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Geschäftsführerhaftung bei Bestellung eines vorläufigen Sachwalters

FG Münster 16.5.2018, 7 K 783/17

Ge­schäftsführer können grundsätz­lich auch für Zeiträume der Ei­gen­ver­wal­tung in Haf­tung ge­nom­men wer­den. Eine Kol­li­sion mit der Mas­se­si­che­rungs­pflicht be­steht in­so­weit nicht. Diese Pflicht wird al­len­falls dann ver­letzt, wenn die Ge­schäftsführer über­pro­por­tio­nale Zah­lun­gen auf die Um­satz­steuer ge­leis­tet ha­ben.

Der Sach­ver­halt:
Die Kläger wa­ren Ge­schäftsführer ei­ner GmbH & Co. KG, für die sie einen In­sol­venz­an­trag ge­stellt und die Ei­gen­ver­wal­tung be­an­tragt hat­ten. Das In­sol­venz­ge­richt be­stellte zunächst einen vorläufi­gen Sach­wal­ter, der die Aus­sich­ten für die Fortführung der KG prüfen sollte. Ein Verfügungs­ver­bot oder einen Zu­stim­mungs­vor­be­halt ord­nete es nicht an. Später eröff­nete es das In­sol­venz­ver­fah­ren und ord­nete die Ei­gen­ver­wal­tung an.

Das Fi­nanz­amt nahm die Kläger für im Zeit­raum vor Eröff­nung des In­sol­venz­ver­fah­rens fällig ge­wor­dene Um­satz­steu­errückstände der KG in Höhe ei­ner Quote von 5,88 % in Haf­tung. Mit ih­rer hier­ge­gen er­ho­be­nen Klage ma­chen die Kläger gel­tend, dass durch die An­ord­nung der vorläufi­gen Ei­gen­ver­wal­tung ein geänder­tes Pflich­ten­pro­gramm ent­stan­den sei und sie sich bei Zah­lung der Steu­ern ge­genüber der Ge­sell­schaft er­stat­tungs­pflich­tig ge­macht hätten. Fer­ner habe der vorläufige Sach­wal­ter der Abführung der Um­satz­steuer münd­lich wi­der­spro­chen.

Das FG wies die Klage ab. Die Re­vi­sion zum BFH wurde nicht zu­ge­las­sen.

Die Gründe:
Ei­ner Haf­tung der Kläger ste­hen die Stel­lung ei­nes An­trags auf In­sol­ven­zeröff­nung und Ei­gen­ver­wal­tung, die Be­stel­lung ei­nes vorläufi­gen Sach­wal­ters und ein münd­li­cher Wi­der­spruch des vorläufi­gen Sach­wal­ters ge­gen die Abführung von Steu­ern nicht ent­ge­gen.

Wer kraft Ge­set­zes für eine Steuer haf­tet, kann durch Haf­tungs­be­scheid in An­spruch ge­nom­men wer­den (§ 191 Abs. 1 S. 1 AO). Gem. § 69 S. 1 AO haf­ten die in § 34 AO be­nann­ten Per­so­nen, so­weit An­sprüche aus dem Steu­er­schuld­verhält­nis in­folge vorsätz­li­cher oder grob fahrlässi­ger Ver­let­zung der ih­nen auf­er­leg­ten Pflich­ten nicht oder nicht recht­zei­tig erfüllt wer­den. Die Vor­aus­set­zun­gen des § 69 S. 1 AO sind vor­lie­gend erfüllt.

Der Se­nat hat be­reits in der­sel­ben Sa­che in dem zu­vor er­gan­ge­nen AdV-Be­schluss vom 6.2.2017 (7 V 3973/16 U) ent­schie­den, dass die Kläger trotz Stel­lung des In­sol­venz­an­trags und An­ord­nung der vorläufi­gen Ei­gen­ver­wal­tung als Ge­schäftsführer wei­ter­hin zur Zah­lung der Steu­errückstände un­ter Be­ach­tung des Grund­sat­zes der an­tei­li­gen Til­gung ver­pflich­tet wa­ren. Eine Kol­li­sion mit der Mas­se­si­che­rungs­pflicht be­steht in­so­weit nicht. Diese Pflicht wird al­len­falls dann ver­letzt, wenn die Ge­schäftsführer über­pro­por­tio­nale Zah­lun­gen auf die Um­satz­steuer ge­leis­tet ha­ben.

Auch der von den Klägern be­haup­tete münd­li­che Wi­der­spruch des vorläufi­gen Sach­wal­ters ändert an der Haf­tung der Ge­schäftsführer nichts. Die Ver­wal­tungs- und Verfügungs­be­fug­nis ist viel­mehr bei den Ge­schäftsführern ver­blie­ben. Der Wi­der­spruch schließt auch ein schuld­haf­tes Ver­hal­ten der Kläger nicht aus, weil die Zah­lung von Steu­errückständen nicht dem Wi­der­spruchs­recht ei­nes vorläufi­gen Sach­wal­ters ohne Zu­stim­mungs­vor­be­halt un­ter­liegt und weil die Kläger nicht dar­ge­legt ha­ben, wel­che Schritte sie zur Zah­lung der Steu­ern ein­ge­lei­tet ha­ben.

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