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Gekündigtes Mandat: Steuerberater zur Datenüberlassung an die Finanzverwaltung verpflichtet

Schleswig-Holsteinisches FG 10.12.2015, 2 V 95/15

Ein Steu­er­be­ra­ter ist auch dann gem. §§ 147 Abs. 6, 97, 104 Abs. 2 AO zur Über­las­sung ei­nes Da­ten­sticks mit der Buchführung sei­nes (ehe­ma­li­gen) Man­da­ten an die Fi­nanz­ver­wal­tung bzw. al­ter­na­tiv zur Frei­gabe der Da­ten bei der DA­TEV e.G. ver­pflich­tet, wenn er ge­genüber dem (ehe­ma­li­gen) Man­dan­ten Zurück­be­hal­tungs­rechte aus § 66 StBerG bzw. § 273 BGB gel­tend macht.

Der Sach­ver­halt:
Die An­trag­stel­le­rin ist eine Steu­er­be­ra­tungs­ge­sell­schaft in der Rechts­form ei­ner GbR, die von einem Steu­er­pflich­ti­gen mit sei­ner steu­er­li­chen Ver­tre­tung be­auf­tragt wor­den war. Letz­te­rer war buchführungs­pflich­tig und er­mit­telte sei­nen Ge­winn durch Be­triebs­vermögens­ver­gleich. Für die Jahre 2010 bis 2012 hatte die An­trag­stel­le­rin die Steu­er­erklärun­gen und Ge­winn­er­mitt­lun­gen für den Steu­er­pflich­ti­gen ge­fer­tigt, ab dem Ver­an­la­gungs­zeit­raum 2013 war ein neuer Steu­er­be­ra­ter tätig ge­wor­den.

Das Fi­nanz­amt ord­nete im Jahr 2014 beim Steu­er­pflich­ti­gen eine Außenprüfung für die Jahre 2010 bis 2012 an. Im Rah­men der Prüfungs­vor­be­rei­tung teilte der neue Steu­er­be­ra­ter dem Prüfer mit, dass die er­for­der­li­chen Un­ter­la­gen sich bei der An­trag­stel­le­rin befänden, die we­gen of­fe­ner Ho­no­rar­for­de­run­gen ein Zurück­be­hal­tungs­recht gel­tend ma­che.

Per Be­scheid for­derte das Fi­nanz­amt dar­auf­hin die An­trag­stel­le­rin auf, für den Steu­er­pflich­ti­gen A einen dem GDPdU-Stan­dard ent­spre­chen­den Da­tenträger mit den Buchführungs­da­ten zur Durchführung ei­ner Be­triebsprüfung für die Jahre 2010 bis 2012 (Ein­kom­men-, Ge­werbe- und Um­satz­steuer) un­verzüglich her­aus­zu­ge­ben, hilfs­weise ge­genüber der DA­TEV e.G. un­verzüglich schrift­lich die Zu­stim­mung zur Er­stel­lung und Über­sen­dung ei­nes ent­spre­chen­den Da­tenträgers zu erklären.

Das FG lehnte den hier­ge­gen ge­rich­te­ten An­trag auf Aus­set­zung der Voll­zie­hung ab. Ge­gen den Be­schluss wurde Be­schwerde ein­ge­legt. Das Be­schwer­de­ver­fah­ren wird beim BFH un­ter dem Az. II B 97/15 geführt.

Die Gründe:
Das Fi­nanz­amt kann von der An­trag­stel­le­rin die Her­aus­gabe ei­nes dem GDPdU-Stan­dard ent­spre­chen­den Da­tenträgers mit den Buchführungs­da­ten zur Durchführung ei­ner Be­triebsprüfung für die Jahre 2010 bis 2012 (Ein­kom­men-, Ge­werbe- und Um­satz­steuer) ver­lan­gen. Die ent­spre­chende Er­mes­sens­ent­schei­dung des An­trags­geg­ners ist rechtmäßig (§ 102 FGO).

Ein Steu­er­be­ra­ter ist gem. §§ 147 Abs. 6, 97, 104 Abs. 2 AO zur Über­las­sung ei­nes Da­ten­sticks mit der Buchführung sei­nes Man­da­ten an die Fi­nanz­ver­wal­tung bzw. al­ter­na­tiv zur Frei­gabe der Da­ten bei der DA­TEV e.G. ver­pflich­tet. Dem steht auch nicht das Zurück­be­hal­tungs­recht aus § 66 StBerG ge­genüber dem Man­dan­ten ent­ge­gen. Der Steu­er­be­ra­ter ist nicht be­rech­tigt, sich ge­genüber dem öff­ent­lich-recht­li­chen Vor­la­ge­an­spruch der Fi­nanz­ver­wal­tung auf sein Zurück­be­hal­tungs­recht zu be­ru­fen. In­so­weit fehlt es an ei­ner ge­setz­li­chen Grund­lage. Glei­ches gilt auch für das von der An­trag­stel­le­rin gel­tend ge­machte Zurück­be­hal­tungs­recht aus § 273 BGB. Hier­bei han­delt es sich eben­falls um ein schuld­recht­li­ches Zurück­be­hal­tungs­recht ge­genüber dem Man­dan­ten als Auf­trag­ge­ber. Die schuld­recht­li­chen Be­zie­hun­gen zwi­schen dem Steu­er­pflich­ti­gen und der An­trag­stel­le­rin sind je­doch im Verhält­nis zum An­trags­geg­ner ir­re­le­vant.

Der Um­stand, dass es zwi­schen dem Steu­er­be­ra­ter und dem Steu­er­pflich­ti­gen zi­vil­recht­li­che Strei­tig­kei­ten über die je­wei­lige Erfüllung der Ver­trags­pflich­ten gibt und ggf. der Steu­er­be­ra­ter auch eine Be­trugs­an­zeige ge­gen den Steu­er­pflich­ti­gen er­hebt, ändert nichts daran, dass im Verhält­nis zum Fi­nanz­amt die Un­ter­la­gen "für" den Steu­er­pflich­ti­gen auf­be­wahrt wer­den. Denn dies ist die Folge der be­ste­hen­den ver­trag­li­chen Ver­bin­dun­gen zwi­schen ihr und dem Steu­er­pflich­ti­gen. Die An­trag­stel­le­rin hatte den Auf­trag, die Buchführung "für" den Steu­er­pflich­ti­gen zu fer­ti­gen. Die Ver­wend­bar­keit der er­stell­ten Buchführung als Be­weis­mit­tel in an­de­ren Ver­fah­ren hat in­so­weit keine Aus­wir­kung. Da­bei sind i.Ü. Ur­kun­den i.S.d. § 97 Abs. 1 AO auch Aus­dru­cke der Kon­ten der Fi­nanz­buchführung, die Jour­nale, die Pri­ma­no­ten und die Sum­men- und Sal­den­lis­ten.

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