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Rechtsberatung

Solarpaket I – Neuer Schwung für Mieterstrom?

Am 16.08.2023 hat die Bun­des­re­gie­rung den Ent­wurf ei­nes Ge­set­zes zur Ände­rung des Er­neu­er­bare-En­er­gien-Ge­set­zes und wei­te­rer en­er­gie­wirt­schafts­recht­li­cher Vor­schrif­ten zur Stei­ge­rung des Aus-baus pho­to­vol­tai­scher En­er­gie­er­zeu­gung vor­ge­legt. Mit dem Ge­setz­ent­wurf soll ein Bei­trag dazu ge­leis­tet wer­den, die Aus­bau­ziele für er­neu­er­bare En­er­gien durch at­trak­ti­vere Rah­men­be­din­gun­gen für PV-An­la­gen zu er­rei­chen. U. a. soll ne­ben dem „Mie­ter­strom“ ein neues In­stru­ment, die „ge­mein­schaft­li­che Gebäude­ver­sor­gung“, ein­geführt wer­den.

Mieterstrom und gemeinschaftliche Gebäudeversorgung

Durch eine Ände­rung in § 21 Abs. 3 EEG soll nach dem EEG geförder­ter Mie­ter­strom nicht nur auf Wohn-, son­dern auf al­len Gebäuden und Ne­ben­an­la­gen möglich wer­den. Da­mit kann der geförderte Mie­ter­strom auch in ge­werb­li­chen Im­mo­bi­lien ge­nutzt wer­den. Eine Ein­schränkung ist, dass die be­tei­lig­ten Ak­teure keine „ver­bun­de­nen Un­ter­neh­men“ sein dürfen. Beim erst­ma­li­gen Mie­ter­strom­zu­schlag auf Nicht­wohn­gebäuden sind ent­spre­chende Ei­gen­erklärun­gen ab­zu­ge­ben.

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Durch eine Ände­rung im En­er­gie­wirt­schafts­ge­setz (EnWG) wird zu­dem die sog. ge­mein­schaft­li­che Gebäude­ver­sor­gung ein­geführt. Dazu wird der Be­griff „Gebäude­strom­an­lage“ in § 3 Nr. 20a EnWG de­fi­niert. Die „ge­mein­schaft­li­che Gebäude­ver­sor­gung“ wird als neuer Ver­trags­typ in § 42b EnWG ge­re­gelt. Diese ge­mein­schaft­li­che Gebäude­ver­sor­gung ist da­durch ge­kenn­zeich­net, dass der in der Gebäude­strom­an­lage er­zeugte Strom durch die Nut­zer des Gebäudes ganz oder teil­weise ver­braucht wird. Die je­wei­li­gen Strom­men­gen wer­den nicht durch Mes­sung, son­dern rech­ne­ri­sch auf­grund ei­nes zu ver­ein­ba­ren­den Schlüssels auf die Nut­zer um­ge­legt. Der Be­trei­ber der Gebäude­strom­an­lage ist nicht ver­pflich­tet, die ge­samte Strom­ver­sor­gung der Gebäude­nut­zer si­cher­zu­stel­len. Darin liegt der wich­tigste Un­ter­schied zum Mie­ter­strom. Der Be­trei­ber der Gebäude­strom­an­lage lie­fert nur den Gebäude­strom. Da­ne­ben ist je­der Nut­zer für den Ab­schluss ei­nes Lie­fer­ver­tra­ges für den er­for­der­li­chen Zu­satz­strom selbst ver­ant­wort­lich.

Die Bun­des­re­gie­rung ver­spricht sich da­von einen Schub für PV-An­la­gen auf Nicht­wohn­gebäuden. Der Vor­teil ge­genüber der bis­he­ri­gen Rechts­lage liegt darin, dass die Lie­fe­rung des „Gebäude­stroms“ von um­fang­rei­chen büro­kra­ti­schen Ver­pflich­tun­gen be­freit wird. Die Her­aus­for­de­rung für die Lie­fe­ran­ten des ver­blei­ben­den Zu­satz­stroms liegt darin, dass die je­wei­li­gen Ent­nah­me­stel­len kaum mehr sinn­voll ir­gend­wel­chen Last­pro­fi­len zu­ge­ord­net wer­den können.

Hin­weis: Geht es nach den Vor­stel­lun­gen ei­ni­ger Markt­ak­teure, ist dies erst der An­fang un­kon­ven­tio­nel­ler Lie­fer­kon­stel­la­tio­nen. In Po­si­ti­ons­pa­pie­ren wurde vor­ge­stellt, dass die „ge­mein­schaft­li­che Gebäude­ver­sor­gung“ auch auf ganze Quar­tiere aus­ge­dehnt wer­den könne. Sie müsse auch möglich sein, wenn das Netz der all­ge­mei­nen Ver­sor­gung für den Strom­trans­port ge­nutzt würde.

PV-Zubau Dachanlagen

Der An­reiz, Dächer mit PV-An­la­gen aus­zu­stat­ten, soll durch wei­tere Ver­ein­fa­chun­gen ge­stei­gert wer­den. So wird für An­la­gen mit ei­ner Leis­tung von bis zu 200 kWp das In­stru­ment der „un­ent­gelt­li­chen Ab­nahme“ ge­schaf­fen wer­den. An­la­gen­be­trei­ber mit einem ho­hen Ei­gen­ver­brauch, die nur mi­ni­male Men­gen in das Netz ein­spei­sen, müssen der­zeit trotz ge­rin­ger Ein­spei­se­men­gen einen Di­rekt­ver­mark­tungs­ver­trag ab­schließen, wenn die An­lage eine höhere Leis­tung als 100 kWp hat. Das be­deu­tet für sie Kos­ten und büro­kra­ti­schen Auf­wand. Da­von sol­len die An­la­gen­be­trei­ber nun­mehr durch die „un­ent­gelt­li­che Ab­nahme“ ent­las­tet wer­den. Da­mit wird der Netz­be­trei­ber ver­pflich­tet, die Strom­men­gen phy­si­ka­li­sch ab­zu­neh­men und auch in den ei­ge­nen Bi­lanz­kreis auf­zu­neh­men, ohne dafür ein Ent­gelt zah­len zu müssen.

Wei­tere Er­leich­te­run­gen sol­len für die Fern­steu­er­bar­keit, die Zu­sam­men­fas­sung von Dach­an­la­gen, das Re-Powering von Dach­an­la­gen und in Be­zug auf die Mel­de­ver­pflich­tun­gen ge­schaf­fen wer­den.

Netzanschlüsse erleichtern

Der Pro­zess des Netz­an­schlus­ses ist als Hemm­schuh beim Aus­bau von PV-An­la­gen iden­ti­fi­ziert wor­den. Durch Ände­run­gen in § 8 EEG soll das Ver­fah­ren ge­strafft und ver­ein­facht wer­den. So sol­len Netz­be­trei­ber ver­pflich­tet wer­den, ergänzende In­for­ma­tio­nen nicht nach­ein­an­der, son­dern gebündelt ab­zu­fra­gen. Der Netz­an­schluss von An­la­gen mit ei­ner Leis­tung von bis zu 30 kWp wird noch ein­mal ver­ein­facht. Wenn der Netz­be­trei­ber dem An­schluss­be­geh­ren nicht wi­der­spricht, kann die An­lage auch ohne ausdrück­li­che Ge­neh­mi­gung des Netz­be­trei­bers an­ge­schlos­sen wer­den.

Auch die Ver­le­gung von An­schluss­lei­tun­gen wird ver­ein­facht. Durch eine Ände­rung im EEG sol­len ge­setz­li­che Dul­dungs­pflich­ten für die Ei­gentümer der be­trof­fe­nen Grundstücke begründet wer­den. Dies be­trifft An­schluss­lei­tun­gen von An­la­gen mit ei­ner Leis­tung von mehr als 30 kWp. Durch diese Re­ge­lung soll auch eine ding­li­che Si­che­rung der Lei­tun­gen nicht mehr er­for­der­lich sein, da das Recht zur Ver­le­gung und zum Be­trieb durch die ge­setz­li­che Dul­dungs­pflicht ge­re­gelt ist. Bei der Er­rich­tung und beim Rück­bau von Wind­kraft­an­la­gen wird ein ge­setz­li­ches Recht zur Über­fahrt und zur Über­schwen­kung von Grundstücken begründet wer­den.

Erleichterungen für „besondere“ PV-Anlagen

Sog. „be­son­dere PV-An­la­gen“ („Agri-PV“ und „Moor-PV“) sol­len in Be­zug auf die Be­kannt­ma­chung von Aus­schrei­bun­gen, den In­halt der Ge­bote und die Be­kannt­ma­chun­gen von Zu­schlägen ge­genüber nor­ma­len Freiflächen­an­la­gen pri­vi­le­giert wer­den. Ei­nige die­ser Re­ge­lun­gen ste­hen un­ter dem Bei­hil­fe­vor­be­halt der EU-Kom­mis­sion.

„Balkonkraftwerke“ erleichtern

„Bal­kon­kraft­werke“ oder „Ste­cker-PV“ sol­len in § 3 Nr. 43 EnWG un­ter dem Be­griff „Ste­cker-So­lar­geräte“ de­fi­niert wer­den. Im EEG wer­den Re­ge­lun­gen zur un­ent­gelt­li­chen Ab­nahme des in den An­la­gen er­zeug­ten Stroms, zu ver­ein­fach­ten An­schluss­re­ge­lun­gen, Aus­nah­men von der Fern­steu­er­bar­keit, Aus­nah­men von der An­la­gen­zu­sam­men­fas­sung und ähn­li­chem ge­re­gelt wer­den. Un­verzüglich nach In­stal­la­tion ei­nes sol­chen Ste­cker-So­lar­gerätes ist die Markt­lo­ka­tion mit ei­ner mo­der­nen Mess­ein­rich­tung oder einem in­tel­li­gen­tem Mess­sys­tem zu in­stal­lie­ren. Das Ste­cker-So­lar­gerät darf al­ler­dings auch ohne mo­derne Mess­ein­rich­tung oder in­tel­li­gente Mess­sys­teme be­trie­ben wer­den.

Sonstiges

Mit ei­ner Ände­rung in § 6 EEG soll die fi­nan­zi­elle Be­tei­li­gung von Kom­mu­nen auf wei­tere So­lar­an­la­gen aus­ge­dehnt wer­den.

Durch eine Neu­re­ge­lung im EnWG soll ein neues Re­gis­ter ein­geführt wer­den, in dem alle En­er­gie­an­la­gen er­fasst sind und das ne­ben dem Markt­stamm­da­ten­re­gis­ter be­trie­ben wer­den wird. Das Markt­stamm­da­ten­re­gis­ter soll um Wärme­er­zeu­gungs­an­la­gen er­wei­tert wer­den, die in ein Wärme­netz ein­spei­sen.

Weiteres Verfahren / kein „Solarpaket 2“?

Der Ge­setz­ent­wurf wird zügig in das par­la­men­ta­ri­sche Ver­fah­ren ein­ge­bracht. Die Neu­re­ge­lun­gen sol­len über­wie­gend zum 01.01.2024 in Kraft tre­ten. Ent­ge­gen ur­sprüng­li­cher Ankündi­gun­gen wird es ein „So­lar­pa­ket 2“ vor­erst je­den­falls nicht ge­ben. Gemäß der „Pho­to­vol­ta­ik­stra­te­gie“ der Bun­des­re­gie­rung sollte mit dem „So­lar­pa­ket 2“ der Zu­bau be­son­de­rer So­lar­an­la­gen noch ein­mal er­leich­tert wer­den. Er­leich­tert wer­den soll­ten auch Bau­ge­neh­mi­gungs­ver­fah­ren, ein ver­ein­fach­ter Zu­gang zur Di­rekt­ver­mark­tung sollte ermöglicht wer­den und das Verhält­nis zwi­schen PV-Aus­bau und Denk­mal­schutz­be­lan­gen geprüft und neu ge­re­gelt wer­den. Dem Ver­neh­men nach ist das zunächst ein­mal auf Eis ge­legt.

 

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