Der Sachverhalt:
Für die Gewerbesteuer rechnete die Klägerin Mietzinsen i.H.v. 294.916 € (2008) und i.H.v. 302.458 € (2009) hinzu. Die übrigen Mietzahlungen i.H.v. 993.341 € (2008) und von 1,3 Mio. € (2009) rechnete sie hingegen nicht hinzu. Im Anschluss an eine Betriebsprüfung übernahm das Finanzamt die Ansicht des Betriebsprüfers, dass alle Mietzahlungen hinzuzurechnen seien. Auf die Aktivierung als unfertige Erzeugnisse komme es nicht an. Die Steuerbehörde rechnete daher die bisher nicht hinzugerechneten Mietzahlungen hinzu und erhöhte den Gewerbesteuermessbetrag entsprechend.
Die Klägerin war hingegen der Ansicht, dass es in der Gesamtschau von Aufwandsverbuchung und erfolgswirksamer Aktivierung der Mietzinsen an der von § 8 GewStG Einleitungssatz geforderten Gewinnabsetzung ("Hinzurechnung, soweit sie bei der Ermittlung des Gewinns abgesetzt worden sind") fehle. Der Vorgang sei im Ergebnis vielmehr erfolgsneutral. Das FG gab der Klage statt. Allerdings wurde wegen grundsätzlicher Bedeutung und Divergenz (s. Urteil des FG Schleswig-Holstein vom 21.3.2018, Az.: 1 K 243/15) die Revision zugelassen.
Die Gründe:
Die streitigen Mietzinsen für 2008 und 2009 sind zur Ermittlung des Gewerbeertrags nicht hinzuzurechnen.
Soweit die Mietzinsen einer Baustelle als Herstellungskosten zuzurechnen waren und am jeweiligen Bilanzstichtag 31.12.2008 bzw. 31.12.2009 als Teil unfertiger Erzeugnisse ("unfertige Baustellen") aktiviert waren, ergibt sich das - unbeschadet dessen, ob diese Herstellungskosten im aktuellen oder einem früheren Erhebungszeitraum angefallen sind - bereits daraus, dass es an einer - nach dem unmissverständlichen Wortlaut von § 8 Nr. 1 GewStG erforderlichen - Gewinnabsetzung fehlt, die "wieder hinzugerechnet" werden müsste oder könnte.
Die Klägerin ermittelt ihren Gewinn nach § 5 Abs. 1 S. 1 EStG. Der Verweis des § 7 S. 1 GewStG erfasst namentlich die (maßgeblichen) handels- und steuerrechtlichen Regelungen, welche die Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich konkretisieren. Dies schließt auch den Grundsatz der Erfolgsneutralität von Herstellungsvorgängen ein, der seinen Ausdruck - allgemein und im Streitfall - darin findet, dass Mietzinsen, die qua Gesetz als Herstellungskosten anzusehen sind, in die Bilanzposition "unfertige Erzeugnisse" ("unfertige Baustelle") eingehen. Sofern diese Bilanzposition auch zum Bilanzstichtag noch besteht, liegt aber bereits im Ausgangspunkt noch keine Gewinnabsetzung vor. Auf eine etwaig abweichende unterjährige buchhalterische Behandlung kommt es wegen der Aktivierung zum Bilanzstichtag nicht an.
Nichts anderes gilt aber auch für die Mietzinsen, die einer Baustelle als Herstellungskosten zuzurechnen waren, die während des jeweiligen Erhebungszeitraums (also in 2008 bzw. 2009) bereits abgeschlossen worden ist und zwar unbeschadet dessen, ob sie im nämlichen oder einem früheren Erhebungszeitraum begonnen worden war (a.A. FG Schleswig-Holstein, s.o.). Denn auch in dieser Konstellation sind nicht, wie von § 8 Hs. 1 und Nr. 1 lit. d) GewStG gefordert, Mietzinsen vom Gewinn abgesetzt worden, sondern allenfalls der - zuvor durch die Mietzinsen erhöhte - Buchwert.
Diese Sichtweise entspricht im Übrigen der BFH-Rechtsprechung (s. BFH-Urteile v. 10.3.1993, Az.: I R 59/92, 561 und v. 30.4.2003, Az.: I R 19/02), der zufolge AfA-Beträge ungeachtet ihres Aufwandscharakters weder begrifflich noch wirtschaftlich Entgelte für Dauerschulden i.S.d. § 8 Nr. 1 GewStG (a.F.) darstellen. Diese Rechtsprechung, die auch die Finanzverwaltung übernommen hat, ist zwar zu einem anderen Hinzurechnungstatbestand ergangen. Der Begründungsansatz trägt jedoch darüber hinaus; ob sich der Senat auch den vom BFH herangezogenen Praktikabilitätserwägungen anschließen könnte, mag offenbleiben.
Der Senat erkennt im Übrigen für eine Differenzierung bei der Hinzurechnung danach, ob ein unfertiges Erzeugnis, für das unterjährig Mietzinsen angefallen sind, noch im abgelaufenen Erhebungszeitraum (dann Hinzurechnung) oder erst in einem folgenden Erhebungszeitraum (dann keine Hinzurechnung) ausgebucht wird, weder Grundlage noch Rechtfertigung. Der Herstellungskostenbegriff führt ungeachtet dessen zu einer hinzurechnungsrechtlichen Zäsur, ob zwischen dem Anfall des Mietzinses und Fertigstellung/Übergabe der unfertigen Baustelle (zufällig) ein Bilanzierungsstichtag lag, der einen bilanziellen Ausweis des betreffenden unfertigen Erzeugnisses nach sich gezogen hätte.
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