Der Sachverhalt:
Die Kläger (zusammen veranlagte Eheleute) hatten mit zwei weiteren Gründungsstiftern (Ehepaar B) im Jahr 2001 eine privatrechtliche Stiftung zur Förderung steuerbegünstigter Zwecke gegründet. Ausweislich des privatschriftlichen Stiftungsgeschäfts wandten die Kläger sowie das Ehepaar B der Stiftung ein im Miteigentum aller Stifter stehendes Grundstück zu. Dessen Wert und damit des Anfangsvermögens der Stiftung wurde mit 715.000 DM beziffert (950.000 DM abzüglich Belastungen i.H.v. 235.000 DM). Die Stiftung erteilte den Klägern Zuwendungsbestätigung über die Zuwendung ihrer Miteigentumsanteile an dem Grundstück. Darin wurde bescheinigt, dass die Zuwendung anlässlich der Neugründung der Stiftung in deren Vermögensstock bis zum Ablauf eines Jahres nach der Gründung erfolgt sei.
Das zuständige Landesministerium genehmigte am 4.10. 2001 die Errichtung der Stiftung. Das Finanzamt erkannte die Stiftung am 3.7. 2002 vorläufig als gemeinnützig an. Im Hinblick darauf, dass das Stiftungsgeschäft und die Übertragung des Grundstücks auf die Stiftung zunächst lediglich in schriftlicher Form erfolgt waren, erklärten die Stifter am 21.11. 2003 die Auflassung vor einem Notar. In der notariellen Urkunde wurde darauf hingewiesen, dass das Grundstück mit Wirkung zum 11.7. 2001 übertragen werde. Der Besitz, die Nutzungen, die Gefahr des zufälligen Untergangs und der zufälligen Verschlechterung, alle öffentlichen und privaten Lasten seien bereits durch den privatschriftlichen Einbringungsvertrag vom 11.7. 2001 übergegangen. Die Stiftung wurde im Jahr 2004 als Eigentümerin des Grundstücks im Grundbuch eingetragen.
Die Kläger beantragten erstmals für den Veranlagungszeitraum 2005, eine Zuwendung in den Vermögensstock der Stiftung anlässlich deren Neugründung gem. § 10b Abs. 1a EStG i.H.v. 56.786 € zu berücksichtigen. In ihren Einkommensteuererklärungen für die Streitjahre 2006 und 2007 machten sie zudem Zuwendungen gem. § 10b Abs. 1a EStG i.H.v. 70.000 € (2006) und 56.000 € (2007) als Sonderausgaben geltend. Das Finanzamt verwehrte den begehrten Sonderausgabenabzug im Rahmen der Einkommensteuerbescheide für die Streitjahre, da das Grundstück der Stiftung nicht im Jahr ihrer Gründung zugewandt worden sei.
Das FG gab der hiergegen gerichteten Klage statt. Auf die Revision des Finanzamtes hob der BFH das Urteil auf und verwies die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurück.
Gründe:.
Nach § 10b Abs. 1a Satz 1 EStG können Zuwendungen i.S.d. § 10b Abs. 1 EStG, die anlässlich der Neugründung in den Vermögensstock einer Stiftung des öffentlichen Rechts oder einer nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG steuerbefreiten Stiftung des privaten Rechts geleistet werden, im Jahr der Zuwendung und in den folgenden neun Veranlagungszeiträumen nach Antrag des Steuerpflichtigen bis zu einem Betrag von 307.000 € neben den als Sonderausgaben i.S. des § 10b Abs. 1 EStG zu berücksichtigenden Zuwendungen und über den nach § 10b Abs. 1 EStG zulässigen Umfang hinaus abgezogen werden.
Über die Verweisung in § 10b Abs. 1a Satz 4 EStG auf § 10d Abs. 4 EStG ergibt sich, dass ein noch nicht verbrauchter Spendenvortrag zum Ende des Veranlagungszeitraums gesondert festzustellen ist. Der Bescheid über die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Spendenabzugs nach § 10b Abs. 1a Satz 4 EStG ist hinsichtlich des Grundes und der Höhe der steuerlichen Berücksichtigung einer Vermögensstockspende innerhalb des gesetzlichen Verteilungszeitraums von maximal zehn Jahren bindend. Hiervon unberührt bleibt das Wahlrecht des Steuerpflichtigen, innerhalb dieses Verteilungszeitraums jeweils über das Ob und die Höhe seines Sonderausgabenabzugs zu entscheiden.
Sofern der Steuerpflichtige einerseits von seinem Wahlrecht Gebrauch machen will, eine Spende in den Vermögensstock einer Stiftung nicht nach der allgemein für Spenden geltenden Norm des § 10b Abs. 1 EStG, sondern nach den spezielleren Regelungen gem. § 10b Abs. 1a EStG als Sonderausgabe zu berücksichtigen, sich andererseits aber entscheidet, jene Spende nicht bzw. nicht in vollem Umfang im Zuwendungsjahr in Abzug zu bringen, muss bereits auf Antrag des Steuerpflichtigen auf den Schluss des Veranlagungszeitraums des Zuwendungsjahres - und nicht erst später - eine gesonderte Feststellung des verbleibenden Spendenvortrags nach § 10b Abs. 1a Satz 4 EStG i.V.m. § 10d Abs. 4 EStG durchgeführt werden. In diesem Verfahren - und nicht erst im Festsetzungsverfahren späterer Veranlagungszeiträume - ist verbindlich zu klären, ob die tatbestandlichen Voraussetzungen für eine Vermögensstockspende i.S.v. § 10b Abs. 1a EStG gegeben sind. Diese gesonderte Feststellung ist innerhalb des zehnjährigen Verteilungszeitraums fortzuführen, solange und soweit ein Spendenvortrag verbleibt.
Dies war im Streitfall nicht geschehen. Das FG hätte daher das Klageverfahren bis zum Erlass von Feststellungen nach § 10b Abs. 1a Satz 4 EStG i.V.m. § 10d Abs. 4 EStG aussetzen müssen (§ 74 FGO). Die Streitsache war daher an das FG zurückzuverweisen mit der Maßgabe, das Verfahren gemäß § 74 FGO auszusetzen, um dem Finanzamt die Gelegenheit zu geben, über eine gesonderte Feststellung des verbleibenden Spendenvortrags nach § 10b Abs. 1a Satz 4 EStG i.V.m. § 10d Abs. 4 EStG - erstmals zum Ende des Zuwendungsjahres - zu entscheiden.
Ohne Bindungswirkung für die weitere Entscheidung wird darauf hingewiesen, dass die Voraussetzungen für den Sonderausgabenabzug für eine Vermögensstockspende nach § 10b Abs. 1a EStG in der für den Streitfall maßgeblichen Fassung bis zum 31.12.2006 nicht gegeben sein dürften. Denn das Grundstück wurde nicht bis zum Ablauf eines Jahres nach Gründung der Stiftung am 4.10.2001 und damit nicht anlässlich deren Neugründung gem. § 10b Abs. 1a Satz 2 EStG geleistet. Auch hatten die Stifter innerhalb jenes Zeitraums nicht das wirtschaftliche Eigentum auf die Stiftung übertragen, was aber für eine Sachzuwendung gemäß § 10b Abs. 3 EStG erforderlich gewesen wäre.
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