Der Sachverhalt:
Die klagende GmbH ist Gesamtrechtsnachfolgerin der B-GmbH, deren Unternehmensgegenstand im Handel mit und in der Verwaltung von Immobilien bestand. Die B-GmbH, im Streitjahr 2011 durch ertragsteuerrechtliche Organschaft als Organträgerin mit der Klägerin als Organgesellschaft verbunden, bilanzierte nach einem vom Kalenderjahr abweichenden Wirtschaftsjahr (1.7.-30.6.); ihre Anteile wurden im Streitjahr zu 100 % von der X-KG gehalten, die (neben der B-GmbH) an der Klägerin beteiligt war (zu 5,5 %). Die Klägerin war im Streitjahr alleinige Kommanditistin der ebenfalls nach einem vom Kalenderjahr abweichenden Wirtschaftsjahr (1.7.-30.6.) bilanzierenden Y-KG. Diese erwarb im Juni 2011 von der Klägerin ein Grundstück mit aufstehendem Gebäude zum Preis von 1,4 Mio. € (Übergang von Nutzungen und Lasten mit dem 29.6.2011). Die B-GmbH hatte in ihrem Jahresabschluss zum 30.6.2007 einen Gewinn aus dem Verkauf einer Immobilie (rd. 1,26 Mio. €) gewinnmindernd in eine Rücklage nach § 6b Abs. 3 EStG eingestellt. Im Rahmen einer Außenprüfung wurde dieser Posten in der Steuerbilanz der B-GmbH zum 30.6.2007 auf einen Betrag von rd. 1,24 Mio. € herabgesetzt. In den Steuerbilanzen für die nachfolgenden Jahre hat die B-GmbH die Rücklage mit diesem Betrag ausgewiesen; in den Handelsbilanzen behielt sie den ursprünglichen Ansatz bei.
Mit notariell beurkundetem Vertrag vom 27.2.2012 wurde die B-GmbH auf die Klägerin verschmolzen (Verschmelzungsstichtag: 1.7.2011). Der Verschmelzung war der Jahresabschluss der B-GmbH zum 30.6.2011 als Schlussbilanz des übertragenden Rechtsträgers zugrunde zu legen. Laut Vertrag sollte die Verschmelzung handelsbilanziell und steuerrechtlich zu Buchwerten erfolgen; die in der Schlussbilanz des übertragenden Rechtsträgers angesetzten Werte waren beim übernehmenden Rechtsträger fortzuführen. Die B-GmbH löste die Rücklage in ihrer Handelsbilanz zum 30.6.2011 in voller Höhe und in ihrer Steuerbilanz zu diesem Stichtag i.H.v. rd. 410.000 € gewinnerhöhend auf. Eine gewinnerhöhende Auflösung des verbliebenen Betrages (rd. 830.000 €) nahm die B-GmbH in ihrer Steuerbilanz nicht vor. Sie war der Auffassung, dass dieser Teil der Rücklage infolge der Verschmelzung noch im Wirtschaftsjahr 2010/2011 auf die Klägerin übergegangen war; dort könne sie auf die Anschaffungskosten für einen Grunderwerb der Y-KG (Klägerin als alleinige Kommanditistin der Y-KG) übertragen werden.
Im Jahr 2012 reichte die Klägerin zum Streitjahr entsprechende Steuererklärungen für die B-GmbH beim Finanzamt ein. Dieses folgte zunächst den Erklärungen und erließ auf dieser Grundlage Bescheide zur Körperschaftsteuer 2011 und zum Gewerbesteuermessbetrag 2011. Im Rahmen einer die B-GmbH betreffenden Außenprüfung für die Jahre 2009 bis 2011 vertraten die Prüfer die Auffassung, die in der Steuerbilanz zum 30.6.2011 noch vorhandene Rücklage (rd. 830.000 €) sei gem. § 6b Abs. 3 Satz 5 EStG gewinnerhöhend aufzulösen, da mit Ablauf des 30.6.2011 das vierte auf die Bildung der Rücklage folgende Wirtschaftsjahr der B-GmbH geendet und diese nicht über ein Reinvestitionsobjekt verfügt habe. Daher sei im Wirtschaftsjahr 2010/2011 eine Gewinnerhöhung von rd. 830.000 € sowie außerbilanziell ein Gewinnzuschlag nach § 6b Abs. 7 EStG i.H.v. (4 x 6 % = 24 % von rd. 830.000 €) rd. 200.000 € in Ansatz zu bringen. Das Finanzamt erließ auf dieser Grundlage Änderungsbescheide zur Körperschaftsteuer 2011 und zum Gewerbesteuermessbetrag 2011.
Das FG gab der hiergegen gerichteten Klage statt. Auf die Revision des Finanzamts hob der BFH das Urteil auf und wies die Klage ab.
Die Gründe:
Im Zuge der (rückwirkenden) Verschmelzung der B-GmbH auf die Klägerin konnte die vormals bei der B-GmbH gebildete Rücklage mit dem verbliebenen Teilbetrag nicht auf die Klägerin übergehen, da zu diesem Zeitpunkt die gesetzlichen Voraussetzungen für eine (zwingende) Auflösung der Rücklage erfüllt waren. Diese Auflösung ist (ebenso wie der Ansatz eines Zuschlags) bei der Steuerfestsetzung für das Streitjahr (gegenüber der Klägerin als Rechtsnachfolgerin der B-GmbH) einkommens- und gewerbeertragserhöhend zu berücksichtigen.
Die Einkommen der B-GmbH als der übertragenden und der Klägerin als der übernehmenden Gesellschaft sind gem. § 2 Abs. 1 Satz 1 UmwStG 2006 so zu ermitteln, als ob das Vermögen der B-GmbH mit Ablauf des Stichtags der Bilanz, die dem Vermögensübergang zugrunde liegt (steuerlicher Übertragungsstichtag), auf die Klägerin übergegangen wäre. Dies gilt auch für die Ermittlung der Bemessungsgrundlage der Gewerbesteuer (§ 2 Abs. 1 Satz 2 UmwStG 2006). Allerdings hat das FG zu Unrecht angenommen, dass die Rücklage zum Ende der Reinvestitionsfrist "bei der B-GmbH nicht mehr vorhanden war". Es fehle eine gesetzliche Grundlage für die Auffassung, dass das letzte reguläre Wirtschaftsjahr der B-GmbH eine logische Sekunde vor Ablauf des 30.6.2011 geendet habe und der Vermögensübergang auf die Klägerin erst im Anschluss daran in der letzten Sekunde des 30.6.2011 erfolgt sei. Dies betreffe gerade die Fälle, in denen (wegen der Identität der Zeitpunkte) die Steuerbilanz zur Umwandlungsbilanz erklärt werden könne (es werden nicht zwei Bilanzen erstellt); im Übrigen bestehe keine chronologische Reihenfolge, auch wenn in der Literatur angenommen werde, dass die Gewinnermittlungsbilanz der Umwandlungsbilanz "gedanklich" vorgeschaltet sei.
Nicht zuletzt würde es der Wertung von § 6b Abs. 3 Satz 5 EStG widersprechen, den Reinvestitionszeitraum von 48 Monaten wegen der Verschmelzung zu verkürzen; vielmehr finde in entsprechender Anwendung der zu § 6 Abs. 3 EStG ergangenen Rechtsprechung eine "Verklammerung" des auf die Rechtsvorgängerin entfallenden Reinvestitionszeitraums (48 Monate abzüglich einer logischen Sekunde) und des auf die Rechtsnachfolgerin entfallenden Reinvestitionszeitraums (eine logische Sekunde) zu einem Gesamtzeitraum von 48 Monaten statt. Die Beteiligten wären daher auch in diesem Falle so zu stellen, als ob die Reinvestitionsfrist erst mit Ablauf der letzten Sekunde des 30.6.2011 geendet hätte. Dies sei auch damit begründet, dass sowohl ein Übertragungsgewinn bzw. -verlust (§ 11 UmwStG 2006) als auch ein Übernahmegewinn bzw. -verlust sowie ein etwaiger Übernahmefolgegewinn (§ 12 UmwStG 2006) noch in dem (hier:) am 30.06.2011 endenden Wirtschaftsjahr bei dem jeweiligen Beteiligten der Umstrukturierung zu erfassen gewesen wäre.
Dieser Ansicht kann nicht gefolgt werden, denn sie steht dem Wortlaut und dem Regelungszweck des § 6b Abs. 3 Satz 5 EStG entgegen. Der Grundsatz des sog. Doppelausweises des Betriebsvermögens ist vielmehr dahin zu verstehen, dass er nur solche Wirtschaftsgüter betreffen kann, die auch beim Übernehmer nach den steuerrechtlichen Tatbestandsvoraussetzungen angesetzt werden können. Insoweit gibt § 6b Abs. 3 Satz 5 EStG aber vor, dass dann, wenn "eine Rücklage am Schluss des vierten auf ihre Bildung folgenden Wirtschaftsjahres noch vorhanden (ist), sie in diesem Zeitpunkt gewinnerhöhend aufzulösen" ist. Und dies muss im Rahmen der Jahresabschlussarbeiten bei der Erstellung der Steuerbilanz umgesetzt werden mit der Folge, dass die Rücklage mit dem Schluss des vierten Wirtschaftsjahres aufgelöst sein muss und daher nicht mehr passiviert werden und nicht übergehen kann. Darüber hinaus konnte auch die Übernehmerin eine Gewinnübertragung nicht mehr vor dem Ablauf der Reinvestitionsfrist vornehmen. Es kommt auch nicht zu einer Verkürzung des von § 6b EStG eingeräumten Reinvestitionszeitraums um eine logische Sekunde; denn die Übertragungsbilanz der B-GmbH war auf die letzte Sekunde des 30.6.2011 aufzustellen, nicht auf einen davor liegenden (fiktiven) Zeitpunkt.
Nichts anderes würde auch ohne Verschmelzung gelten, wenn die Rücklage wegen des Ablaufs der Reinvestitionsfrist aufgelöst würde. Denn durch die Verklammerung von Rumpf-Wirtschaftsjahren beim Übertragenden und beim Übernehmer soll in der Situation der unentgeltlichen Betriebsübertragung sichergestellt werden, dass die Reinvestitionsfrist einen Zeitraum von 48 Monaten umfassen kann, was zugleich gewährleistet, dass der Rechtsnachfolger bzgl. der Rücklage gem. § 6b EStG tatsächlich in die Rechtsposition des Betriebsübergebers eintritt. Eine Verkürzung der Frist infolge umstrukturierungsbedingter Rumpf-Wirtschaftsjahre besteht im Streitfall bereits nicht. Darüber hinaus ist die Rechtsposition der übertragenden B-GmbH dadurch gekennzeichnet, dass eine Fortführung der Rücklage nach den gesetzlichen Tatbestandsvoraussetzungen mit Ablauf des Übertragungsstichtags ausgeschlossen ist.
Wird eine GmbH unter Buchwertfortführung zu einem steuerlichen Übertragungsstichtag, der dem Tag nachfolgt, zu dem auch das vierte reguläre Wirtschaftsjahr nach Bildung einer Rücklage nach § 6b EStG endet, verschmolzen, ist die Auflösung der Rücklage (§ 6b Abs. 3 Satz 5 EStG) in der steuerlichen Schlussbilanz der übertragenden Gesellschaft vorzunehmen.