Der Sachverhalt:
Die Klägerin betreibt als GbR ein Autohaus. Beim Verkauf der Kfz bot sie den Käufern an, eine erweiterte Gebrauchtwagengarantie gegen gesondert berechnetes Entgelt abzuschließen. Diese Garantiezusage war rückversichert über die X-S.A., Niederlassung Deutschland, die unter der Marke X-Warranty agierte. Sowohl das Garantiezertifikat als auch die Garantievereinbarung weisen die Klägerin als Garantiegeberin und den Käufer des Kfz als Garantienehmer aus.
Die Klägerin stellte gegenüber ihren Käufern als Garantienehmern über die Zusatzgarantie eine Rechnung ohne Ausweis von Umsatzsteuer aber mit 19 % Versicherungsteuer aus, die von diesen ihr gegenüber beglichen wurde. In ihren Umsatzsteuererklärungen behandelte sie Klägerin die Entgelte für die Garantiezusagen als steuerfrei. Nach einer Betriebsprüfung für die Streitjahre 2012 und 2013 vertrat das Finanzamt allerdings die Ansicht, die Garantiezusage gewähre dem Kunden ein Wahlrecht zwischen Reparatur durch die Klägerin oder Reparaturkostenersatz und stelle eine unselbständige Nebenleistung zum Gebrauchtwagenkauf dar. Die Voraussetzungen für eine Steuerbefreiung seien demnach nicht erfüllt.
Das FG wies die hiergegen gerichtete Klage ab. Es stufte die von der Klägerin gewährten Garantien als unselbständige Nebenleistungen zum Gebrauchtwagenkauf ein. Auf die Revision der Klägerin hob der BFH das Urteil auf und gab der Klage statt.
Gründe:
Die Umsätze aus den Garantiezusagen der Klägerin sind umsatzsteuerfrei. Die entgeltliche Garantiezusage der Klägerin stellt keine unselbständige Nebenleistung zur Fahrzeuglieferung, sondern eine eigenständige Leistung dar. Entgegen der Würdigung der Vorinstanz handelt es sich bei der im Streitfall vorliegenden selbständigen Garantiezusage nicht um ein Leistungsbündel, das durch das Versprechen der Einstandspflicht des Händlers geprägt ist, sondern lediglich um das Versprechen der Kostenübernahme im Garantiefall.
Die Steuerfreiheit der mit der Garantiezusage gewährten Leistung der Klägerin ergibt sich zumindest nach § 4 Nr. 10 Buchst. a UStG. Danach sind die Leistungen aufgrund eines Versicherungsverhältnisses i.S.d. VersStG steuerfrei; das gilt auch, wenn die Zahlung des Versicherungsentgelts nicht der Versicherungsteuer unterliegt. Grundlage der in § 4 Nr. 10 Buchst. a UStG normierten Befreiung ist Art. 135 Abs. 1 Buchst. a MwStSystRL. Danach befreien die Mitgliedstaaten Versicherungs- und Rückversicherungsumsätze einschließlich der dazugehörigen Dienstleistungen, die von Versicherungsmaklern und -vertretern erbracht werden, von der Steuer. Mit der Garantiezusage, durch die die Klägerin im Garantiefall eine Geldleistung versprochen hat, liegt eine Leistung aufgrund eines Versicherungsverhältnisses i.S.d. VersStG i.S.d. § 4 Nr. 10 Buchst. a UStG vor.
Dieses Ergebnis entspricht auch dem Normzweck. Durch die Steuerbefreiung des § 4 Nr. 10 UStG soll nämlich eine doppelte Belastung des Versicherten mit Versicherungsteuer und Umsatzsteuer vermieden werden. Die von der Klägerin erhaltenen Entgelte umfassen die Versicherungsprämie und damit auch die darin enthaltene Versicherungsteuer. Damit sind die Kunden (Versicherungsnehmer) mit der Versicherungsteuer belastet. Es würde deshalb dem Sinn des § 4 Nr. 10 UStG widersprechen, wenn die Verschaffung des Versicherungsschutzes zusätzlich umsatzsteuerpflichtig wäre. Dies gilt umso mehr, als die Reparaturleistungen im Versicherungsfall, die von der Klägerin bezahlt werden, ihrerseits umsatzsteuerpflichtig sind.
Mit BMF-Schreiben vom 11.05.2021 (BStBl. I 2021, S. 781) hat die Finanzverwaltung unter Aufgabe ihrer anderslautenden Verwaltungsauffassung die Rechtsauffassung des BFH übernommen. Die in diesem Schreiben ursprünglich enthaltene Nichtbeanstandungsregelung für vor dem 01.07.2021 abgegebene Garantiezusagen (zwischenzeitlich mit BMF-Schreiben vom 16.06.2021 auf den 01.01.2022 verlängert) wurde nun nochmals mit BMF-Schreiben vom 18.10.2021 (Az. III C 3 - S 7163/19/10001 :001, DStR 2021, S. 2469) großzügig um ein weiteres Jahr, also auf alle vor dem 01.01.2023 abgegebene Garantiezusagen verlängert.
Hinweis: Betroffene Kfz-Händler sollten diese Frist nutzen, ihre Geschäftsvorfälle zu analysieren, um zum einen mögliche Versicherungssteuerpflichten aber zum anderen auch Vorsteuerabzugsbeschränkungen zu vermeiden. Kommen die neuen Grundsätze zum Tragen und werden unter der Garantiezusage Reparaturleistungen eingekauft, soll insoweit der Vorsteuerabzug ausgeschlossen sein, da diese dann mit einer steuerfreien Leistung unmittelbar im Zusammenhang stehen.