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Steuerberatung

Garantiezusage eines Autohändlers als einheitliche untrennbare Leistung

Niedersächsisches FG 23.2.2017, 11 K 134/16

Eine ein­heit­li­che Leis­tung ist auch dann an­zu­neh­men, wenn der Steu­er­pflich­tige für den Ver­brau­cher zwei oder mehr Hand­lun­gen vor­nimmt oder Ele­mente lie­fert, die aus der Sicht des Durch­schnitts­ver­brau­chers so eng mit­ein­an­der verknüpft sind, dass sie ob­jek­tiv eine ein­zige un­trenn­bare wirt­schaft­li­che Leis­tung bil­den, de­ren Auf­spal­tung wirk­lich­keits­fremd wäre. In­so­fern ist eine Ga­ran­tie­zu­sage ei­nes Au­tohänd­lers als ein­heit­li­che un­trenn­bare Leis­tung an­zu­se­hen, die durch das Ver­spre­chen der Ein­stands­pflicht des Händ­lers beim Ge­braucht­wa­gen­kauf geprägt ist (Kom­bi­na­ti­ons­mo­dell).

Der Sach­ver­halt:
Die Kläge­rin be­treibt ein Au­to­haus, das den Käufern an­bie­tet, eine er­wei­terte Ge­braucht­wa­gen­ga­ran­tie ge­gen ge­son­dert be­rech­ne­tes Ent­gelt ab­zu­schließen. Diese Ga­ran­tie­zu­sage ist rück­ver­si­chert. Sie er­folgt als Ver­trag zwi­schen der Kläge­rin und dem Käufer. Der Ga­ran­ti­eneh­mer kann wählen, ob er die Re­pa­ra­tur durch sei­nen Händ­ler ausführen lässt (Re­pa­ra­turan­spruch) oder den durch den Händ­ler darüber hin­aus ver­schaff­ten Ver­si­che­rungs­schutz in An­spruch nimmt und die Re­pa­ra­tur durch eine an­dere Werk­statt vor­neh­men lässt (Re­pa­ra­tur­kos­ten­er­satz­an­spruch). Die Kläge­rin als Ver­si­che­rungs­neh­mer stellt ge­genüber ih­ren Käufern als Ga­ran­ti­eneh­mern über die Zu­satz­ga­ran­tie eine Rech­nung aus, die von die­sen ihr ge­genüber be­gli­chen wird. Die Rück­vergütun­gen aus dem Ver­trag über die Rück­ver­si­che­rung wer­den so­dann an die Kläge­rin aus­ge­zahlt.

Nach ei­ner Be­triebsprüfung für die Streit­jahre 2012 und 2013 war das Fi­nanz­amt der An­sicht, die Ga­ran­tie­zu­sage stelle eine un­selbständige Ne­ben­leis­tung zum Ge­braucht­wa­gen­kauf dar. Auch seien die Vor­aus­set­zun­gen für eine Steu­er­be­frei­ung nach § 4 Nr. 8g UStG oder § 4 Nr. 10b UStG nicht ge­ge­ben. Die Kläge­rin gewähre ih­ren Kun­den beim Au­to­ver­kauf eine zusätz­li­che Ge­braucht­wa­gen­ga­ran­tie ge­gen Ent­gelt, die dem Begüns­tig­ten ein Wahl­recht auf einen Re­pa­ra­turan­spruch oder einen Re­pa­ra­tur­kos­ten­er­satz­an­spruch lie­fere. In einem sol­chen Fall stelle die Ga­ran­tie­zu­sage des Händ­lers eine ein­heit­li­che sons­tige Leis­tung ei­ge­ner Art i.S.d. § 3 Abs. 9 UStG dar. Eine Auf­tei­lung der Leis­tung - in eine sol­che nach § 4 Nr. 8g UStG und nach § 4 Nr. 10b UStG - sei ent­ge­gen der früheren BFH-Recht­spre­chung nicht zulässig.

Mit ih­rer Klage machte die Kläge­rin gel­tend, bei der Ga­ran­tie­zu­sage han­dele es sich um zwei ge­trennt zu be­ur­tei­lende Leis­tun­gen, wo­bei die Ver­si­che­rungs­leis­tung als ei­genständige sons­tige Leis­tung von der Um­satz­steuer be­freit sei. Das FG wies die Klage ab. Al­ler­dings wurde im Hin­blick auf die neuere EuGH-Recht­spre­chung die Re­vi­sion zu­ge­las­sen.

Die Gründe:
Die Umsätze aus den Ga­ran­tie­zu­sa­gen der Kläge­rin wa­ren um­satz­steu­er­pflich­tig. Das Fi­nanz­amt hatte zu Recht an­ge­nom­men, dass es sich bei der von der Kläge­rin gewähr­ten Ga­ran­tie um un­selbständige Ne­ben­leis­tun­gen zum Ge­braucht­wa­gen­kauf han­dele.

Eine ein­heit­li­che Leis­tung ist auch dann an­zu­neh­men, wenn der Steu­er­pflich­tige für den Ver­brau­cher zwei oder mehr Hand­lun­gen vor­nimmt oder Ele­mente lie­fert, die aus der Sicht des Durch­schnitts­ver­brau­chers so eng mit­ein­an­der verknüpft sind, dass sie ob­jek­tiv eine ein­zige un­trenn­bare wirt­schaft­li­che Leis­tung bil­den, de­ren Auf­spal­tung wirk­lich­keits­fremd wäre. Die letzt­ge­nann­ten Vor­aus­set­zun­gen ei­ner un­trenn­ba­ren wirt­schaft­li­chen Leis­tung wa­ren im vor­lie­gen­den Fall bei der ge­bo­te­nen Ge­samt­be­trach­tung der Ga­ran­tie­zu­sage erfüllt.

Bei der da­nach vor­lie­gen­den ein­heit­li­chen Leis­tung han­delte es sich um eine sons­tige Leis­tung ei­ge­ner Art i.S.d. § 3 Abs. 9 UStG, die aus der Sicht des Durch­schnitts­ver­brau­chers nicht durch die - gem. § 4 Nr. 10b UStG steu­er­freie - Ver­schaf­fung von Ver­si­che­rungs­schutz, son­dern durch das Ver­spre­chen der Ein­stands­pflicht des Händ­lers geprägt ist. Die um­satz­steu­er­recht­li­che Qua­li­fi­zie­rung ei­ner ein­heit­li­chen Leis­tung ver­langt nach EuGH-Recht­spre­chung eine Be­stim­mung ih­rer do­mi­nie­ren­den oder we­sent­li­chen Be­stand­teile. Die um­fas­sende Ein­stands­pflicht des Händ­lers, bei dem das Kfz ge­kauft wurde, macht aus der Sicht des Durch­schnitts­ver­brau­chers das We­sen und die Be­deu­tung der Ga­ran­tie­zu­sage aus, weil zu die­sem Händ­ler ein Ver­trau­ens­verhält­nis be­steht, das eine un­kom­pli­zierte Ab­wick­lung des evtl. Scha­dens­falls ver­spricht.

Ent­ge­gen der Auf­fas­sung der Kläge­rin er­gab sich auch nichts an­de­res aus dem EuGH-Ur­teil vom 16.7.2015 (N. asis­ten­cia und N. War­ranty - C-584/13). Zwar ist der Be­griff der Ver­si­che­rungs­umsätze nach Art. 13 Teil B Buchst. a der Sechs­ten Richt­li­nie wie der EuGH in der zi­tier­ten Ent­schei­dung in der Rand­zif­fer 30 ausführt, weit ge­nug, um die Gewährung von Ver­si­che­rungs­schutz durch einen Steu­er­pflich­ti­gen zu um­fas­sen, der nicht Ver­si­che­rer ist, aber im Rah­men ei­ner Grup­pen­ver­si­che­rung sei­nen Kun­den einen sol­chen Schutz durch In­an­spruch­nahme der Leis­tun­gen ei­nes Ver­si­che­rers ver­schafft, der das ver­si­cherte Ri­siko über­nimmt. Eine Leis­tung un­ter­liegt, auch wenn sie als Ver­si­che­rungs­um­satz ein­zu­stu­fen ist, je­doch gleich­wohl der Mehr­wert­steuer, wenn sie un­trenn­bar mit dem Ver­kauf des Ge­braucht­fahr­zeugs ver­bun­den ist und des­we­gen die glei­che steu­er­li­che Be­hand­lung er­fah­ren muss wie die­ser.

Link­hin­weis:

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