Freiwilligenprogramme können helfen, einen Personalabbau durch einvernehmliche Regelungen mit den Arbeitnehmern sozialverträglich zu gestalten. Dazu zählen feste Konditionen für Abfindungen im Rahmen von Aufhebungsverträgen sowie Vorruhestands- und Altersteilzeitlösungen. Wesentliche Vorteile: Anders als bei betriebsbedingten Kündigungen ist keine Sozialauswahl notwendig, so dass die Know-how-Träger gehalten werden können. Es findet auch nicht zwingend eine Veränderung der Altersstruktur der Belegschaft statt. Der Personalabbau lässt sich zügiger durchführen sowie Zeit und Kosten für langwierige Kündigungsschutzprozesse mit ungewissem Ausgang sparen. Hinzu kommt die breitere Akzeptanz unter den Mitarbeitern und die bessere Wirkung in der Öffentlichkeit.
Die „Richtigen“ ansprechen
Aus Arbeitgebersicht ist es vorteilhaft, sich gegenüber dem Betriebsrat vorzubehalten, alle Arbeitnehmer des Unternehmens ansprechen zu dürfen. Das ist häufig nicht im Sinne der Arbeitnehmervertreter, die verhindern wollen, dass Druck etwa auf ältere Mitarbeiter ausgeübt wird. Entscheidend ist, einen für alle Beteiligten akzeptablen Ablauf festzulegen. Dem Verlust von Know-how-Trägern können sogenannte Ampel- oder ABC-Listen vorbeugen: Führungskräfte stufen damit die Mitarbeiter in Leistungsträger, durchschnittliche Arbeitnehmer oder Low-Performer ein. Die Freiwilligenprogramme lassen sich auf dieser Basis so bauen, dass sie vor allem für Beschäftigte attraktiv sind, von denen sich der Arbeitgeber trennen möchte. Denkbar ist die Verknüpfung mit individuellen Förderprogrammen inklusive Coaching oder einer Outplacement-Beratung.
Im Blick behalten müssen HR-Manager: Die in Aufhebungsverträgen vorgesehenen Abfindungen können zu einer Sperrzeit für den Bezug von Arbeitslosengeld führen. Möglicherweise drohen durch das vorzeitige Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis auch Abschläge bei der Rente. Unter Umständen sollten etwaige finanzielle Nachteile ausgeglichen werden, um doch noch eine einvernehmliche Trennung zu ermöglichen.
Als besonderen Anreiz sollte das Freiwilligenprogramm eine Turbo- oder Sprinterprämie vorsehen, also einen zusätzlichen Anreiz für Mitarbeiter, generell oder innerhalb einer gesetzten Frist an dem Programm teilzunehmen. In der Regel wird dabei ein Zuschlag auf den ohnehin bestehenden Abfindungsanspruch gewährt. Häufig sind auch Regelungen im Aufhebungsvertrag, die es dem Arbeitnehmer erlauben, das Unternehmen mit einer kurzen Ankündigungsfrist vor dem vorgesehenen Beendigungszeitpunkt zu verlassen. Ein weiteres Erfolgskriterium ist ausreichende Bedenkzeit für die Arbeitnehmer über ihre Teilnahme. Mit mindestens sieben Tagen sollte geplant werden.
Besondere Vorsicht gilt im Hinblick auf die Schwellenwerte einer Massenentlassung: Werden diese überschritten, ist auch ein Aufhebungsvertrag als Entlassung im Sinne des Massenentlassungsrechts zu bewerten. In diesem Fall muss der Arbeitgeber ein Informations- und Konsultationsverfahren mit dem Betriebsrat durchführen, gegebenenfalls auch nur vorsorglich. Um rechtzeitig eine Massenentlassungsanzeige bei der zuständigen Agentur für Arbeit einzureichen, sollte die Personalabteilung sorgfältig dokumentieren, wann welche Aufhebungsverträge abgeschlossen werden sollen.
Freiwilligenprogramm kann Betriebsänderung gemäß § 111 BetrVG darstellen
Je stärker der Betriebsrat die Maßnahme unterstützt und den Arbeitnehmern als ernstzunehmende Option nahebringt, umso erfolgreicher das Programm. Zwar besteht kein originäres Mitbestimmungsrecht. Die zu Grunde liegende Maßnahme kann aber eine Betriebsänderung gemäß § 111 BetrVG darstellen: etwa wenn Standorte verlagert, Organisation oder Arbeitsmethoden grundlegend geändert werden, oder wenn ein Unternehmen wesentliche Betriebsteile zusammenschließt oder abspaltet. Das Freiwilligenprogramm ist dann Bestandteil der Interessenausgleichsverhandlungen mit dem Betriebsrat, in denen der Arbeitgeber die beabsichtigte Betriebsänderung und deren Umsetzung beschreibt. Im Einzelfall gilt es sorgfältig abzuwägen: Ist es sinnvoller, das Freiwilligenprogramm in die Verhandlungen über einen Interessenausgleich zu integrieren oder diesen vorzulagern? Notwendig ist ein ernsthafter Einigungswillen. Bei einem Scheitern der Verhandlungen kann jede Partei die Einigungsstelle anrufen und hoffen, dass „die andere Seite“ mit der Einsetzung der Einigungsstelle einverstanden ist. Falls nein, kommt es zu weiteren zeitlichen Verzögerungen.
Zeit- und Maßnahmenplan für gesamtes Verfahren
Um Risiken vorzubeugen, bedarf es eines Zeit- und Maßnahmenplans für die gesamte Dauer des Verfahrens. Laut Gesetz ist der Betriebsrat über eine Betriebsänderung „rechtzeitig und umfassend“ zu unterrichten. Es muss immer gewährleistet sein, dass er noch in der Lage ist, sein Beratungsrecht auszuüben. Bei bereits vollendeten Tatsachen ist dies selbstredend nicht der Fall, aber eine unverbindliche Planung ist dem Arbeitgeber zuzugestehen.
Die Verhandlungen von Interessenausgleich und Sozialplan laufen in der Praxis parallel. Letzteren kann der Betriebsrat im Gegensatz zum Interessenausgleich erzwingen, bei einem Personalabbau allerdings nur, wenn dieser die in § 112a BetrVG genannten Schwellenwerte überschreitet. Ziel ist, die wirtschaftlichen Nachteile einer Betriebsänderung für Arbeitnehmer auszugleichen oder zu mildern. Grundsätzlich wird der Betriebsrat in der Praxis regelmäßig keinen Interessenausgleich unterzeichnen, bevor nicht auch der Sozialplan ausverhandelt ist.
Fazit
Zu einer sorgfältig durchdachte Gesamtstrategie zählt die rechtzeitige Einbindung und umfassende Information des Betriebsrats. In aller Regel bewährt es sich, keine „Salamitaktik“ zu wählen. Nur der Betriebsrat, der sich wirklich eingebunden fühlt und die Maßnahme sowohl technisch als auch wirtschaftlich versteht, wird diese erfolgreich in die Belegschaft tragen.