Die Erlasse zur Anwendung des § 1 Abs. 2a GrEStG wurden insb. an die von 95 % auf 90 % geminderte Beteiligungsgrenze und den von fünf auf zehn Jahre verlängerten Betrachtungszeitraum angepasst. Die Erlasse vom 10.05.2022 treten an die Stelle der Erlasse vom 12.11.2018 und sind in allen offenen Fällen anzuwenden.
In den Erlassen vom 10.05.2022 zur Anwendung des § 1 Abs. 2b GrEStG wird u. a. auf das Verhältnis zum Ergänzungstatbestand der Anteilsvereinigung nach § 1 Abs. 3 GrEStG eingegangen. Grundsätzlich geht § 1 Abs. 2b GrEStG der Anwendung des § 1 Abs. 3 GrEStG vor. Fallen jedoch die Zeitpunkte zwischen dem schuldrechtlichen Verpflichtungsgeschäft (Signing), das zu einer Festsetzung nach § 1 Abs. 3 GrEStG führen kann, und dem Übergang der Anteile (Closing), das grundsätzlich eine Festsetzung nach § 1 Abs. 2b GrEStG auslöst, auseinander, können zwei Festsetzungen erfolgen. Die Festsetzung nach § 1 Abs. 3 GrEStG soll aufgehoben werden, wenn das Signing erfolgt und Grundstücksidentität vorliegt. Zudem soll eine Festsetzung nach § 1 Abs. 3 GrEStG grundsätzlich nur geboten sein, wenn „bis zu einem Jahr nach Kenntnisnahme der Finanzverwaltung von dem steuerbegründenden Sachverhalt eine Besteuerung nach § 1 Abs. 2b GrEStG nicht zu erwarten ist“.
Hinweis: Damit dürfte aus Vorsichtsgründen weiterhin eine Anzeige nach § 19 GrEStG sowohl im Zeitpunkt des Signing als auch des Closing erforderlich sein (zumindest bei über die Anzeigefrist hinausgehendem zeitlichen Auseinanderfallen), um im Falle einer Rückabwicklung des Anteilserwerbs eine Aufhebung der GrESt sicherzustellen.