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Steuerberatung

Gewinngemeinschaftsvertrag als Mitunternehmerschaft

BFH 22.2.2017, I R 35/14

Die Be­tei­lig­ten ei­ner Ge­winn- und Ver­lust­ge­mein­schaft i.S.d. § 292 Abs. 1 Nr. 1 AktG können un­ter be­stimm­ten Vor­aus­set­zun­gen eine Mit­un­ter­neh­mer­schaft i.S.v. § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG bil­den.

Der Sach­ver­halt:
Die Kläge­rin ist eine GmbH und gehörte wie die bei­ge­la­dene AG zum X-Kon­zern, der im Jahr 2003 in eine wirt­schaft­li­che Krise ge­ra­ten war, die nur durch tätige Hilfe ei­nes ausländi­schen Staa­tes über­wun­den wer­den konnte. Kläge­rin und Bei­ge­la­dene wa­ren im Streit­jahr 2006 Schwes­ter­ge­sell­schaf­ten. Zwi­schen ih­nen war im De­zem­ber 2004 ein "Ver­trag über die Bil­dung ei­ner Ge­winn- und Ver­lust­ge­mein­schaft" zu­stande ge­kom­men. In der Präam­bel hieß es u.a., dass die Ver­trags­par­teien be­ab­sich­tig­ten, durch die Poo­lung ih­rer Ge­winne und Ver­luste un­ter Auf­recht­er­hal­tung ih­rer recht­li­chen Selbständig­keit das wirt­schaft­li­che Ri­siko aus dem sehr zy­kli­schen Ge­schäft ih­rer ver­schie­de­nen Be­tei­li­gun­gen zu streuen, ihre ge­schäft­li­che Zu­sam­men­ar­beit zu ver­tie­fen und ge­gen­sei­tig Er­fah­run­gen aus­zu­tau­schen, ihre Ge­schäfts­abläufe zu­sam­men­zu­fas­sen und zu op­ti­mie­ren. Lang­fris­ti­ges Ziel sei es, die Ge­sell­schaf­ten in ei­ni­gen Jah­ren zu ver­schmel­zen.

Nach dem Ver­trag ver­pflich­te­ten sich die Ver­trags­par­teien, "je­weils ihr ge­sam­tes han­dels­recht­li­ches Jah­res­er­geb­nis, so­wohl Ge­winne als auch Ver­luste, zur Auf­tei­lung des ge­mein­schaft­li­chen Er­geb­nis­ses zu­sam­men­zu­le­gen". Die er­mit­tel­ten Jah­res­er­geb­nisse wa­ren zum ge­mein­schaft­li­chen Er­geb­nis zu­sam­men­zu­rech­nen und soll­ten so­dann auf die Ver­trags­par­teien im Verhält­nis 1:1 auf­ge­teilt wer­den. Der Ge­winn­ge­mein­schafts­ver­trag wurde in den Han­dels­re­gis­tern ein­ge­tra­gen und von den Ver­trags­par­teien voll­zo­gen. Beide Be­tei­lig­ten be­han­del­ten die auf­grund der kon­kre­ten Er­geb­nis­auf­tei­lung ge­leis­te­ten Zah­lun­gen als Be­triebs­aus­ga­ben und die emp­fan­ge­nen Zah­lun­gen als Be­triebs­ein­nah­men. In den Bi­lan­zen wur­den in ent­spre­chen­der Weise je nach Auf­tei­lungs­er­geb­nis For­de­run­gen und Ver­bind­lich­kei­ten aus­ge­wie­sen.

Dem folgte das Fi­nanz­amt nicht. Es qua­li­fi­zierte die Zah­lun­gen als ver­deckte Ge­winn­aus­schüttun­gen (vGA) und ver­deckte Ein­la­gen. Das FG wies die hier­ge­gen ge­rich­tete Klage ab. Auf die Re­vi­sion der Kläge­rin hob der BFH das Ur­teil auf und wies die Sa­che zur er­neu­ten Ver­hand­lung und Ent­schei­dung an das FG zurück.

Gründe:
Es lag ein von Amts we­gen zu berück­sich­ti­gen­der Ver­stoß ge­gen die Grund­ord­nung des Ver­fah­rens vor, da das FG das Ver­fah­ren über die Rechtmäßig­keit des an­ge­foch­te­nen Körper­schaft­steu­er­be­scheids nicht gem. § 74 FGO aus­ge­setzt hatte.

In einem Fall wie dem vor­lie­gen­den ist die Frage zu klären, ob ggf. eine Mit­un­ter­neh­mer­schaft i.S.v. § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG vor­liegt. Diese Frage kann je­doch nur in einem Ver­fah­ren zur ge­son­der­ten und ein­heit­li­chen Fest­stel­lung (§ 179 Abs. 1 i.V.m. § 180 Abs. 1 Nr. 2a AO) ent­schie­den wer­den. Das Fest­stel­lungs­ver­fah­ren  muss be­reits dann durch­geführt wer­den, wenn zwei­fel­haft ist oder es nur möglich er­scheint, dass Einkünfte vor­lie­gen, an de­nen meh­rere Per­so­nen be­tei­ligt sind. Aus die­sem Grunde war im Streit­fall das Kla­ge­ver­fah­ren aus­zu­set­zen (§ 74 FGO) und die Frage des Vor­lie­gens oder Nicht­vor­lie­gens ei­ner Mit­un­ter­neh­mer­schaft zunächst im Fest­stel­lungs­ver­fah­ren zu klären.

Dies galt im Streit­fall ins­be­son­dere des­halb, weil es strei­tig und höchstrich­ter­lich nicht hin­rei­chend geklärt ist, ob - und be­ja­hen­den­falls un­ter wel­chen Be­din­gun­gen - der Ab­schluss ei­nes Ge­winn­ge­mein­schafts­ver­tra­ges i.S.d. § 292 Abs. 1 Nr. 1 AktG eine Mit­un­ter­neh­mer­schaft der Ver­trags­be­tei­lig­ten zu begründen ver­mag. Im Übri­gen ist al­lein im Fest­stel­lungs­ver­fah­ren zu ent­schei­den, ob ge­rade auch im zu be­ur­tei­len­den Ein­zel­fall der ab­ge­schlos­sene Ver­trag die Merk­male ei­ner auf Leis­tungs­ver­ei­ni­gung ge­rich­te­ten BGB-Ge­sell­schaft auf­weist oder ob es sich um einen "bloß" schuld­recht­li­chen Aus­tausch­ver­trag han­delt.

Zu be­ach­ten ist fer­ner, dass es für die An­wen­dung des § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG nicht genügt, dass sich Ge­sell­schaf­ter zu ge­mein­sa­mer ge­werb­li­cher Betäti­gung ver­bun­den ha­ben. Viel­mehr müssen sie Mit­un­ter­neh­mer sein, also Mit­un­ter­neh­mer­ri­siko tra­gen und Mit­un­ter­neh­mer­in­itia­tive ent­fal­ten können. Letzt­lich fällt es auch in den Re­ge­lungs­be­reich des Fest­stel­lungs­ver­fah­rens, darüber zu be­fin­den, ob eine Mit­un­ter­neh­mer­schaft auf der Ba­sis ei­ner Ge­winn­ge­mein­schaft aus über­ge­ord­ne­ten Gründen steu­er­lich nicht an­zu­er­ken­nen ist.

Die Aus­set­zung des Kla­ge­ver­fah­rens konnte im Streit­fall auch nicht des­halb un­ter­blei­ben, weil ein Fest­stel­lungs­ver­fah­ren we­gen ge­rin­ger Be­deu­tung gem. § 180 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 AO ent­behr­lich ist. Denn weist ein Fall wie der zu ent­schei­dende Ur­teils­fall recht­li­che und tatsäch­li­che Schwie­rig­kei­ten auf, so ist er nicht von ge­rin­ger Be­deu­tung.

Da die Schwes­ter­ge­sell­schaf­ten je­weils ausländi­sche Mut­ter­ge­sell­schaf­ten hat­ten, mit de­nen zi­vil­recht­lich wirk­same Be­herr­schungs­verträge i.S.d. § 291 Abs. 1 S. 1 Hs. 1 AktG be­stan­den, ist zur Ver­mei­dung ei­nes Ver­stoßes ge­gen die Nie­der­las­sungs­frei­heit der ausländi­schen Kon­zern­mut­ter der deut­sche Ge­setz­ge­ber nicht ge­hal­ten ist, eine "Quer­or­gan­schaft" bzw. eine steu­er­li­che "Quer­kon­so­li­die­rung" im Gleich­ord­nungs­kon­zern zu­zu­las­sen. Im Aus­schluss der "Quer­or­gan­schaft" durch die tat­be­stand­li­che Aus­ge­stal­tung der Or­gan­schaft in § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 S. 1 KStG liegt keine Dis­kri­mi­nie­rung grenzüber­schrei­ten­der Sach­ver­halte vor, da es auch im rein inländi­schen Sach­ver­halt der Kon­zern­mut­ter ver­wehrt ist, eine steu­er­recht­li­che Er­geb­nis­poo­lung zwi­schen Schwes­ter­ka­pi­tal­ge­sell­schaf­ten zu be­wir­ken.

Link­hin­weis:

  • Der Voll­text der Ent­schei­dung ist auf der Home­page des BFH veröff­ent­licht.
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