Am 10.02.2021 hat das Bundeskabinett den vom BMJV vorgelegten Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Digitalisierungsrichtlinie (DiRUG) beschlossen. Durch das DiRUG soll die Richtlinie (EU) 2019/1151 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20.06.2019 im Hinblick auf den Einsatz digitaler Werkzeuge und Verfahren im Gesellschaftsrecht umgesetzt werden. Ziel der Richtlinie ist es, durch die Verringerung von Kosten, Zeit- und Verwaltungsaufwand Erleichterungen für kleine und mittlere Unternehmen zu schaffen (siehe bereits novus April 2021, S. 26). Es wird hierdurch der Grundstein der Digitalisierung im Beurkundungs- und Registerwesen gelegt. Vorgänge, wie die Gründung einer GmbH oder Eintragungen in das Handelsregister, können erstmals ohne Präsenz - d. h. ausschließlich online - durchgeführt werden. Das DiRUG wurde am 10.06.2021 im Bundestag beschlossen und passierte am 25.06.2021 den Bundesrat. Die Neuregelungen treten überwiegend zum 01.08.2022 in Kraft.
Notarielle Beurkundung und Beglaubigung mittels Videokommunikation
Durch das DiRUG wird die Online-Bargründung einer GmbH ermöglicht . Hierfür ist ein digitaler Austausch von Informationen und Dokumenten im Rahmen einer Videokonferenz vorgesehen, bei der auch die Beratung und Verlesung stattfinden soll. Die Videokonferenz erfolgt ausschließlich über ein von der Bundesnotarkammer betriebenes (besser gesagt: dann zu betreibendes) Videokommunikationssystem. Zur Identifizierung dient die eID-Funktion des deutschen Personalausweises oder ein vergleichbares Identifizierungsmittel. Die Unterzeichnung auf einer elektronischen notariellen Urkunde erfolgt mittels qualifizierter elektronischer Signatur.
Auch öffentliche Beglaubigungen werden in bestimmten Fällen durch die neu geschaffene Variante der Videokonferenz ohne zwingende Präsenz ermöglicht . So kann eine Anmeldung zum Handels- und Genossenschaftsregister für Kaufleute bestimmter Rechtsformen mittels einer qualifizierten elektronischen Signatur in Gegenwart eines Notars oder mittels der Videokonferenz stattfinden. Vorgesehen ist dies für Einzelkaufleute, Aktiengesellschaften, GmbHs und Genossenschaften, nicht jedoch Personenhandelsgesellschaften (OHG, KG) oder Partnerschaftsgesellschaften.
Zweigniederlassungen
Auch die Eintragung von Zweigniederlassungen kann durch die Videokonferenz künftig online abgewickelt werden. Darüber hinaus wird ein grenzüberschreitender Informationsaustausch über (europäische) Zweigniederlassungen mit dem Europäischen System der Registervernetzung (Business Registers Interconnections System - „BRIS“) eingeführt .
Bekanntmachung und Abruf von Registerinformationen
Eine weitere wesentliche Neuerung betrifft die Bekanntmachung von Registerinformationen. Diese werden zukünftig mittels einer „Register only“-Lösung ausschließlich durch die erstmalige Abrufbarkeit im Handelsregister bekannt gemacht . Eine separate Bekanntmachung, wie sie bislang stattgefunden hat, entfällt damit. Die gesetzliche Umsetzung wird durch eine Änderung des Begriffs der „Bekanntmachung“ in § 10 Abs. 1 HGB erleichtert. Der Abruf der Eintragungen ist in Zukunft gebührenfrei. Die Kompensation der entstehenden Kosten ist durch die Erhebung einer Bereitstellungsgebühr vorgesehen.
Grenzüberschreitender Informationsaustausch - Directors‘ Disqualification
Daneben ist über das Europäische System der Registervernetzung - BRIS - ein grenzüberschreitender Informationsaustausch zu disqualifizierten Geschäftsführern sowie Vorstandsmitgliedern geplant. Über den Austausch können inländische Bestellungshindernisse in anderen Mitgliedstaaten sowie Bestellungshindernisse und entsprechende Informationen aus anderen Mitgliedsstaaten im Inland berücksichtigt werden.
Hinweis: Von einem deutschen Register für disqualifizierte Direktoren wird allerdings abgesehen.
Kritik und Ausblick
Auch wenn das DiRUG überwiegend als „Schritt in die richtige Richtung“ gewertet wird, erntet das Vorhaben nicht nur Applaus. Kritisiert wird u. a. der begrenzte Anwendungsbereich. So besteht etwa über die Gründung hinaus keine Möglichkeit der Videokommunikation für weitere beurkundungspflichte Vorgänge, wie spätere Änderungen des Gesellschaftsvertrags oder Anteilsübertragungen. Gerade für die in der Praxis häufig anzutreffenden Rechtsformen der (GmbH & Co.) KGs gehen die gesetzgeberischen Maßnahmen nicht weit genug.
Durch die von Deutschland gezogene Verlängerungsoption der Umsetzungsfrist ist die Richtline bis zum 01.08.2022 umzusetzen.