Der Sachverhalt:
Der Kläger war bis März 2013 als kommunaler Verwaltungsangestellter beschäftigt. Danach bezog er Renteneinkünfte aus der Kommunalen Versorgungskasse für Westfalen-Lippe und eine Rente der Deutschen Rentenversicherung Bund. Grundlage für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses des Klägers war ein Ende 2012 zwischen ihm und der Stadt geschlossener Auflösungsvertrag. Dieser sah vor, dass das Arbeitsverhältnis im gegenseitigen Einvernehmen und ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist beendet werde. Zudem war geregelt, dass der Kläger zum Zeitpunkt seines Ausscheidens eine Abfindung i.H.v. 36.250 € erhalten sollte. Alle gegenseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis sollten erlöschen und der Kläger verzichtete auf weitere rechtliche Schritte etwaiger Höhergruppierungs- und Gleichbehandlungsbegehren.
Die Gründe:
Das Finanzamt hatte unzutreffend den ermäßigten Steuersatzes gem. § 34 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 2 i.V.m. § 24 Nr. 1 EStG nicht auf die von der Stadt gezahlte Abfindung angewandt. Danach unterliegen Entschädigungen als außerordentliche Einkünfte einem besonderen (ermäßigten) Steuersatz. Die hier gezahlte Abfindung erfüllte die Voraussetzungen einer Entschädigung gem. § 24 Nr. 1 a) EStG.
Durch den Abschluss des Auflösungsvertrages erlitt der Kläger einen Schaden in Form des Wegfalls seiner Bezüge aus dem Anstellungsvertrag. Die Abfindungszahlung war unmittelbar zum Ausgleich dieses Schadens bestimmt. Neue Rechtsgrundlage für die Abfindung war der Auflösungsvertrag. Der Kläger stand bei dem Abschluss des Auflösungsvertrages auch unter dem von der BFH-Rechtsprechung geforderten nicht unerheblichen tatsächlichen Druck, denn er handelte in einer Konfliktlage zur Vermeidung von Streitigkeiten über die weitere Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses und über die von ihm begehrte Höhergruppierung.
Der Anwendung des § 24 Nr. 1 a) EStG stand dabei nicht entgegen, dass der Kläger auf die Stadt zugegangen war und den Abschluss eines Auflösungsvertrages mit Abfindungsregelung eingefordert hatte. Für die Annahme einer Konfliktsituation i.S.d. BFH-Rechtsprechung, die das von der Rechtsprechung entwickelte Merkmal der "Zwangssituation" erfüllen soll, muss es ausreichen, dass überhaupt eine gegensätzliche Interessenlage zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer bestand, beide Konfliktparteien zur Entstehung des Konflikts beigetragen haben und die Parteien den Konflikt im Konsens lösen. Diese Voraussetzungen waren im vorliegenden Fall erfüllt, denn der Kläger und die Stadt hatten durch die Auflösungsvereinbarung ihre Interessenkonflikte bezüglich eines vorzeitigen Ausscheidens des Klägers aus dem Dienst und bezüglich einer Höhergruppierung des Klägers bereinigt. Hätte der Kläger - anders als im Streitfall - ohne Auflage des Programms zur Personalreduzierung die vorzeitige Auflösung seines Arbeitsvertrages gegen Abfindung begehrt und vorangetrieben, wäre eine Anwendung des § 24 Nr. 1 a) EStG ausgeschlossen.
Es ist jedoch nicht abschließend geklärt, welche Anforderungen an eine Konfliktlage, die als "besonderes Ereignis" i.S.d. BFH-Rechtsprechung zur Annahme einer Entschädigung i.S.v. § 24 Nr. 1 a) EStG führt, zu stellen sind, insbesondere, ob hierfür das Bestehen einer gegensätzlichen Interessenlage zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer, zu deren Entstehung beide Konfliktparteien beigetragen haben und die im Konsens gelöst wird, ausreicht, ohne dass es auf das Gewicht und den Zeitpunkt der jeweiligen Verursachungsbeiträge für die Entstehung der Konfliktlage ankommt. Infolgedessen wurde die Revision zum BFH zugelassen.
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