Unternehmensgruppen mit einem jährlichen Gruppenumsatz von mindestens 750 Mio. Euro in mindestens zwei der vier vorangehenden Wirtschaftsjahren und mit mindestens einer Konzerngesellschaft oder Betriebsstätte im EU-Raum sollen zukünftig in jeder Jurisdiktion einem Mindeststeuersatz von 15 % unterworfen werden. Das Mindeststeuerniveau soll mittels einer Ergänzungssteuer (auch Top-up Tax) erreicht werden, die grundsätzlich bei der obersten Muttergesellschaft erhoben wird, soweit Gewinne von Konzerngesellschaften nicht mit einem effektiven Steuersatz von mindestens 15 % belastet werden.
Auf EU-Ebene scheiterte die für die Einführung der Mindesteuer erforderliche Einstimmigkeit im EU-Ministerrat zuletzt an der Zustimmung Ungarns. Gleichwohl sprechen sich die Finanzminister der G5-Staaten in einer gemeinsamen Erklärung vom 09.09.2022 für die Einführung der Mindeststeuer aus. So bemühen sich die Finanzminister Italiens, Frankreichs, Spaniens, der Niederlande und Deutschlands weiterhin, eine EU-weite Einigung hinsichtlich der Einführung der Mindeststeuer zu erreichen. Sollte diese jedoch nicht möglich sein, kündigen die Finanzminister an, die Mindeststeuer trotzdem im Jahr 2023 „mit allen möglichen rechtlichen Mitteln umzusetzen“. Hierfür könnten die Staaten in Betracht ziehen, auf Grundlage der OECD-Rahmenregelungen und des Richtlinienvorschlags der EU-Kommission zu Pillar 2 koordinierte und aufeinander abgestimmte nationale Umsetzungsgesetze zu verabschieden.
Zudem hat die deutsche Regierungskoalition im Rahmen des am 04.09.2022 angesichts der stark gestiegenen Energiekosten beschlossenen sog. dritten Entlastungspakets eine Absichtserklärung abgegeben, die Umsetzung der globalen Mindeststeuer „bereits jetzt“ national zu beginnen. Mit einem entsprechenden Gesetzentwurf ist voraussichtlich Anfang nächsten Jahres zu rechnen. Dem Vernehmen nach soll es in Deutschland unverändert zu einer Erstanwendung ab 2024 kommen.
Konkrete Umsetzungsbestrebungen bestehen bereits in der Schweiz, wo der Bundesrat beschlossen hat, die Mindeststeuer mit einer Verfassungsänderung umzusetzen und eine Erstanwendung am 2024 zu ermöglichen. Ferner wurde in den USA im Zuge des Inflation Reduction Act eine Book Minimum Tax (BMT) mit einem Steuersatz von 15 % eingeführt. Die BMT ebenso wie das bereits bestehende „GILTI“ Besteuerungsregime weisen allerdings erhebliche Unterschiede zur globalen Mindeststeuer auf und werden voraussichtlich nicht als der Mindeststeuer gleichwertige Regelungen anzuerkennen sein.
Hinweis: Aufgrund der zu erwartenden Anwendung ab 2024 sollten betroffene Unternehmen in Deutschland die nächsten Monate nutzen, die fachliche, prozessuale und technische Umsetzung der Anforderungen der Mindeststeuer anzustoßen und voranzutreiben. Die bisher bekannten EU- und OECD-Vorgaben zur Mindeststeuer erfordern umfangreiche Berechnungen, die eine Vielzahl von Informationen und Modifikationen bestehender Besteuerungsgrundlagen und Steueraufwandspositionen (auch im Bereich der latenten Steuern) voraussetzen. Diese können nicht ohne weiteres bereits durch die am Markt verwendeten Tax Accounting Tools abgebildet werden.
Dabei gilt zu beachten, dass die mit der Mindeststeuer einhergehenden umfangreichen Compliance- und Deklarationspflichten auch Unternehmen betreffen, die in vermeintlichen Hochsteuerländern ansässig sind. So müsste z. B. eine deutsche Konzernmuttergesellschaft neben den eigenen für die Mindeststeuer relevanten Informationen auch die entsprechenden Daten ihrer in- und ausländischen Tochtergesellschaften abfragen, um das Erreichen des effektiven Mindeststeuerniveaus von 15 % prüfen zu können. Auch könnten deutsche Tochtergesellschaften ausländischer Konzernmuttergesellschaften künftig gehalten sein, ihrer Muttergesellschaft umfassende Daten zur Prüfung der Mindeststeuer zukommen zu lassen oder gar die Erhebung der Ergänzungssteuer selbst vorzunehmen, sofern im Ansässigkeitsstaat der Muttergesellschaft keine vergleichbare Mindeststeuerregelung besteht. Ob und in welchem Umfang derzeit auf OECD Ebene diskutierte Erleichterungen für (vermeintliche) Hochsteuerländer wie Deutschland noch in das Regelwerk aufgenommen werden, bleibt abzuwarten. Dem Vernehmen nach sollen solche Erleichterungen, die beispielsweise am CbCR-Reporting ansetzen könnten, nur für einen kurzen Übergangszeitraum von wenigen Jahren gewährt werden.
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