Der Sachverhalt:
Die Kläger in den beiden vorliegenden Verfahren hatten ihre Steuererklärungen für 2009 am 31.12.2013 gegen 20 Uhr bei einem unzuständigen Finanzamt eingeworfen. Das zuständige Finanzamt lehnte eine Veranlagung mit der Begründung ab, dass die Erklärungen erst 2014 an die zutreffende Stelle weitergeleitet worden sei. Der Antrag auf Durchführung einer Veranlagung sei damit erst nach Ablauf der vierjährigen Festsetzungsfrist und damit verspätet gestellt worden.
Das FG gab der gegen den Ablehnungsbescheid gerichteten Klage statt. Allerdings wurde in beiden Fällen zur Fortbildung des Rechts und zur Wahrung einer einheitlichen Rechtsprechung die Revision zugelassen. Die Verfahren werden beim BFH unter den Az.: VI R 37/17 und VI R 38/17 geführt.
Die Gründe:
Das Finanzamt ist nach § 25 Abs. 1 EStG verpflichtet, die Veranlagung der Kläger zur Einkommensteuer 2009 durchzuführen. Die Kläger hatten durch Einwerfen ihrer Steuererklärung am 31.12.2013 innerhalb der Festsetzungsfrist wirksam Anträge auf Veranlagung nach § 46 Abs. 2 Nr. 8 S. 2 EStG gestellt, die den Ablauf der Festsetzungsfrist nach § 171 Abs. 3 AO hemmten.
Es ist schließlich gesetzlich nicht vorgeschrieben, dass ein Veranlagungsantrag beim zuständigen Finanzamt eingehen muss. Zudem kann die Finanzverwaltung einem steuerlich unberatenen Bürger nicht die Unzuständigkeit eines Finanzamts vorhalten, wenn sie selbst - wie hier - nach außen als einheitliche Verwaltung auftritt. Diese Beurteilung ist umso mehr geboten, weil auch bei unverschuldetem Versäumen der Festsetzungsfrist eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 110 AO nicht in Betracht kommt.
Letztlich ging auch der Einwurf der Erklärungen außerhalb der üblichen Bürozeiten nicht zu Lasten der Kläger. Denn insoweit hat die Finanzverwaltung einen generellen Empfangs- bzw. Zugangswillen. Eine starre Anwendung der zivilrechtlichen Zugangsregeln für Willenserklärungen (§ 130 BGB) würde dem besonderen öffentlichen-rechtlichen Auftrag der Finanzverwaltung nicht gerecht. Gem. § 85 AO haben die Finanzbehörden die Steuern nach Maßgabe der Gesetze gleichmäßig festzusetzen und zu erheben. Mit diesem Grundsatz wäre es nach Ansicht des Senats nicht zu vereinbaren, wenn bei Eingang eines Veranlagungsantrages am letzten Tag der Festsetzungsfrist eine Veranlagung in einem anderen Bundesland durchgeführt würde, weil dort die Ämter der Finanzverwaltung geöffnet sind, nicht aber in NRW, weil hier diese Ämter geschlossen sind.
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