Der EuGH kommt in seinem Urteil vom 20.9.2018 (Rs. C-685/16, EV) zu dem Ergebnis, dass die Regelung des § 9 Nr. 7 GewStG in Drittstaatenfällen die Kapitalverkehrsfreiheit beschränkt, weil die Kürzung von Dividenden einer in einem Drittstaat ansässigen Gesellschaft höheren Anforderungen unterliegt als die Kürzung von Dividenden einer inländischen Gesellschaft. So genügt bei einer inländischen Tochtergesellschaft, wenn zu Beginn des Erhebungszeitraums eine Mindestbeteiligung von 15 % besteht. Im Fall einer Tochtergesellschaft in einem Drittstaat muss eine Mindestbeteiligung von 15 % ununterbrochen seit Beginn des Erhebungszeitraums vorliegen sowie Aktivitätsvoraussetzungen erfüllt sein.
Die Beschränkung der Kapitalverkehrsfreiheit ist nicht nach der sog. Standstill-Klausel nach Art. 64 Abs. 1 AEUV unbeachtlich. Nach dieser Klausel können am 31.12.1993 bereits bestehende Beschränkungen des Kapitalverkehrs im Zusammenhang u. a. mit Direktinvestitionen in Drittstaaten weiter angewendet werden. Infolge der zwischenzeitlich erfolgten Änderungen sowohl des persönlichen als auch des materiellen Anwendungsbereichs der in § 9 Nr. 7 GewStG vorgesehenen Kürzung sieht der EuGH jedoch die Regelung nicht als im Wesentlichen unverändert fortbestehend an.
Die Beschränkung der Kapitalverkehrsfreiheit durch § 9 Nr. 7 GewStG kann - so der EuGH weiter - nicht damit gerechtfertigt werden, dass ein zwingender Grund des Allgemeininteresses, namentlich die Bekämpfung missbräuchlicher Steuergestaltungen, gegeben wäre. Einer nationalen Regelung kann der Zweck der Missbrauchsverhinderung nur dann beigemessen werden, wenn ihr spezifisches Ziel in der Verhinderung von missbräuchlichen Verhaltensweisen liegt und nicht, wie im Fall des § 9 Nr. 7 GewStG, wenn diese lediglich eine allgemeine Betrugs- und Missbrauchsvermutung enthält.
Hinweis
Die gewerbesteuerliche Kürzung von Dividenden in Drittstaatsfällen kann somit nicht mehr mit Verweis auf die höheren Anforderungen des § 9 Nr. 7 GewStG versagt werden. Eine Kürzung dürfte vorzunehmen sein, wenn die für Dividenden im Inlandsfall geltenden Voraussetzungen nach § 9 Nr. 2a GewStG erfüllt sind.