Der Sachverhalt:
Der Kläger war mit 98 % Mehrheitsgesellschafter und alleiniger Geschäftsführer der beklagten GmbH, die seit 1995 im Bereich der betrieblichen Altersversorgung tätig war. Im November 1999 erteilte die Beklagte dem Kläger eine Pensionszusage. Der Kläger beabsichtigte nach Erreichen des Rentenalters, einen bedeutenden Teil seiner Geschäftsanteile zu veräußern und zugleich seinen Söhnen S. und N. eine dauerhafte Anstellung als Geschäftsführer der Beklagten zu ermöglichen.
Im Juni 2013 veräußerte der Kläger 51 % der Geschäftsanteile an die zur K. -Unternehmensgruppe gehörende E. GmbH, die damit Mehrheitsgesellschafterin wurde. Im Juli 2013 schlossen die K., die E. GmbH, die Beklagte und der Kläger einen Grundlagenvertrag. Dieser regelte u.a. eine Überleitung der Geschäfte der Beklagten auf die K. Ab August 2013 sollten alle Leistungen der Beklagten den Kunden durch die K. in Rechnung gestellt werden; die Pensionsverpflichtungen sollten aber bei der Beklagten verbleiben. Vereinbart wurden ferner der Abschluss eines Beratervertrags zwischen der K. und dem Kläger sowie eine liquiditätsabhängige Beteiligung des Klägers am Umsatz der K. mit Altmandanten. Im Zusammenhang mit der Anteilsveräußerung wurden neben dem Kläger dessen Söhne sowie der Geschäftsführer der E. GmbH zu weiteren Geschäftsführern der Beklagten bestellt.
Ab August 2013 kam es zu Streitigkeiten auf mehreren Ebenen, die in ein nachhaltiges Zerwürfnis zwischen dem Kläger und dem Geschäftsführer der E. GmbH mündeten. Noch im August 2013 verpfändete der Kläger namens der Beklagten zu seinen Gunsten Vermögenswerte der Beklagten, die zur Deckung der Pensionszusage deponiert waren. Nachdem die Pensionszahlung für September 2013 ausgeblieben war, teilte der Kläger der Beklagten mit, dass er von seinem bestrittenen Recht auf Kapitalabfindung Gebrauch mache und veranlasste den Transfer der zu seinen Gunsten verpfändeten Vermögenswerte auf ein für ihn und seine Ehefrau geführtes Konto. Die Beklagte nahm den Kläger in einem Parallelverfahren erfolgreich auf Rückerstattung in Anspruch.
Im September 2013 verweigerten der Kläger und seine Söhne ihnen bekannten Mitarbeitern der E. GmbH den Zutritt zu den Geschäftsräumen der Beklagten. Kurz darauf beschloss die Gesellschafterversammlung der Beklagten mehrheitlich, den Verwaltungssitz zu verlegen. Der Kläger, der diesen Beschluss für unwirksam hielt, weigerte sich, seine Tätigkeit an dem neuen Ort aufzunehmen. Die gegen den Gesellschafterbeschluss gerichtete Anfechtungsklage des Klägers hatte im Ergebnis keinen Erfolg.
Mit einem Rundschreiben aus Oktober 2013 wandte sich der Kläger an Kunden der Beklagten und teilte mit, er sei als Geschäftsführer der Beklagten bis auf weiteres nicht mehr unter der bekannten Festnetznummer, sondern nur noch unter seiner näher bezeichneten Mobilfunknummer erreichbar. In einer anschließenden Gesellschafterversammlung wurde der Kläger als Geschäftsführer abberufen. Weiter wurde beschlossen, die dem Kläger erteilte Pensionszusage zu widerrufen. Diesen Beschluss hat der Kläger in einem Parallelverfahren erfolgreich angefochten. In der Gesellschafterversammlung aus November 2013 wurde zu TOP 4 die Bestätigung des Gesellschafterbeschlusses aus Oktober 2013 über den Widerruf der dem Kläger erteilten Pensionszusage beschlossen; weiter wurde beschlossen, den Widerruf vorsorglich erneut zu erklären.
Während dieser Zeit wurde der Kläger im Bereich der betrieblichen Altersversorgung bei einem Konkurrenzunternehmen tätig. Demgegenüber hat die Beklagte ihre Geschäftstätigkeit mittlerweile eingestellt. Sie erhebt den Vorwurf, dass der Kläger und seine Söhne die Bestandskunden der Beklagten bzw. die für die Kundenwerbung maßgebenden "Multiplikatoren" auf das neue Unternehmen übergeleitet hätten.
Die Anfechtungsklage war teilweise erfolgreich. Mit seiner vom OLG zugelassenen Revision verfolgte der Kläger nur noch die Anfechtung des zu TOP 4 zum erneuten Widerruf der Pensionszusage gefassten Gesellschafterbeschlusses weiter. Der BGH hob die Berufungsentscheidung auf und wies die Sache an das OLG zurück.
Gründe:
Der angegriffene Gesellschafterbeschluss zum "Widerruf" der Pensionszusage kann nur Bestand haben, wenn die Verpflichtungen der Beklagten aus der Pensionszusage nicht mehr bestehen oder die Beklagte eine Erfüllung dieser Verpflichtungen verweigern, insbesondere dem Kläger den Einwand des Rechtsmissbrauchs entgegenhalten kann. Die Voraussetzungen hierfür sind nach den vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen nicht erfüllt.
Nach gefestigter Rechtsprechung des Senats sind Versorgungszusagen nur dann dem durchgreifenden Rechtsmissbrauchseinwand ausgesetzt, wenn der Pensionsberechtigte seine Pflichten in so grober Weise verletzt hat, dass sich die in der Vergangenheit bewiesene Betriebstreue nachträglich als wertlos oder zumindest erheblich entwertet herausstellt. Dies setzt voraus, dass die Gesellschaft durch das grobe Fehlverhalten des Begünstigten in eine ihre Existenz bedrohende Lage gebracht wurde; ob im Einzelfall die Zufügung eines außerordentlich hohen Schadens genügen kann, kann offenbleiben.
Die Erfüllung dieser rechtlichen Voraussetzungen hat das Berufungsgericht allerdings nicht festgestellt. Zwar mag eine existenzbedrohende Lage der Beklagten anzunehmen sein. Es fehlt aber an der Feststellung, dass die Existenzgefährdung maßgebend auf grobe Pflichtverletzungen des Klägers zurückzuführen ist. Die Feststellungen zur Einflussnahme auf das Kundenverhalten, namentlich im Zusammenhang mit der Tätigkeit des Klägers für das Konkurrenzunternehmen genügten nicht.
Das Berufungsgericht hat sich darauf beschränkt, einzelne, einer Existenzgefährdung der Beklagten vorgelagerte Umstände festzustellen, die dem Kläger vorzuwerfen seien und seine langjährige Tätigkeit für die Beklagte entwerteten. Die angesprochenen Verhaltensweisen des Klägers wie seine verweigerte Teilnahme an der Verlegung des Verwaltungssitzes, das Aufrechterhalten eines persönlichen Kontaktes zu Kunden der Beklagten sowie die Tätigkeit des Klägers für das andere Unternehmen stellen zwar Umstände dar, die zu einer wirtschaftlichen Schwächung der Beklagten beigetragen haben können. Ohne eine nähere Bewertung der jeweiligen Auswirkungen unter Berücksichtigung möglicher Alternativursachen rechtfertigen diese Umstände aber nicht die Schlussfolgerung, dass die existenzbedrohende Lage der Beklagten im Wesentlichen dem Kläger anzulasten sei.
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