal­ten.

Wie sieht es aus, wenn Unternehmen ihre gesamte Buchführung outsourcen und ins Ausland verlagern?

Solange die Fi­nanz­ver­wal­tung Zu­griff auf die ent­spre­chen­den Da­ten hat, ist die Spei­che­rung im Aus­land möglich. Auch hier soll­ten Sie sich aber eine Ge­neh­mi­gung ein­ho­len. In­ner­halb der EU ist das eher un­kri­ti­sch. In an­de­ren Fällen ist es wich­tig, dass das Si­cher­heits­ni­veau und das recht­li­che Ni­veau des be­tref­fen­den Staa­tes mit dem von EU-Staa­ten ver­gleich­bar sind.

Die GoBD forderten bisher die Unveränderbarkeit von Belegen: Wollten Unternehmen Belege in andere Formate konvertieren, mussten sie das Original aufbewahren und dieses sowie die konvertierte Datei mit einem gemeinsamen Index versehen, damit die Konvertierung nachvollziehbar ist. Hat sich da jetzt etwas geändert?

Ja, Sie können un­ter be­stimm­ten Umständen auf das Auf­be­wah­ren des Ori­gi­nals ver­zich­ten, z. B. wenn keine bild­li­che oder in­halt­li­che Verände­rung vor­ge­nom­men wird. Aber was heißt ei­gent­lich un­veränder­bar? Sie wer­den ja i. d. R. mit den Be­le­gen ar­bei­ten und z. B. den Ein­gang und die Kon­tie­rung dar­auf ver­mer­ken. Um Un­veränder­bar­keit nach­zu­wei­sen, müssen Sie da­her Maßnah­men er­grei­fen, die si­cher­stel­len, dass ein ori­ginärer Bu­chungs­be­leg nicht geändert wer­den kann, z. B. durch die Ver­sio­nie­rung von Ände­run­gen. Die Tech­no­lo­gie dafür ist Ih­nen nicht vor­ge­ge­ben. Und ganz wich­tig: Sie müssen diese Maßnah­men do­ku­men­tie­ren. Eine Ver­fah­rens­do­ku­men­ta­tion ist auf alle Fälle not­wen­dig. Das hat man in den letz­ten Jah­ren man­gels Kon­se­quen­zen viel­leicht eher ent­spannt ge­se­hen. Ich kann nun aber sa­gen: Diese Lässig­keit ist nicht mehr an­ge­bracht. Wir ha­ben die ers­ten Fälle, wo die Buchführung ver­wor­fen wurde und die feh­lende Ver­fah­rens­do­ku­men­ta­tion zu Verzöge­run­gen bei der Prüfung geführt hat. Eine feh­lende oder lücken­hafte Ver­fah­rens­do­ku­men­ta­tion ist in­zwi­schen kein Ka­va­liers­de­likt mehr und kann zum Ver­wer­fen Ih­rer Buchführung führen, z. B. wenn es für eine IT-gestützte Kas­sen­buchführung keine Do­ku­men­ta­tion des IT-Sys­tems gibt. Dann kommt es zur Schätzung Ih­res Um­sat­zes oder Erlöses. Und zwar im­mer mit einem Si­cher­heits­puf­fer, der so­ge­nann­ten „Zu­schätzung“, der im Zwei­fel auch nicht ge­ring ist. Sie sind in je­dem Fall in der Bring­schuld und müssen die Ord­nungsmäßig­keit Ih­rer Buchführung ir­gend­wie be­le­gen - und das ist die Frage, wie Sie das ohne Ver­fah­rens­do­ku­men­ta­tion Be­werk­stel­li­gen möch­ten!

Die neuen GoBD betonen die Wichtigkeit der Verfahrensdokumentation ja auch noch stärker.

Und das ist auch rich­tig so. Sie müssen je­der­zeit eine ord­nungsmäßige Buchführung nach­wei­sen können. Neh­men wir mal an, Sie ha­ben deut­li­che Pro­zessände­run­gen, viel­leicht durch Einführung ei­nes neuen CRM-Sys­tems. Wenn Sie vor März ein an­de­res CRM und jetzt das neue Sys­tem ge­nutzt ha­ben, brau­chen Sie eine Ver­fah­rens­do­ku­men­ta­tion für beide Zeiträume. Es würde gemäß der GoBD-Neu­fas­sung ei­gent­lich aus­rei­chen, wenn nur die Ände­run­gen an der Ver­fah­rens­do­ku­men­ta­tion ver­sio­niert sind. Aus mei­ner IT-Pro­jekt-Pra­xis würde ich al­ler­dings sa­gen, dass das nicht reicht. Wenn Sie per Ände­rungs­his­to­rie nach­voll­zie­hen wol­len, wie Ihre Sys­teme vor zehn Jah­ren lie­fen und wie sich da­bei alle Pro­zesse geändert ha­ben, ist das nicht wirk­lich prak­ti­ka­bel. Ich persönlich plädiere für eine sau­bere Ver­sio­nie­rung der kom­plet­ten Ver­fah­rens­do­ku­men­ta­tion, um ein­fach kein Ri­siko ein­zu­ge­hen.

Wie sieht es aus, wenn man sein Dokumentenmanagementsystem, mit dem man bisher die Archivierung durchgeführt hat, wechselt? Wird so eine Migration mit den neuen GoBD einfacher?

Das ist nach wie vor ein kri­ti­sches Thema. Sie müssen auch nach der Mi­gra­tion alle Da­ten un­verzüglich les­bar ma­chen können. Die Aus­wert­bar­keit Ih­rer Da­ten sollte bei einem Sys­tem­wech­sel in der Re­gel ja ei­gent­lich bes­ser sein, wenn sie al­les kor­rekt über­neh­men und das Ver­fah­ren sau­ber do­ku­men­tie­ren. Pro­ble­ma­ti­sch wird es in der Pra­xis dann doch im­mer wie­der, weil man in der Re­gel eben nicht al­les mi­griert, son­dern ältere Da­ten weglässt. Was ich hier emp­fehle, ist das Fest­le­gen des Aus­stiegs- und Mi­gra­ti­ons­sze­na­rios. So­zu­sa­gen ein DMS-Ehe­ver­trag. Ha­ben Sie den nicht, können Sie nur dar­auf hof­fen, dass der neue DMS-An­bie­ter Sie beim Wech­sel bestmöglich un­terstützt.

Bei Ebner Stolz prüfen Sie DMS-Lösungen, die GoBD-konform sind. Was können Unternehmen erwarten, wenn sie so eine zertifizierte Software einsetzen?

Zunächst möchte ich be­to­nen, dass so eine Be­schei­ni­gung kein Frei­fahrt­schein ist. Un­ter­neh­men müssen selbst or­ga­ni­sa­to­ri­sche Maßnah­men tref­fen, um re­gu­la­to­ri­sche An­for­de­run­gen zu erfüllen, und die ent­spre­chende Soft­ware dafür sach­gemäß ein­set­zen. Der Prüfer oder das Fi­nanz­ge­richt sieht mit der Be­schei­ni­gung aber, dass Ihre Ar­chiv- oder DMS-Soft­ware an­ge­mes­sen geprüft und die Kon­for­mität im Grunde ge­ge­ben ist, dass Sie sich also um Com­pli­ance bemühen. Eine Be­schei­ni­gung hat da­mit zwei Vor­teile: Ers­tens wis­sen Sie selbst, dass Ihre Soft­ware ge­eig­net ist, und zwei­tens können Sie da­mit im Zwei­fels­fall ge­genüber Behörden ar­gu­men­tie­ren.

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