deen

Aktuelles

Gewerbliche Einkünfte eines EDV-Beraters ohne Hochschulabschluss im Fach Informatik

FG Hamburg 14.7.2015, 3 K 207/14

Die Tätig­keit ei­nes EDV-Be­ra­ters, der kei­nen (Fach-) Hoch­schul­ab­schluss im Fach In­for­ma­tik hat, ist nur dann als in­ge­nieurähn­lich und da­mit frei­be­ruf­lich zu qua­li­fi­zie­ren, wenn er nach­wei­sen kann, dass er sich das Wis­sen ei­nes In­for­ma­ti­kers mit Ba­che­lor­ab­schluss in ver­gleich­ba­rer Breite und Tiefe auf an­dere Weise (z.B. Fort­bil­dung, Selbst­stu­dium oder prak­ti­sche Ar­bei­ten) an­ge­eig­net hat. Ste­hen diese Tat­sa­chen nicht zur Über­zeu­gung des Ge­richts fest, hat es auf An­trag eine Wis­sen­sprüfung beim Steu­er­pflich­ti­gen durch­zuführen. Er­gibt die Prüfung nur un­zu­rei­chen­des Wis­sen, kommt es auf die prak­ti­sche Ar­beit des Klägers nicht an.

Der Sach­ver­halt:
Der Kläger war an der Uni­ver­sität im Stu­di­en­fach In­for­ma­tik ein­ge­schrie­ben und hat an ver­schie­de­nen Lehr­ver­an­stal­tun­gen teil­ge­nom­men. Er be­en­dete das Stu­dium, ohne zur Di­plom-Vorprüfung zu­ge­las­sen wor­den zu sein. Seit 2005 be­treibt der Kläger als Ein­zel­un­ter­neh­mer eine EDV-Be­ra­tung. Im Streit­jahr 2010 war er für ver­schie­dene Kun­den tätig. In den vor­ge­leg­ten Rech­nun­gen be­zeich­nete er die von ihm er­brach­ten Leis­tun­gen u.a. als "Sup­port-Dienst­leis­tung", "Fern­war­tung", "In­stal­la­ti­ons­vor­be­rei­tung Da­tev", "Dienst­leis­tung Ser­ver/Rou­ter/Ap­pli­ance", "Vi­rus­pro­blem" und "Trou­ble­shoo­ting/CAD Up­date".

In der Ein­kom­men- und die Ge­wer­be­steu­er­erklärung für 2010 erklärte der Kläger Einkünfte aus Ge­wer­be­be­trieb. Das Fi­nanz­amt er­ließ erklärungs­gemäß den Ge­wer­be­steu­er­mess­be­scheid für 2010 und setzte den Mess­be­trag fest. Im Ein­kom­men­steu­er­be­scheid für 2010 setzte es die Ein­kom­men­steuer un­ter Berück­sich­ti­gung der Steu­er­ermäßigung für ge­werb­li­che Einkünfte fest.

Hier­ge­gen wen­det sich der Kläger mit sei­ner Klage. Er ver­tritt die An­sicht, dass er Einkünfte aus selbständi­ger Ar­beit er­ziele. Er habe das In­for­ma­tik­stu­dium zwar aus fi­nan­zi­el­len Gründen nicht ab­ge­schlos­sen. Er habe sich die ent­spre­chen­den Kennt­nisse aber als Au­to­di­dakt an­ge­eig­net; so habe er im Jahr 2000 nach ei­ner Fort­bil­dung das Zer­ti­fi­kat "Mi­cro­soft Cer­ti­fied Sys­tems En­gi­neer" (MCSE) er­wor­ben. Seit 2005 sei er als In­ge­nieur und Sys­tem­ana­ly­ti­ker in der In­for­ma­ti­ons­tech­nik tätig.

Das FG wies die Klage ab. Das Ur­teil ist nicht rechtskräftig. Die Nicht­zu­las­sungs­be­schwerde des Klägers ist beim BFH un­ter dem Az. VIII B 80/15 anhängig.

Die Gründe:
Das Fi­nanz­amt ist zu Recht da­von aus­ge­gan­gen, dass der Kläger im Streit­jahr eine ge­wer­be­steu­er­pflich­tige Tätig­keit ausgeübt hat.

Die Tätig­keit ei­nes EDV-Be­ra­ters ohne Hoch­schul­ab­schluss im Fach In­for­ma­tik ist nur dann als in­ge­nieurähn­lich und da­mit frei­be­ruf­lich zu qua­li­fi­zie­ren, wenn der Steu­er­pflich­tige nach­wei­sen kann, dass er sich das Wis­sen ei­nes In­for­ma­ti­kers mit Ba­che­lor­ab­schluss in ver­gleich­ba­rer Breite und Tiefe auf an­dere Weise, etwa im Wege der Fort­bil­dung und/oder des Selbst­stu­di­ums oder ggf. an­hand ei­ge­ner prak­ti­scher Ar­bei­ten an­ge­eig­net hat. Ste­hen diese Tat­sa­chen nicht zur Über­zeu­gung des Ge­richts fest, muss es auf­grund sei­ner Sach­aufklärungs­pflicht (§ 76 Abs. 1 FGO) den vom Kläger ge­stell­ten Anträgen zur Er­he­bung von Be­wei­sen grundsätz­lich ent­spre­chen, die ge­eig­net er­schei­nen, den er­for­der­li­chen Nach­weis der Kennt­nisse zu er­brin­gen. Hierzu kann auch die Vor­nahme ei­ner Wis­sen­sprüfung gehören.

Er­gibt eine sol­che Wis­sen­sprüfung, dass der Kläger - so wie im Streit­fall - in elf von zwölf grund­le­gen­den Mo­du­len im Ba­che­lor­stu­di­en­gang In­for­ma­tik keine aus­rei­chen­den Kennt­nisse be­sitzt, ist der Nach­weis nicht geführt. In die­sem Fall kommt es auf die prak­ti­sche Ar­beit des Klägers nicht wei­ter an.

Die Klage ge­gen den Ein­kom­men­steu­er­be­scheid für 2010 ist un­zulässig. In­so­weit ist durch Ur­teil zu ent­schei­den, ob­wohl der Kläger den Rechts­streit dies­bezüglich in der münd­li­chen Ver­hand­lung für er­le­digt erklärt hat. Eine ein­sei­tige Er­le­di­gungs­erklärung des Klägers ist nur wirk­sam und über den darin lie­gen­den An­trag auf Fest­stel­lung der Er­le­di­gung ist dem­ent­spre­chend nur zu ent­schei­den, wenn die ur­sprüng­li­che Klage zulässig war. An­de­ren­falls ist die Klage - so wie hier - als un­zulässig ab­zu­wei­sen.

Link­hin­weis:

nach oben